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# taz.de -- Handbuch zu Facebook-Löschungen: Nippel nein, Fleischwunde ja!
> Nazis und Sex auf Facebook? Wer das nicht will, klickt den
> "Melde"-Button. Was dann passiert, zeigt ein Handbuch, das jetzt
> veröffentlicht wurde.
Bild: Pornostars meiden Facebook, stillende Mütter protestieren lieber.
Kiffende Jugendliche, ein zerquetschter Kopf oder ein Blutbad sind auf
Facebook kein Problem. Wer aber Bilder postet, auf denen Nippel einer Frau
zu sehen sind, muss damit rechnen, dass Facebook sie löscht. Das machen
Moderatoren. Und die haben Vorgaben, was geht und was nicht geht.
Ein [1][Handbuch] gibt einen Einblick, wie Facebook intern funktioniert.
Amine Derkaoui (21) aus Marokko hat die geheimen Richtlinien des Handbuchs
dem Magazin Gawker in den USA zugespielt.
"Wie wärs, ich komme rüber und fick dich in den Arsch". Das darf laut
Handbuch jeder schreiben, weil Analsex nicht explizit ist. Der Satz "Ich
liebe es, frisches, heißes Sperma zu trinken" werde gelöscht, da es sich um
"sexually explicit language" handelt. Auch verboten: "sexual solicitation".
Der Satz "Ich suche nach Mädchen, die Spaß haben wollen. Schreibt mir, wenn
ihr was erleben wollt", ist verboten.
Wenn eine explizite sexuelle Handlung nicht ernst gemeint ist, dürfen
Moderatoren ein Ausnahme machen. "Oh, da krieg ich eine harte Erektion"
wäre, je nach Kontext, okay. Harmlose Bilder von grapschenden Menschen,
heißt es, sind erlaubt. Küssen dürfen sich "sogar gleichgeschlechtliche
Partner".
Das Handbuch reagiert damit auf den [2][Protest], der ausgelöst wurde, als
Facebook ein Bild von küssenden Schwulen zensierte. Facebook zensiert
alles, was nackt ist und mit Sex zu tun hat. Das heißt: Weibliche Nippel
nein, männliche Nippel okay. "Camel toes" sind nicht erlaubt, männliche
Hosenbeulen auch nicht.
## "Hate Speech"
Auch Bilder von gequälten Tieren sind zu löschen. Zeigen Bilder, wie
bedrohte Tierarten gejagt werden, müssen sie "eskaliert" werden, das heißt
höhere Instanzen von Facebook sollen entscheiden, was mit den Bildern
geschieht. Drohungen, Hassreden, rassistische Äußerungen und die Leugnung
des Holocaust – allesamt "hate speech" – werden gelöscht. Auch brennende
türkischen Fahnen müssen sofort in den Mülleimer. Die Fahnen anderer Länder
dürfen brennen.
Die Richtlinien für Moderaoren reagieren auf Proteste gegen Facebook und
werden ständig erneuert. Dass "Art nudity" okay ist, geht wohl auf die New
Yorker Art Akademy zurück, die sich beschwert hatte, weil Facebook die
[3][Bilder] eines Malers nackter, schwangerer Frauen gelöscht hatte. Photos
von stillenden Müttern bleiben aber weiterhin verboten. Der Protest von
[4][stillenden Müttern] konnte daran nichts ändern. Am Donnerstag riefen
sie deshalb erneut im [5][Guardian] dazu auf, Profilbilder zu erstellen,
das sie beim Stillen zeigen.
Mit 845 Millionen Nutzern und wohl tausenden Meldungen täglich hat
Facebook, das weltweit 3.200 Mitarbeiter zählt, allerhand zu tun. Facebook
erachtet es deshalb als hilfreich, "Dritte zu beauftragen, damit sie bei
einem kleinen Anteil der gemeldeten Inhalte eine erste Klassifizierung
bereitstellen." Die Firma Odesk aus Kalifornien ist eine davon. Amine
Derkaoui (21) aus Marokko sei Angestellter von Odesk. Laut dem Magazin
Gawker erhielt er einen Stundenlohn von 1 Dollar.
"Es ist erniedrigend, Facebook beutet Dritte-Welt-Länder aus", sagte
Derkaoui zu Gawker. Eine Sprecherin von Facebook erläuterte der taz: "Die
Vertragspartner unterliegen strengsten Qualitätskontrollen." Zu der Frage,
ob auch gemeldete Inhalte deutscher Nutzer in "Dritte-Welt-Ländern"
überprüft werden, wollte Facebook sich nicht äußern.
24 Feb 2012
## LINKS
[1] http://www.scribd.com/fullscreen/81877124
[2] http://www.advocate.com/News/Daily_News/2011/04/18/Facebook_Samesex_Kiss_Sc…
[3] http://www.huffingtonpost.com/john-seed/when-is-a-nude-ok-on-face_b_586356.…
[4] http://www.guardian.co.uk/media/2008/dec/30/facebook-breastfeeding-ban
[5] http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2012/feb/22/facebook-no-nipples-rul…
## AUTOREN
David Stumpp
## TAGS
Stillen
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Meta
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