# taz.de -- Streit um die Facebookseiten des ORF: Gefällt ihnen nicht | |
> Die österreichische Medienbehörde befindet, dass der ORF illegal auf | |
> Facebook unterwegs ist. Der öffentlich-rechtliche Sender muss im Netz | |
> zurückhaltender agieren als die deutschen. | |
Bild: Die Website des ORF ist nun minimalistisch bis karg. | |
In Deutschland diskutieren Verleger und öffentlich-rechtlicher Rundfunk | |
gerade über den Umfang der "Tagesschau"-App. Für den Geschmack der Verleger | |
bietet sie zu viele Texte. Auch in Österreich soll der | |
öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Onlineangebot beschränken: Die | |
Facebookauftritte des ORF müssen wohl bald vom Netz genommen werden. | |
Insgesamt 39 Seiten sollen verschwinden. Die österreichische Medienbehörde | |
KommAustria sieht in ihnen einen Verstoß gegen das ORF-Gesetz und erklärte | |
sie Anfang Februar für rechtswidrig. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz | |
twitterte danach: "Wir lassen uns von der Zukunft nicht abschneiden!" Ein | |
Sprecher der KommAustria bestätigte der taz, dass der ORF Berufung | |
eingelegt habe. | |
Für die Behörde fallen die Seiten in dem sozialen Netzwerk unter jene | |
Onlineangebote, die dem ORF per Gesetz verboten sind: "Soziale Netzwerke, | |
sonstige Verlinkungen zu ihnen und Kooperationen mit ihnen, außer in | |
Verbindung mit der eigenen tagesaktuellen Onlineberichterstattung", sind | |
nicht erlaubt. | |
## Minimalistisch bis karg | |
Die KommAustria befindet also, dass der ORF mit seinen Angeboten auf der | |
Plattform eine Kooperation mit Facebook eingegangen ist und damit gegen das | |
Gesetz verstößt. Sie stützt ihre Haltung auf das 2010 beschlossene neue | |
ORF-Gesetz. Auf Druck der Verleger legt es dem Sender starke Beschränkungen | |
auf: Die regionale Onlineberichterstattung wurde auf 80 Artikel pro Woche | |
und ORF-Landesstudio begrenzt. Das Forum debatte.orf.at wurde bis zur | |
Unkenntlichkeit reduziert. Die Berichterstattung darf nicht vertiefend und | |
nicht mit den Onlineauftritten von Zeitungen oder Zeitschriften | |
vergleichbar sein. | |
Eine App-Diskussion gibt es in Österreich nicht, weil sich die ORF-App | |
schon immer, wie im Gesetz vorgesehen, auf das eigene Programm konzentriert | |
hat - es gibt dort keine Texte, nur Videos. Die Website des ORF ist heute | |
minimalistisch bis karg. Der ORF musste zudem auch futurezone.at, ein | |
Technikportal, das weit über Österreich hinaus bekannt ist, einstellen. | |
Trotz anhaltender Proteste und Petition der User wurde das Portal an die | |
Tageszeitung Kurier zwangsverkauft. Den Zeitungsverlegern und ihren | |
Onlinemedien war die Futurezone ohnehin schon lange ein Dorn im Auge, zumal | |
sie sich auch zunehmend mit gesellschaftspolitischen Themen beschäftigte. | |
## Inländische Wertschöpfung gleich null | |
Der Verband österreichischer Zeitungen (VÖZ) sieht den ORF also naturgemäß | |
nicht gern online und sucht auch jetzt wieder Anlass zur Kritik: "Der ORF | |
generiert auf Facebook in hohem Maße Usertraffic an das US-Unternehmen, | |
wodurch auch die Werbeumsätze in die Staaten abwandern." Inländische | |
Wertschöpfung also gleich null. Dass die Produkte der Zeitungsverleger auch | |
Seiten auf Facebook haben, sei eine Folge der ORF-Angebote, erklärt | |
Verlegergeneralsekretär Gerald Grünberger der österreichischen | |
Presseagentur APA. | |
Auf die Frage hin, ob die Seiten der Zeitungen denn gelöscht werden würden, | |
wenn der ORF seine löscht, antwortet Herr Grünberger: "Österreichs | |
Zeitungen und Magazine unterliegen keinen derartigen gesetzlichen | |
Regelungen, sondern müssen sich am freien Markt behaupten. Trotzdem gibt es | |
bereits die Diskussion im Verband, dass sich manche Medienhäuser aus | |
Facebook zurückziehen." Kann man glauben, muss man aber nicht. | |
## Wer darf ins Internet? | |
Was einem in der Debatte über die Beschränkung der öffentlich-rechtlichen | |
Sender fehlt, ist die Frage, was der mündige Konsument denn will.Wenn die | |
Österreicher Rundfunkgebühren bezahlen, die übrigens im Juni um 7 Prozent | |
erhöht werden sollen, sollten sie dann nicht auch das Bestmögliche für ihr | |
Geld bekommen? Sollten sie sich nicht aussuchen können, was sie wo | |
konsumieren wollen? Ohne dass vorab über die Köpfe der Bürger hinweg | |
aufgeteilt wird, wer welche Berichterstattung übernimmt und wer damit ins | |
Internet darf? | |
Das Verfahren um den ORF geht in die nächste Instanz. Ob es eine Novelle im | |
Gesetz geben wird oder ob der ORF auf seine Facebookauftritte wirklich | |
verzichten muss, hängt jetzt von der Entscheidung des | |
Bundeskommunikationssenats ab. | |
Im nächsten halben Jahr soll das Urteil gesprochen werden und gilt dann als | |
rechtskräftig. Eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wäre nach der | |
Entscheidung aber immer noch möglich. Vorerst bleiben die Facebookseiten | |
des ORF genau da, wo sie sind - im Netz. | |
20 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
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