# taz.de -- Unumkehrbarkeit des Ausstiegs verlangt: Rot-Grün sagt Jein zu Merk… | |
> SPD kritisiert, dass Schwarz-Gelb dezentrale Ökoenergie kaputt macht, | |
> will aber "keine Kollisionsstrategie". Die Grünen fürchten, der Ausstieg | |
> ist noch umkehrbar. | |
Bild: Sind nicht zufrieden mit Merkels Energiewende – aber auch nicht auf Kra… | |
BERLIN taz | Die SPD signalisiert vorsichtige Zustimmung zum schwarz-gelben | |
Atomausstieg. Laut Thorsten Schäfer-Gümbel, im Parteivorstand für | |
Energiepolitik zuständig, gibt es derzeit nur ein Kriterium für ein | |
generelles Nein. "Die SPD wird nicht zustimmen, wenn die Unumkehrbarkeit | |
des Ausstiegs nicht gewährleistet ist", so der hessische SPD-Chef zur taz. | |
Ähnlich äußerte sich Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Ansonsten gibt | |
es für die SPD Wünsche - aber eben nichts, was derzeit ein Nein fixiert. | |
So will die SPD lieber schneller aussteigen und drängt auf "klare Kriterien | |
für die Endlagersuche und ein geordnetes Verfahren", so Schäfer-Gümbel. | |
Auch SPD-Energieexperte Ulrich Kelber meint, dass auf "Seehofers | |
Ankündigungen, die sich alle drei Tage ändern, kein Verlass ist". | |
Skeptisch sind die Sozialdemokraten auch, was das Standy-by-AKW angeht. | |
Schäfer-Gümbel fürchtet, dass da "faktisch ein Atomkraftwerk aus | |
technischen Gründen weiterläuft". | |
Schwarz-Gelb braucht die Unterstützung der SPD machtpolitisch im Bundestag | |
nicht. Merkel hält den Atomausstieg nicht für zustimmungspflichtig durch | |
den Bundesrat, bekundet aber, einen Konsens anzustreben. Dann muss die | |
Bundesregierung "auf uns zukommen", fordert Schäfer-Gümbel: "Wenn wir nur | |
Ja oder Nein sagen dürfen, hat das mit Konsens nichts zu tun." Das Ja der | |
SPD sei "nicht gratis". | |
Und es zeichnet sich ab, wo die SPD-Fraktion Nein sagen wird: beim | |
novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) "Da wird es kaum eine | |
Einigung geben", so SPD-Fraktionsvize Kelber zur taz. "Die ganze Linie | |
dieses EEG ist es, zentralistische Großprojekte zu fördern und alles | |
Dezentrale kaputtzumachen." | |
## Kein Konfrontationskurs | |
Doch wie sich die SPD bei den fünf weiteren Gesetzesänderungen verhält, ist | |
offen. Die SPD will den Vorwurf meiden, einen Ausstieg zu blockieren, der | |
in vielem dem Rot-Grüns von 2001 gleicht. | |
Wir werden, so Kelber zur taz, "keine Kollisionsstrategie fahren nach dem | |
Motto: Lasst sie ruhig scheitern. Denn wir müssen dafür sorgen, dass die | |
Versorgungs- und Investitionssicherheit gewährleistet ist." | |
Auch die Grünen müssen eine heikle Balance der Interessen finden: | |
Einerseits zerren Parteibasis, Umweltverbände und Ökoenergiebranche an der | |
Parteiführung, sich eine Zustimmung zum Atomausstieg der Regierung nicht | |
allzu leicht abhandeln zu lassen. | |
Andererseits fürchten sie, durch eine Ablehnung des Gesetzespakets als | |
beleidigte Leberwurst dazustehen, die nicht verwinden kann, dass | |
Schwarz-Gelb ihr Lieblingsthema abräumt. Deshalb versuchen sich die Grünen | |
an einer Doppelstrategie: Verhandlungsbereitschaft signalisieren, aber | |
zugleich Risiken des Ausstiegsplans betonen. | |
## Neue Wende befürchtet | |
"Zwischen 2013 und 2021 kein einziges Atomkraftwerk abzuschalten, geht | |
nicht", sagt Sylvia Kotting-Uhl der taz. "Das ist eine unausgesprochene | |
Ausstiegsklausel", vermutet die atompolitische Sprecherin der | |
Grünen-Fraktion. Denn wenn über Jahre keines der dann noch betriebenen neun | |
AKW vom Netz gehe, bestehe die Gefahr, dass eine Regierung nach der | |
Bundestagswahl 2017 den Atomausstieg wieder rückgängig mache. | |
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht gar die Stabilität der | |
Stromversorgung in Gefahr. Wenn Anfang des kommenden Jahrzehnts neun AKW | |
"innerhalb weniger Monate abrupt vom Netz" gingen, urteilt Trittin, | |
"steuern wir sehenden Auges auf eine Situation zu, in der die | |
Netzstabilität und die Versorgungssicherheit akut gefährdet werden". | |
Die Atomfrage ist für die Grünen so heikel, dass sie einen Sonderparteitag | |
am 25. Juni in Aussicht stellen. "Den gibt es aber nur, wenn klar wird, | |
dass die Grünen eventuell zustimmen", erklärt Kotting-Uhl. Sollten sich die | |
Parteigremien auf ein Nein im Bundestag festlegen, erübrige sich das | |
Treffen. | |
Was wie eine Drohung klingen soll, lässt sich auch als Unentschlossenheit | |
einer Partei deuten, die nicht weiß, wie sie damit umgehen soll, dass ihr | |
Lieblingsfeind den Atomausstieg durchsetzt. | |
31 May 2011 | |
## AUTOREN | |
M. Lohre | |
S. Reinecke | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Große Kraftwerke werden bevorteilt: Ökostrom lohnt sich für Konzerne | |
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird novelliert. Zum Ärger der kleinen | |
Ökostromanbieter werden die großen Anlagen der Energiekonzerne bevorzugt. | |
Aufruf zu Sitzblockaden: Anti-Atom-Protest geht weiter | |
Weil Atomkraftgegner den Plänen der Bundesregierung nicht trauen, rufen sie | |
für Pfingsten zu Blockaden auf. Das AKW Brokdorf soll Zentrum des Protests | |
werden. | |
Zwei Regierungen, zwei Atomausstiege: Der Knick im Konzept | |
Rot-Grün wollte den Ausstieg kontinuierlich vollziehen, Schwarz- Gelb legt | |
acht Meiler auf einmal still - dann kommt lange nichts. Halbherzig, klagen | |
Umweltverbände. | |
Frankreichs Reaktion auf den Ausstieg: Atomkraft? Oui, merci! | |
Der Atomausstieg stößt in der französischen Regierung auf völliges | |
Unverständnis. Sarkozy sprach von einer "mittelalterlichen Vorstellung". | |
Auch die Medien kritisieren scharf. | |
Jürgen Trittin zum Atomausstieg: "Für Lob gibt es keinen Grund" | |
Die Bundesregierung vertraue nach dem Atomausstieg nicht auf Erneuerbare | |
Energien, sondern auf Kohle, kritisiert Grünen-Fraktionschef Jürgen | |
Trittin. | |
Ausstieg aus der Atomkraft: Merkels kompliziertestes Manöver | |
Angela Merkel bekommt, was sie wollte: eine Mehrheit für den Ausstieg aus | |
der Atomkraft. Und die FDP macht den gleichen Fehler wie schon bei der | |
Steuerpolitik. | |
Atomausstieg mit kleinem Puffer: Regierung will bis 2021 raus | |
Union und FDP haben den Ausstieg vollzogen und halten sogar die | |
Brennelementesteuer aufrecht. Das Ausstiegsdatum ist beinahe fix: Einen | |
kleinen "Sicherheitspuffer" soll es aber geben. |