# taz.de -- Zwei Regierungen, zwei Atomausstiege: Der Knick im Konzept | |
> Rot-Grün wollte den Ausstieg kontinuierlich vollziehen, Schwarz- Gelb | |
> legt acht Meiler auf einmal still - dann kommt lange nichts. Halbherzig, | |
> klagen Umweltverbände. | |
Bild: Das AKW Grafenrheinfeld: Nach den schwarz-gelben Plänen bis ins hohe Alt… | |
FREIBURG taz | Das Enddatum ist ähnlich, doch die bis dahin zu gehenden | |
Wege führen klar voneinander weg: Der aktuelle schwarz-gelbe und der | |
frühere rot-grüne Atomausstieg sind völlig unterschiedlich angelegt. | |
Während das ursprüngliche Konzept auf einen kontinuierlichen und | |
berechenbaren Ausstieg setzte, erfolgt jetzt ein abrupter großer Schritt - | |
und dann womöglich zehn Jahre lang gar nichts mehr. | |
Mit der sofortigen Stilllegung von acht Atommeilern geht die | |
Bundesregierung sogar über die rot-grünen Pläne hinaus. Für die sieben | |
ältesten Reaktoren (Biblis A und B, Neckarwestheim 1, Philippsburg 1, Isar | |
1, Brunsbüttel und Unterweser), sowie für den durch häufige Störfälle in | |
Verruf gerateten Meiler Krümmel soll die Betriebsgenehmigung einen Tag nach | |
Inkrafttreten des novellierten Atomgesetzes erlöschen. Ursprünglich sollten | |
diese Meiler erst im Laufe der Jahre 2011 bis 2013, Krümmel erst um 2020 | |
vom Netz gehen. | |
Während Rot-Grün im weiteren Verlauf etwa einen Meiler pro Jahr abschalten | |
wollte, soll nach den Plänen der jetzigen Bundesregierung in den nächsten | |
zehn Jahren hingegen gar nichts mehr geschehen. Erst in den Jahren 2021 und | |
2022 sollen dann in einer weiteren Hauruck-Aktion die verbliebenen neun | |
Meiler abgeschaltet werden. | |
## Deutsche Umwelthilfe: "halbherzig und inkonsequent" | |
"Die Bundesregierung verfolgt den Atomausstieg halbherzig und inkonsequent" | |
kritisiert daher die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Statt der öffentlich | |
propagierten, zeitlich gestaffelten Stilllegung der verbliebenen neun | |
Atomkraftwerke liefen die Planungen der Koalition auf ein | |
"Ausstiegsmoratorium" hinaus. Das soll sich über eine volle Dekade | |
erstrecken: "Nach der Stilllegung von acht Altreaktoren unter dem | |
unmittelbaren Eindruck der Katastrophe von Fukushima sollen die Deutschen | |
bis 2021 auf die nächste Abschaltung warten", heißt es bei der DUH nach | |
einer Analyse der aktuellen Gesetzesinitiativen der Bundesregierung. In | |
dieser Legislaturperiode, sowie auch der nächsten und der übernächsten, | |
würde demnach kein weiterer Reaktor mehr vom Netz gehen. | |
Einige Meiler sollen also bis ins hohe Alter hinein in Betrieb bleiben. Das | |
Atomkraftwerk Grafenrheinfeld, das nach den rot-grünen Plänen 2014 im Alter | |
von 32 Jahren stillgelegt werden sollte, wird nun 39 Jahre lang laufen | |
dürfen. | |
Auch die Meiler Gundremmingen B und C erhalten 5 beziehungsweise 6 Jahre | |
Aufschub, was besonders brisant ist, weil dies die letzten Meiler vom Typ | |
Siedewasserreaktor sind. Sie gelten als besonders störanfällig und unter | |
den verbliebenen Meilern als die gefährlichsten Deutschlands. Nun sollen | |
sie gleichwohl noch länger laufen. | |
Und dann soll wieder alles auf einmal kommen: Anfang des nächsten | |
Jahrzehnts sollen nach den Regierungsplänen innerhalb von nur 12 Monaten | |
rund 12.500 Megawatt Atomkraftkapazität vom Netz gehen. Diese geballte | |
Aktion ist womöglich gewollt, weil sie mehr Aufsehen erregt als ein | |
stetiger Prozess: "Es bedarf keiner großen Phantasie sich vorzustellen, | |
welches Geschrei zu Beginn der Zwanziger Jahre angestimmt werden wird, um | |
den Ausstieg noch einmal zu verzögern", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer | |
Rainer Baake. | |
1 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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