# taz.de -- Kopfballspielerin Abby Wambach: Und es hat rumms gemacht | |
> Nach dem Erfolg im Halbfinale gegen Frankreich erklärt Torschützin Abby | |
> Wambach, wie es ist, wenn man immer den Kopf hinhalten muss. Über Fußball | |
> spricht sie nicht. | |
Bild: Flanke, Kopfball, Tor. Das ist ihr Leben. US-Stürmerin Abby Wambach | |
MÖNCHENGLADBACH taz | Sie hat geduscht, eine Kleinigkeit gefrühstückt, dann | |
geht es los. Der Arbeitstag für Abby Wambach am Tag nach dem | |
3:1-Halbfinalerfolg gegen Frankreich beginnt mit einem Pressetermin im | |
Meetingraum Sokrates des Hilton-Hotels in Düsseldorf. Aber Abby Wambach ist | |
nicht gekommen, um zu philosophieren. | |
Mit wachen Augen blickt sie um sich. Genauso hat man sie gesehen bei ihren | |
fünf Auftritten während dieser WM. Ungeduldig, beinahe nervös absolviert | |
sie den Medientermin, kann auf ihrem Stuhl nicht ruhig sitzen. Am liebsten | |
würde sie wohl aufsteigen, einer Flanke entgegenfliegen und sie einnicken. | |
Sie ist Kopfballspielerin, so bezeichnet sie sich selbst. Flanke, Kopfball, | |
Tor. Das ist ihr Leben. Und darüber redet sie. Über Fußball spricht die | |
31-Jährige nicht. | |
Sie redet über weit und hoch in den Strafraum geschlagene Bälle, über ihre | |
Fähigkeit, deren Flugkurve zu berechnen, über die Zweikämpfe mit den | |
Verteidigerinnen, über die Rolle der Torhüterinnen im Luftkampf. | |
## „Meine einzigartige Stärke“ | |
Als „Schlachten“ bezeichnet sie die Duelle mit den gegnerischen | |
Innenverteidigerinnen. Und ein wenig Mitleid schwingt mit, wenn sie darüber | |
spricht, wie schwer es doch die Abwehrspielerinnen hätten. „Die müssen auf | |
ihre Gegenspielerinnen achten und auf den Ball. Ich kann mich allein darauf | |
konzentrieren, den Ball zu treffen.“ Sie reißt die Augen auf: „Das ist | |
meine einzigartige Stärke!“ Da erschrickt sie beinahe selbst. | |
Sie ist doch Teil des Teams, Teil der verschworenen Truppe aus den USA. Sie | |
hat es nicht vergessen. „Und die einzigartige Fähigkeit der anderen ist es, | |
mich zu treffen“, schiebt sie nach. | |
Und wieder rudert sie mit den Armen. Noch einmal lässt sie die zwei | |
wichtigsten Treffer ihrer Karriere Revue passieren. Das 2:1 gegen | |
Frankreich nach einer Ecke von Lauren Cheney. Der habe sie ein Zeichen | |
gegeben und dann sei der Ball gekommen, sei schon im Sinkflug gewesen als | |
sie ihn traf. „Das ist nicht so schwer“, sagt sie. | |
Schwieriger war da der unglaubliche Treffer gegen Brasilien im | |
Viertelfinale, dieses historische Tor, mit dem sich die USA in allerletzter | |
Minute ins Elfmeterschießen gerettet habe. Wambach glaubt zu wissen: „So | |
etwas wird es nie mehr geben.“ Da sei der Ball so scharf gekommen, dass es | |
sehr schwer gewesen sei, ihn zu berechnen. | |
Speedcell, der WM-Ball, ist ohnehin nicht leicht zu spielen. „Der ändert | |
seine Richtung und flattert.“ Ihr macht das nichts. Sie kann es. Sie hat es | |
trainiert. Es hat rumms gemacht. Und jetzt ist sie eine historische Person | |
– „in einem außergewöhnlichen Team“, versteht sich. | |
## Physische Stärke | |
Ihre Körpergröße, sie misst 1,81 Meter, kommt ihr bei ihrem Job zugute. | |
Auch im Endspiel gegen die Japanerinnen will sie ihre körperlichen Vorteile | |
ausspielen. „Wir werden uns mit unserer physischen Stärke durchsetzen“, | |
glaubt sie und lobt noch das Spiel der Asiatinnen als „begabt“. | |
Technisch ansprechenden Fußball hätten auch die Französinnen geboten, einen | |
„ansehnlichen Offensivfußball“ hat Wambach am Mittwoch im Mönchengladbach | |
bei ihren Gegnerinnen beobachtet. „Hübsch“, lautet das Adjektiv, mit dem | |
sie Frankreichs Spiel beschreibt. Sie kann es nicht richtig ernst nehmen. | |
Am Ende hält sie ihren Kopf hin und Aus ist es mit der Kunst der | |
Gegnerinnen. | |
Sie ist wieder in ihrem Element. Vor ihrer Jugend erzählt sie, dass ihre | |
Eltern früh gesehen hätten, dass sie einmal größer werden könnte als | |
andere. Sie haben sie zum Basketball geschickt. Fußball spielen wollte sie | |
selbst unbedingt. Bis sie 18 war, spielte sie auf der High School in | |
Rochester, New York, beides. | |
Sie erzählt vom Basketballtraining. Small Forward war ihre Position. Ihr | |
Trainer hat mit ihr geübt, nach ihren eigenen Würfen zum Rebound zu gehen. | |
„Da musst du auch die Flugkurve berechnen“, erzählt sie. Beim Basketball | |
hat sie die Grundlagen gelernt, die sie zur besten Kopfballspielerin der | |
Welt gemacht haben. | |
## Sie schoss und köpfte sich immer wieder zurück | |
Als die galt sie schon 2004. Da köpfte die Stürmerin, die fünf Mal | |
Fußballerin des Jahres in den USA war und zuletzt bei Washington Freedom | |
gekickt hat, das 2:1 in der Verlängerung des Finales der Olympischen Spiele | |
von Athen gegen Brasilien. Immer hat sie ihren Kopf hingehalten. Bei der WM | |
2007, die die USA auf Platz drei beendeten, erzielte sie in sechs Spielen | |
sechs Tore. Die Platzwunde am Kopf, die sie sich im ersten Spiel gegen | |
Nordkorea zugezogen hat und die mit elf Stichen genäht werden musste, | |
konnte sie nicht aufhalten. | |
Nur einmal musste sie außen vor bleiben. Die olympische Goldmedaille 2008 | |
haben die USA in Peking ohne Abby Wambach gewonnen. Im letzten Test hatte | |
sie sich das Bein gebrochen, und nicht wenige unkten, dass es das gewesen | |
sein könnte mit ihrer Karriere. Die Zeiten des brachialen US-Fußballs, | |
deren Protagonistin sie mit ihrem Schädel war, schien zu Ende zu sein. Doch | |
sie schoss und köpfte sich zurück. 121 Tore hat sie mittlerweile erzielt. | |
Im Finale soll ein weiteres folgen. Am liebsten nach einer weiten hohen | |
Flanke. „Wenn der Ball Rückwärtsspin hat, ist er am leichtesten zu | |
treffen.“ Sie freut sich schon auf den Titel. | |
Und vielleicht liefert sie ja ein noch historischeres Tor ab, als sie dies | |
gegen Brasilien im Viertelfinale getan hat. Sie ist sich sicher, das zu | |
schaffen. Auch weil ihr Team nicht alleine sei. „Wir haben ein Volk von 300 | |
Millionen US-Bürgern hinter uns“, sagt sie, „das ist unser 12. Mann.“ Da… | |
wird sie vom Pressesprecher des US-Teams in den Bus geschickt. Abfahrt zum | |
Finalort Frankfurt. Vor dem Endspiel gibt es noch ein paar | |
Trainingseinheiten. Sie wird Kopfbälle trainieren. | |
14 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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