# taz.de -- Japan zieht ins Finale: Einfach nur schön | |
> Die Japanerinnen gewinnen mit 3:1 gegen die Schwedinnen – mit einem klar | |
> besseren Spiel. Damit treffen sie im Finale auf die zweifachen | |
> Weltmeisterinnen der USA. | |
Bild: Große Freude bei den Japanerinnen: ganz oben Homare Sawa | |
BERLIN taz | Es hatte keinen klaren Favoriten gegeben vor dem zweiten | |
WM-Halbfinale zwischen Japan und Schweden in Frankfurt. In der | |
Fifa-Weltrangliste trennt die beiden nur ein Patz (Japan ist 4., Schweden | |
auf Platz 5) und sprach die bisher makellose Turnierbilanz von vier Siegen | |
in vier Spielen auch für die Schwedinnen, so zeigten auf der anderen Seite | |
die Resultate der letzten direkten Duelle der beiden Mannschaften ein | |
kleines Plus für die Japanerinnen: zuletzt gab es zwei Unentschieden und | |
zwei Siege für die „Nadeshiko“ gegen die „Tre Kronor“. | |
Schwedens Trainer Thomas Dennerby hätte den zweiten Finaleinzug nach 2003 | |
gerne mit genau der Mannschaft anvisiert, die Australien besiegt hatte, | |
musste aber kurzfristig seine verletzungsbedingt unpässliche Kapitänin | |
Caroline Seger ersetzen. Für sie spielte Marie Hammarström. | |
Auch Japans Trainer Norio Sasaki nahm nach dem Viertelfinale gegen | |
Deutschland einen Wechsel vor. So saß die Potsdamerin Yuki Nagasato zum | |
ersten Mal in diesem Turnier auf der Bank, für sie begann Nahomi Kawasumi | |
neben Kozue Ando in der Sturmspitze. Eine gute Entscheidung, wie sich | |
später zeigen sollte. „Nur der Fussballgott weiß, wer diese Partie gewinnen | |
wird“, hatte Sasaki vor der Partie gesagt. Spätestens bei Abpfiff konnte | |
man meinen, Herr Sasaki müsse einen guten Draht in den Fußballhimmel haben. | |
So eindeutig war das Spiel. Und so gelungen sein Einwirken darauf. | |
Die von Carol Anne Chenard aus Kanada geleitete Partie begann mit dem viel | |
zitierten „vorsichtigen Abtasten“ beider Seiten – routiniert ereignisarm. | |
Dann aber: Nach einem schweren Patzer von Homare Sawa, die einen | |
gedankenlosen Querpass spielte, schnappte sich Josefine Öqvist den Ball, | |
zog beherzt in den Strafraum und brachte die Kunststoffkugel mit dem linken | |
Fuß im rechten oberen Eck unter (10.). | |
Ein Auftakt nach Maß für die Schwedinnen, die sich nun weit zurückzogen, um | |
aus der Tiefe der eigenen Hälfte heraus mit schnellen Kontern zu agieren. | |
Ganz nach dem Plan, den die verletzte Caroline Seger vor dem Spiel | |
ausgegeben hatte: „Ich glaube, dass unser Konterspiel in dieser Partie | |
entscheidend sein wird. Insbesondere Lotta Schelin, denn sie kann jede | |
Abwehrkette überwinden, und ich glaube, dass wird in diesem Spiel unsere | |
Trumpfkarte sein.“ | |
Wurde sie dann aber nicht. Isoliert vom Rest der Mannschaft und bei der | |
japanischen Abwehr komplett abgemeldet irrte Lotta Schelin über den Platz, | |
nichts wollte ihr gelingen an diesem Abend. Wie der ganzen Mannschaft | |
nicht, die nach dem Führungstor nur noch zu wenigen Angriffen kam, nicht | |
mehr als Stückwerk, das bereits im Ansatz verpuffte. | |
## Ab der 19. war es das Spiel der Japanerinnen | |
Die Japanerinnen hatten zu Beginn noch Schwiergikeiten ihren Rhythmus zu | |
finden und ließen ungewohnt viele Ungenauigkeiten erkennen. | |
Das änderte sich mit der 19. Minute, als die besagte Nahomi Kawasumi eine | |
feine Flanke von Aya Miyama aus kurzer Distanz irgendwie über die Linie | |
bugiserte und den Ausgleich herstellte. Es war der erste schöne Angriff der | |
„Nadeshiko“ gewesen – es sollte eine Vielzahl folgen. | |
Denn von jetzt an waren die Asiatinnen im Spiel, sie beherrschten Ball und | |
Gegner von Minute zu Minute besser. Die gewohnte Sicherheit war zurück und | |
die Automatismen griffen. Nur klare Chancen blieben in der ersten Halbzeit | |
noch Mangelware. Die beste hatte Aya Miyama mit einem Freistoß aus 18 | |
Metern, den Hedvig Lindahl aber parieren konnte. | |
So ging es mit 1:1 Unentschieden und der Frage in die Pause, ob sich das | |
nicht vewertete Übergewicht der Japanerinnen noch rächen sollte. Nein, | |
sollte es nicht, und dafür gab es in der 59. Minute ein gewichtiges | |
Argument: Nach einer Flanke von Miyama und einem Fehler von Torfrau Lindahl | |
köpfte Homare Sawa den Ball gedankenschnell aus kurzer Distanz zum 2:1 ins | |
Tor. Ihr viertes Tor im fünften Spiel, der Fehler vor dem 1:0 war vergessen | |
und das Spiel hatte seine Richtung endgültig gefunden. | |
Kurze Zeit später dann die endgültige Entscheidung durch das schönste Tor | |
des Abends. Nahomi Kawasumi fiel der Ball nach einem Klärungsversuch von | |
Lindahl in gut 35 Metern Torentfernung vor die Füße und nach einer kurzen | |
Annahme schickte sie ihn volley entlang einer wunderschönen Parabel direkt | |
ins Tor. Ein fantastisches Tor, bei dem man unterschlagen möchte, dass ihm | |
eine Abseitsstellung vorausging. Von der Kawasumi, die zuvor im ganzen | |
Turnier nicht mehr als 30 Minuten gespielt hatte. In der 74. Minute machte | |
die Frau des Abends für Yuki Nagasato Platz und durfte sich feiern lassen. | |
In der Folge wurde die Zahl der „Oooohhs“ und „Aaaaaahhhs“ immer größ… | |
die durchs nicht ganz ausverkaufte Stadion hallten. So erhaben und | |
leichtfüßig spielten die Japanerinnen. Kein Vergleich zu den Schwedinnen, | |
die sich zwar bis zum Schluss redlich bemühten, aber mehr auch nicht. | |
Und so steht Japan zum ersten Mal im Finale einer Fußballweltmeisterschaft. | |
„Wir können hier Geschichte schreiben“, hatte Homare Sawa vor dem Spiel | |
gesagt. Sie sind auf dem besten Weg. | |
13 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominik Wehgartner | |
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