Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Keine Energieeffizienz, wenig Erneuerbare: Halbherzige Energiewende
> Für die Energiewende ändert Schwarz-Gelb eilig alte Gesetze und lässt in
> den Ministerien neue schreiben. Beim Ausbau der Erneuerbaren versiegt der
> Elan.
Bild: Der Güllebonus trägt nicht dazu bei, der Massentierhaltung ein Ende zu …
BERLIN taz | Die Energiewende beginnt mit einer Schweinerei: Im Entwurf für
das neue "Erneuerbare-Energien-Gesetz" (EEG), der am Dienstag an die
Bundesländer verschickt wurde, taucht der "Güllebonus" wieder auf, mit dem
Biogas aus Massentierhaltung subventioniert wird. In der entscheidenen
Sitzung Sonntagnacht im Kanzleramt sei der Passus aufgenommen worden, weil
die Bauern in der Union Druck gemacht hätten, berichten Teilnehmer des
Treffens.
Dabei gilt der "Güllebonus" dem Bundesumweltministerium "aus Sicht des
Klima- und Naturschutzes als bedenklich". Er führe zu "Fehlanreizen in
Regionen mit intensiver Viehhaltung", kritisiert der aktuelle
EEG-Erfahrungsbericht. Kosten über die nächsten Jahre: "mindestens 2,4
Milliarden Euro".
Das Beispiel zeigt, dass auch in der "neuen Architektur der
Energieversorgung für den Strom der Zukunft", wie Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) am Montag den Beschluss zum Atomausstieg nannte, manche
Baupläne umstritten sind.
Nach den politischen Grundsatzbeschlüssen vom Wochenende steckt jetzt der
Teufel im Detail. Denn für den Atomausstieg und den Einstieg in eine
Stromversorgung durch erneuerbare Energien werden unter Hochdruck Gesetze
gemacht und geändert. An etwa zehn Normen arbeiten bereits seit Wochen die
Beamten in den Ministerien für Umwelt, Wirtschaft, Bauen und im Kanzleramt.
Alles geschieht unter Hochdruck, denn bis Anfang Juli sollen die Gesetze
verabschiedet sein. "Bei dem Zeitdruck werden natürlich auch Fehler
gemacht", heißt es aus den Behörden.
Zuerst müssen laut einer Übersicht der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Grüne
die Gesetzgeber ans Atomgesetz ran, um Laufzeiten und Ausstiegsdaten zu
verändern. Eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes steht ebenso auf der
Tagesordnung wie die Änderung im Baugesetzbuch, etwa bei besseren
Planungsbedingungen für Windkraftanlagen oder Planungen für
Klimaschutzmaßnahmen.
## Den Weg in die Kohle verhindern
Das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz soll die Förderung von effizienten
Kraftwerken verändern, eine Novelle des Energie- und Klimafonds wird
regeln, wer das Geld aus dem Emissionshandel wieder ausgeben darf.
Programme der KfW für die Gebäudesanierung müssen aufgestockt werden,
eventuell ist das Mietrecht zu ändern, um energetische Modernisierungen zu
erleichtern. Und schließlich soll ein ganz neues
"Netzausbaubeschleunigungsgesetz" (NABeG) klären, wo wann welche
Stromleitungen gelegt werden können.
Zentral für den "Umstieg und nicht nur Ausstieg", wie Merkel ihre
Energiewende nennt, ist aber das EEG. Die Förderung von alternativen
Energien soll verhindern, dass der Atomausstieg zum Einstieg in die Kohle
wird. Doch in diesen Planungen hat die atompolitische Rolle rückwärts der
Koalition kaum Spuren hinterlassen: Wie vor Fukushima strebt die Regierung
weiterhin an, den Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien von derzeit 16
auf 35 Prozent im Jahr 2020 zu bringen.
Und im Entwurf des neuen EEG werden die alternativen Energien teilweise
deutlich weniger subventioniert: Onshore-Windräder würden durch geringere
Förderung "ausgebremst", klagt der "Bundesverband Windenergie", die
Biomasse soll gestutzt werden, und bei der Fotovoltaik denken die Planer
über eine weitere Kürzungsrunde nach - zu groß ist ihre Angst, dass auch in
diesem Jahr mehr als das Doppelte des geplanten Zubaus an vergleichsweise
teurem Sonnenstrom stattfindet.
## Schlechte Aussichten für Erneuerbare
Besser gestellt werden sollen nur Windkraftanlagen vor der Küste. Und auch
zum schnellen Neubau von Gaskraftwerken, die nach dem Vorschlag der
Ethikkommission die Lücke beim Atomausstieg klimaverträglicher schließen
sollen als Kohlemeiler, gibt es bisher noch keine Planungen, moniert der
"Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft" (BDEW): "Die Koalition
sollte beim geplanten Kraftwerksförderprogramm schnell Klarheit schaffen
und die Förderung in die Tat umsetzen", erklärte BDEW-Chefin Hildegard
Müller.
Für den Energiepolitiker und Vizechef der SPD-Fraktion, Ulrich Kelber,
liegen nach dem neuen EEG-Entwurf "die Kosten für Strom aus Offshore-Wind
8- bis 10-mal so hoch wie an Land". So wie die Koalition die Energiewende
plane, könnten die Erneuerbaren sogar schlechter gestellt werden, weil es
mehr Ausnahmen von der EEG-Abgabe für Firmen geben solle und weil die AKWs
noch zehn Jahre mit voller Leistung laufen und den Strompreis drücken
würden.
Unterbelichtet ist in den Plänen der Regierung vor allem das Thema
Energiesparen und Effizienz, moniert die grüne Energieexpertin Bärbel Höhn.
Zwar plant die Regierung, den Stromverbrauch bis 2020 um 10 Prozent zu
senken, aber der Weg dahin sei offen. "Eine geplante Verschärfung der
Energiestandards ist vom Bauministerium abgeblasen worden, obwohl sie im
Klimaprogramm 2008 versprochen worden war", sagt Höhn. Selbst im
Umweltministerium verzweifeln die Beamten, dass diese Gelegenheit für
Klimaschutz und Energiewende größtenteils ungenutzt bleibt. "Effizienz ist
einfach kaum politisch umsetzbar", heißt es.
1 Jun 2011
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Protest gegen Thermen: Bürgern stinkt Biogas
In Deutschland protestieren immer mehr Initiativen gegen den Bau von
Biogasanlagen. Sie fürchten den Gestank. Nun will die Industrie auf die
Menschen zugehen.
Energetische Gebäudesanierung: Schwarz-Gelb setzt kaum Anreize
Gebäude sanieren und Strom sparen gelten als beste Maßnahmen zur
CO2-Einsparung. Mieterbund, IG Bau und Nabu appellieren an die Politik,
endlich zu handeln.
Entscheidung im Bundesrat: Weiterhin viel Mais in den Tank
Die Länder befürchten Einbußen durch Steuerermäßigungen für
Energiespar-Maßnahmen und lehnen ab. Röttgen musste sich beim Biogas der
Bauernlobby beugen.
Atomausstieg und Netzausbau im Bundestag: Schnell und schmerzhaft
Der Bundestag beschließt nicht nur den Atomausstieg, sondern auch Gesetze
zum Netzausbau. Zahlreiche Verbände kritisieren den mangelnden
Bürgereinfluss.
Mengenrabatt durch Internetplattform: Strom- und Gaskunden, vereinigt euch!
Eine simple Idee mit Sparpotenzial: Strom- und Gasverbraucher treten als
Gruppe auf, um gegen Lieferanten bis zu 30 Prozent Rabatt durchzusetzen.
Bundesrat debattiert über Atomgesetze: Clinch an der Energiefront
Nicht nur Wirtschaft und Verbände haben Probleme mit den Plänen der
Regierung zur Energiewende. Auch die Länder wollen die ein oder andere
Änderung durchsetzen.
Merkels unsoziale Energiewende: Die Mieter werden zur Kasse gebeten
Merkel will auf Kosten von Mietern und Ländern Energiesparen: durch
Gebäudesanierung. Doch jetzt wehren sich Länder und Kommunen. Gegen
Einnahmeausfälle. Und gegen höhere Mieten.
Große Kraftwerke werden bevorteilt: Ökostrom lohnt sich für Konzerne
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird novelliert. Zum Ärger der kleinen
Ökostromanbieter werden die großen Anlagen der Energiekonzerne bevorzugt.
Energiewende und die CDU: C wie christlich, nicht wie Cäsium
In Münster will Bundesumweltminister Röttgen der Basis die Energiewende der
Regierung näherbringen. Doch die Christdemokraten bleiben weiter skeptisch.
Aufruf zu Sitzblockaden: Anti-Atom-Protest geht weiter
Weil Atomkraftgegner den Plänen der Bundesregierung nicht trauen, rufen sie
für Pfingsten zu Blockaden auf. Das AKW Brokdorf soll Zentrum des Protests
werden.
Zwei Regierungen, zwei Atomausstiege: Der Knick im Konzept
Rot-Grün wollte den Ausstieg kontinuierlich vollziehen, Schwarz- Gelb legt
acht Meiler auf einmal still - dann kommt lange nichts. Halbherzig, klagen
Umweltverbände.
Kritik von Atomkonzernen und Grünen: "Versorgungssicherheit gefährdet"
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat die Bundesregierung für ihre
Atompolitik kritisiert. Sehenden Auges steuere man auf eine unsichere
Situation zu. Auch die Atomkonzerne sind unzufrieden.
Jürgen Trittin zum Atomausstieg: "Für Lob gibt es keinen Grund"
Die Bundesregierung vertraue nach dem Atomausstieg nicht auf Erneuerbare
Energien, sondern auf Kohle, kritisiert Grünen-Fraktionschef Jürgen
Trittin.
Ausstieg aus der Atomkraft: Merkels kompliziertestes Manöver
Angela Merkel bekommt, was sie wollte: eine Mehrheit für den Ausstieg aus
der Atomkraft. Und die FDP macht den gleichen Fehler wie schon bei der
Steuerpolitik.
Energiewende in Deutschland: Noch zehn Jahre Zittern
Die letzten Atomkraftwerke in Deutschland sollen im Jahr 2022 vom Netz,
dann beginnt die energiepolitische Zukunft. Aber bis dahin dürfen 9 von 17
Meilern weiterlaufen.
Ausstoß der Industrie-Nationen steigt wieder: Soviel Treibhausgase wie nie zuv…
Im Jahr 2010 hat die Menschheit das Klima so stark angeheizt wie in keinem
Jahr zuvor. Der renommierte Klima-Ökonom Stern warnt vor "düsteren Folgen".
Solarförderung soll stärker gekürzt werden: Bis zu 34 Prozent weniger
Am Rande des schwarz-gelben Atomausstiegs will die Regierung die
Solarförderung kürzen. Die FDP will im Gegenzug Anlagen auf Freiflächen
wieder fördern. Um die Details wird noch gerungen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.