| # taz.de -- Facebook-Beziehungen bei Ebay: Käufliche Liebe | |
| > Für Firmen zählen bei Facebook nur die „Likes“. Wer nicht genug Fans ha… | |
| > kann sie sich bei Ebay ersteigern. Auch Freundschaften gehen über den | |
| > virtuellen Ladentisch. | |
| Bild: Käufliche Liebe im realen Leben. Wer es virtuell mag, kann sich bei eBay… | |
| Dass es bei Ebay Komisches, Skurriles und Unnötiges zu ersteigern gibt, ist | |
| nichts Neues. Sei es Britney Spears Kaugummi oder – wie kürzlich erst – ein | |
| ausgestopfter Eisbär. Kurios gerne, schmuddelig bitte nicht. | |
| Seit etwa einem Jahr gibt es jedoch ein Phänomen, welches auf dem Grat | |
| zwischen legal und illegal herumlaviert. Menschen verkaufen ihre Liebe. Mit | |
| Prostitution hat das nichts zu tun. Aber mit den Facebook-Likes. | |
| ## Die Verkaufsplattform | |
| Der Online-Marktplatz Ebay ist kein gesetzloser Raum, hat aber seine | |
| eigenen Regeln. Maike Fuest, Sprecherin von Ebay Deutschland, erklärt, wie | |
| Ebay mit Angeboten von käuflicher Liebe umgeht: "Ebay unterscheidet | |
| zwischen drei unterschiedlichen Formen des Mögens: Es gibt die 'Likes', | |
| wenn jemand eine offizielle Seite bei Facebook durch einen Klick auf den | |
| Like-Button unterstützt. Außerdem normale Freundschaften zwischen realen | |
| Personen, wovon die meisten Facebook-Mitglieder einige hundert haben. Und | |
| dann natürlich Beziehungen. Eine Beziehung wird zum Beispiel durch das | |
| Ändern des eigenen Beziehungsstatus von ,Single' zu ,in einer Beziehung mit | |
| …' symbolisiert. Ab hier redet Ebay von einer 'virtuellen Beziehung' und | |
| schreitet ein. Das ist eine unzulässige Leistung, die wir auf unserem | |
| Marktplatz verbieten." | |
| Freundschaft also ja, Beziehung nein. Setzt sich jemand darüber hinweg und | |
| versteigert seinen Beziehungsstatus und wird von Ebay dabei erwischt, wird | |
| er zunächst darauf hingewiesen, dass das gegen die Ebay-Grundsätze | |
| verstößt. Das Angebot wird sofort beendet. Stellt der Verkäufer es erneut | |
| ein, wird er noch mal abgemahnt. Bei weiteren Verstößen droht der | |
| Ausschluss aus der Ebay-Gemeinschaft. Das ist bitter, denn Ebay | |
| funktioniert komplett über ein internes Bewertungssystem. Es dauert seine | |
| Zeit, bis man viele positive Bewertungen gesammelt hat und zu einem | |
| vertrauenswürdigen Mitglied wird. Wird das Profil gelöscht, fängt der | |
| Ausgeschlossene wieder bei null an. | |
| Wenn hingegen Facebook-Likes oder -Freundschaften angeboten werden, ist das | |
| für Ebay eine normale Dienstleistung. Damit wird Ebay seinem Ruf als | |
| neutralem Marktplatz, der die Grenzen des gesetzlichen Rahmens auslotet, | |
| gerecht. Ob das Verkaufen von Tausenden Likes und Freundschaften den Wert | |
| solcher Verbindungen möglicherweise mindert und deshalb Facebook ein | |
| Interesse daran hätte, diese Geschäfte zu unterbinden, kann Maike Fuest | |
| nicht sagen. "Facebook hat sich nie an Ebay gewendet. Wir wären | |
| selbstverständlich offen, da wir ein eigenes Programm mit weltweit über | |
| 18.000 Rechteinhabern betreiben, deren Schutzrechte wir zu verteidigen | |
| haben. Bisher kam es jedoch nicht zum Kontakt zwischen Facebook und Ebay." | |
| Auf Anfrage der sonntaz-Redaktion äußerte sich Facebook nicht zu dem Thema. | |
| ## Der Medienanwalt | |
| Wilko Bauer von der Kanzlei Paschke & Partner ist spezialisiert auf | |
| IT-Recht und e-Commerce. Bauer erklärt, dass Handelsplattformen wie Ebay | |
| zunächst einmal ihre eigenen Nutzungsbedingungen festlegen dürfen. Ebenso | |
| darf Facebook darlegen, was seine Nutzer im Rahmen der Plattform treiben | |
| dürfen und was nicht. | |
| Seriöse Anbieter von Freundschaftsdiensten machen ihm zufolge lediglich | |
| Facebook-Nutzer per Werbung auf die Fanpages der Unternehmen aufmerksam. | |
| Bauer: "Diesen Nutzern bleibt freigestellt, ob sie die beworbene Seite | |
| ,liken' oder nicht. Dabei ist den angesprochenen Usern jederzeit klar, dass | |
| es sich um Werbung handelt. Und sie wurden auch deutlich über die Nutzung | |
| ihrer Daten zu Werbezwecken aufgeklärt, sodass kein Verstoß gegen | |
| Datenschutzrecht zu befürchten ist." | |
| Unseriös wird es, wenn die Personen ihre Likes ungeprüft abgeben, nur weil | |
| sie dafür bezahlt werden. Oder wenn hinter den abgegebenen Likes gar keine | |
| echten Personen stehen, sondern diese Likes professionell generiert werden. | |
| Wirbt der Käufer anschließend mit diesen Likes, wirbt er mit falschen | |
| Tatsachen. Darin liegt ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht in Form der | |
| irreführenden Werbung. | |
| ## Der Profiverkäufer | |
| Marco Müller ist Psychologiestudent aus München. Ende letzten Jahres hatte | |
| er eine zündende Geschäftsidee und bearbeitet seither 20 bis 40 Aufträgen | |
| täglich. Er verkauft über seine Firma Promokoenig Facebook-Freundschaften | |
| und -Likes bei Ebay. | |
| Angefangen hat alles damit, dass er selbst ein Filmchen bei YouTube | |
| hochgeladen hatte und sich mehr Klicks wünschte. So landete er auf Seiten, | |
| die YouTube-Klicks, Facebook-Likes und -Freundschaften im Tausenderpack | |
| anbieten. In Tauschnetzwerken wie fanslave.com lässt sich die virtuelle | |
| Ware Liebe kaufen. Die einzelnen Menschen, die diese Masse bilden, haben | |
| meist selbst eine Fanpage auf Facebook, für die sie Menschen als Fans | |
| gewinnen möchten. So werden Likes und Freundschaften getauscht oder mit | |
| Creditpoints bezahlt. Magst du meine Seite, mag ich deine. | |
| Marco Müller fungiert als Zwischenhändler, er koordiniert den Transfer von | |
| Fans zu seinen Kunden. Er hat verschiedene Angebote bei Ebay eingestellt. | |
| 1.000 internationale Likes beispielsweise sind wesentlich günstiger als | |
| solche, die nach Geschlecht, Alter und Herkunft individualisiert sind. | |
| Müller hat Kunden aus jeder Branche: Ein Tierschutzverein war dabei, ein | |
| Kandidat der Show "Big Brother" und ein DJ. | |
| Angst, dass sein Tun illegal sein könnte, hat er nicht. Und falls doch, | |
| schätzt er seine Chancen gegen den Internetgiganten Facebook realistisch | |
| ein: "Sollte Facebook etwas dagegen haben, dann hören wir natürlich auf | |
| damit. Im Grunde ist es ja nur eine Werbekampagne und bringt mehr Traffic | |
| auf die Seite." | |
| ## Der private Verkäufer | |
| Steven D. besitzt ein typisches Facebook-Profil für einen 19-Jährigen: Er | |
| hat 522 Freunde und 81 verlinkte Fotos. Der Abiturient ist mit dem Internet | |
| aufgewachsen, Themen wie Datenschutz oder Privatsphäre interessieren ihn | |
| nur am Rande, sagt er. Steven D. hat von einem Mädchen gehört, dass 132.000 | |
| Euro damit verdient habe, indem sie eine Facebook-Beziehung mit sich | |
| versteigert hat. | |
| "Da habe ich mir gedacht, das kann ich auch mal machen. Ich habe nichts zu | |
| verlieren. Das Mädchen hatte allerdings ein hübsches Foto." Das geht ihm zu | |
| weit. Ein Foto von sich selbst will Steven D. nicht bei Ebay hochladen. Das | |
| Ganze ist ein Scherz für ihn. Seine Freunde, denen er von der Aktion | |
| erzählt, sagen, er spinnt. Moralische Gedanken über den Wert der | |
| Freundschaft macht er sich keine. | |
| Steven D. denkt, dass es irgendwelche Menschen gibt, die mit ihrem Geld | |
| nichts anzufangen wissen. Und diese kaufen dann seine Freundschaft. Wenn | |
| die Person, die die Freundschaft ersteigert, mit ihm Kontakt aufnehmen | |
| würde, wäre Steven D. verunsichert, gibt er zu. Am Ende ersteigert die | |
| Autorin dieses Artikels Stevens Freundschaft. Kostenpunkt: ein Euro. | |
| 24 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Nicola Schwarzmaier | |
| ## TAGS | |
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