| # taz.de -- Kolumne Die Frauenfußballversteher: „Sag niemals nie, Sam!“ | |
| > US-Botschafter Philip Murphy ist noch benommen vom Viertelfinale – aber | |
| > wieder voller Hoffnung fürs Halbfinale. | |
| Ich bin immer noch ganz mitgenommen vom Viertelfinale. Ich habe fast meine | |
| Stimme verloren. Ich bin jetzt noch ein bisschen heiser. Nach dem Spiel in | |
| Dresden hat meine Familie entschieden: Das war der größte Sportthriller, | |
| den wir jemals live erlebt haben, vielleicht sogar das spannendste Event | |
| überhaupt. | |
| Mein Sohn Sam war der Meinung, die drei Minuten zusätzlicher Spielzeit in | |
| der Verlängerung reichen nicht. Aber ich habe ihm gesagt – und das ist eine | |
| wahre Geschichte: „Sam, sag niemals nie!“ Es war einfach unglaublich, als | |
| Abby Wambach getroffen hat. Ich habe meine Fassung für einen Moment | |
| verloren. Unser Team hatte mehr Kraft und den größeren Willen. Ich muss das | |
| noch mal erzählen, die Szene, die zum Tor führte: Als die Brasilianerin | |
| eine Verletzung simulierte und dafür Gelb bekam, hat uns das noch einen | |
| zusätzlichen Energieschub gegeben. Als die Flanke von Megan Rapinoe noch in | |
| der Luft war, hatte ich schon eine Ahnung, dass Wambach das Ding reinmachen | |
| könnte. | |
| Aber Wambach war nicht die einzige Heldin des Spiels, da war auch noch Hope | |
| Solo. Sie ist wahnsinnig gut. Eine unglaubliche Torhüterin. Sie hat | |
| Attitude, das mag ich. In meiner Familie haben wir drei Fußballheldinnen: | |
| Abby, Hope und Heather OReilly. Die drei mögen wir besonders gerne. | |
| Vielleicht hatten die Brasilianerinnen für einen Moment vergessen, dass wir | |
| Doppelweltmeister und der aktuelle Olympiasieger sind, unser Team ist taff | |
| und intelligent. Im Spiel gegen Frankreich möchte ich die Elf aber bitten, | |
| das entscheidende Tor etwas früher zu machen. Das würde meine Nerven | |
| schonen. | |
| In den USA ist der Nachhall dieses Thrillers übrigens angekommen. Die | |
| Washington Post hat auf Seite 1 mit einem großen Bild vom Spiel aufgemacht. | |
| Ich glaube, die US-Fans sind sogar ein bisschen verliebt in dieses Team, | |
| verdient hätten es die Spielerinnen jedenfalls. Mit Liebesentzug müssen | |
| jetzt freilich die deutschen Spielerinnen leben. Dass sie raus sind, hat | |
| mich überrascht. Wie schade für diese WM! Aber die Weltmeisterschaft | |
| insgesamt ist ein Riesenerfolg. A huge success! Die hebt den Sport auf ein | |
| neues Level. | |
| Aber wenn sie mich fragen, ob die WM mit einem deutschen Team im Finale | |
| noch erfolgreicher geworden wäre, dann sage ich ihnen: natürlich. Aber auch | |
| so läuft es gut. Wir müssen jetzt allerdings gegen starke Französinnen ran, | |
| die einen Tag mehr Ruhepause hatten als wir. Ich befürchte, wir sind müde. | |
| Wir haben sechs Spielerinnen, die bereits verwarnt wurden, und wir müssen | |
| auf die rotgesperrte Rachel Buehler verzichten. Und die Französinnen haben, | |
| ähnlich wie wir, das Momentum auf ihrer Seite. Sie sind nach einem | |
| Rückstand zurückgekommen und haben das Elfmeterschießen gewonnen. Das wird | |
| heute eng für uns. Ganz wichtig: Wir dürfen nicht wieder in Rückstand | |
| geraten. Und wir brauchen die Energie, die Schnelligkeit und den Willen von | |
| Dresden. Dann werden wir auch Weltmeister. | |
| Aufgezeichnet von Markus Völker | |
| 13 Jul 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Philip D. Murphy | |
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