# taz.de -- Liste bedrohter Arten: Verschwindende Einzigartigkeit | |
> Forscher haben eine Liste der hundert am stärksten vom Aussterben | |
> bedrohten Arten der Erde zusammengestellt. Fast alle sind durch den | |
> Menschen in Gefahr geraten. | |
Bild: Gibt es bald vielleicht nicht mehr: Das „Calumma tarzan“-Chamäleon. | |
LONDON dapd | Die hundert am stärksten vom Aussterben bedrohten Arten der | |
Erde haben Forscher jetzt erstmals auf einer [1][Liste] zusammengefasst. | |
Auf ihr stehen so bekannte Tiere wie das Java- und das Sumatra-Nashorn, | |
aber auch Pflanzen, von denen nur noch eine Handvoll Exemplare existiert | |
wie die chinesische Baishan-Tanne oder ein nur in Großbritannien | |
vorkommender Baumpilz. | |
Alle diese Arten stehen kurz vor dem Aussterben, von vielen ist nicht | |
einmal bekannt, wie viele Exemplare überhaupt noch existieren, wie die | |
Forscher der [2][International Union for the Conservation of Nature (IUCN)] | |
in ihrem jetzt veröffentlichten Bericht erklären. „Alle hier gelisteten | |
Arten sind einzigartig und unersetzlich, wenn sie verschwinden, kann kein | |
Geld der Welt sie zurückholen“, erklärt Co-Autorin Ellen Butcher von der | |
Zoological Society of London (ZSL). Die IUCN gibt auch jährlich die Rote | |
Liste gefährdeter Arten heraus. | |
Noch bestehe die Chance, die bedrohten Arten zu retten - wenn man sofort | |
handele, betonen die Forscher. Erfolgsgeschichten wie das Przewalski-Pferd | |
oder der Buckelwal zeigten, dass gezielte Maßnahmen Arten vor dem fast | |
schon sicheren Aussterben retten können. Das aber erfordere ein Umdenken. | |
Die Gesellschaft müsse begreifen, dass auch vermeintlich nutzlose Arten ein | |
Existenzrecht besäßen. | |
„Die Spendergemeinschaft und der Artenschutz tendieren immer mehr zu einer | |
'Was kann die Natur für uns tun'-Haltung“, sagt Jonathan Baillie, Direktor | |
für Artenschutz bei der ZSL. Arten und Lebensräume würden immer stärker | |
danach bewertet, welchen Nutzen sie für den Menschen hätten. Das mache es | |
immer schwerer, die am stärksten bedrohten und oft vermeintlich nutzlosen | |
Arten zu schützen. | |
## Mehr als 8 000 Wissenschaftler beteiligt | |
Zusammengestellt wurde die Liste der 100 am meisten bedrohten Pflanzen, | |
Tiere und Pilzarten von mehr als 8 000 Wissenschaftlern der IUCN. Auf ihr | |
stehen Arten aus 48 Ländern. Zu den Säugetieren in der Liste gehören das | |
Zwergfaultier Bradypus pygmaeus, das nur noch auf einer kleinen Insel vor | |
der Küste von Panama vorkommt, der in China lebende Hainan-Gibbon (Nomascus | |
hainanus), von dem nur noch weniger als 20 Exemplare existieren, oder die | |
als asiatisches Einhorn bekannte Saola-Antilope (Pseudoryx nghetinhensis). | |
Neben vielen Fröschen und Kröten finden sich auch Reptilien, Fische und | |
Vögel auf der Liste, wie die Indische Riesentrappe (Ardeotis nigriceps). | |
Nahezu alle auf der Liste stehenden Arten seien durch den Menschen in | |
Gefahr geraten, berichten die Forscher. Meist wurde ihr Lebensraum | |
zerstört, indem beispielsweise der Wald gerodet, ein Fluss aufgestaut oder | |
Feuchtgebiete trockengelegt wurden. Einige Arten werden jedoch auch bereits | |
als Opfer des Klimawandels gelistet, wie der Galapagos-Riffbarsch, von dem | |
nicht bekannt ist, ob es überhaupt noch lebende Exemplare gibt. Auch für | |
die nur auf einer Insel der Seychellen vorkommende Schneckenart Moominia | |
willii geben die Wissenschaftler als Hauptbedrohung den Klimawandel und die | |
Verdrängung durch invasive Arten an. | |
„Diese 100 Arten sprechen für sich: Sie sind schön, faszinierend, | |
einzigartig und ungewöhnlich“, kommentiert John G. Robinson von der Science | |
Wildlife Conservation Society die jetzt veröffentlichte Liste. Jede dieser | |
Arten sei Ausdruck der Vielfalt der Natur und repräsentiere eine | |
evolutionäre Lösung für ganz spezielle Umweltbedingungen. „Wir schulden es | |
uns selbst und ihnen, auf diesem Planeten Raum für sie alle zu finden“, | |
sagt Robinson. | |
11 Sep 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://viewer.zmags.com/publication/44234ae6#/44234ae6/1 | |
[2] http://www.iucn.org/ | |
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