# taz.de -- Tierquälen in Fernost: Rocky Horror Tiger Show | |
> In China sollen Tiger zur Belustigung der Reichen öffentlich geschlachtet | |
> worden sein. Die Rolle der Regierung ist dabei offenbar zwiespältig. | |
Bild: Die Tötung eines Tigers finden manche Leute in China offenbar unterhalts… | |
BERLIN taz | Volker Homes ist Leiter der Abteilung Artenschutz beim WWF und | |
Mitarbeiter des [1][Netzwerks Traffic], das den Handel mit geschützten | |
Arten beobachtet. Horrorszenarien mit toten Tieren ist er vermutlich | |
gewöhnt, doch die jüngste Meldung entsetzt auch ihn: „Der Umgang zwischen | |
Mensch und Tier in China ist anders als in Deutschland, aber die | |
Ausprägungen werden immer skurriler. Das ist abartig“, sagt Homes. Wenn die | |
Nachrichten wahr sind, sind in der Stadt Zhanjiang in der südchinesischen | |
Provinz Guangdong in den letzten Jahren mindestens zehn Tiger zur | |
Unterhaltung reicher Geschäftsleute in „Live-Shows“ getötet worden. | |
Laut Berichten chinesischer Medien hat die Polizei einen frisch | |
geschlachteten Tiger sowie zahlreiche Tiger-„Produkte“ sichergestellt und | |
15 Verdächtige festgenommen. Darunter sei ein ehemaliger Schweineschlachter | |
gewesen, der sein Geld jetzt mit der öffentlichen Tötung von Tigern | |
verdiene. | |
Das Geschäft ist offenbar sehr lukrativ: Bis zu umgerechnet 90.000 Euro | |
sollen reiche Kunden für den Kauf und die Schlachtung einer Großkatze | |
gezahlt haben. Die Behörden stellten außerdem ein Video sicher, in dem ein | |
in einen winzigen Metallkäfig gesperrter Tiger mit Elektroschocks im Maul | |
gequält wird, bis er das Bewusstsein verliert. | |
Aller Wahrscheinlichkeit stammen die Tiere für das bizarre Spektakel laut | |
Volker Homes vom WWF nicht aus der Wildnis – dafür gebe es einfach nicht | |
mehr genug. In China sind es nur noch etwa 350 wild lebende Tiger, weltweit | |
etwa 3200, sie sind vom Aussterben bedroht. Doch in China gibt es auch | |
sogenannte Tigerfarmen, auf denen die Wildkatzen gehalten werden und sich | |
fortpflanzen. Das ist legal, sei jedoch nicht mit einem wissenschaftlichen | |
Zuchtprogramm zur Erhaltung der Art zu verwechseln, betont Homes. Die | |
Betreiber seien reiche Privatpersonen, und von dem Geld fließe nichts in | |
den Artenschutz, geschweige denn, dass Tiger ausgewildert würden. | |
## Kein Mangel an Tigerprodukten | |
Seit 1993 ist der Handel mit Tigerprodukten in China verboten. Es steht | |
allerdings fest, dass die Tiger sich in diesen Farmen vermehren – nach | |
einer Untersuchung der Naturschutzorganisation Conservation International | |
sogar dreimal so schnell wie in der Wildnis. Geschätzte 10.000 Tiere sollen | |
es allein in den Farmen in China sein. Was mit der stetig wachsenden Zahl | |
der Wildkatzen geschieht, darüber kann nur spekuliert werden. | |
Körperteile, Zähne und Gehirn von Tigern werden in der Chinesischen Medizin | |
als Heilmittel eingesetzt. Für ein Kilogramm Tigerknochen werden Preise um | |
die 14.000 Yuan (umgerechnet rund 1600 Euro) erzielt, für das Fleisch rund | |
1000 Yuan pro Kilo. Auch Alkohol mit Tigerknochen darin soll populär sein. | |
Der Bericht über die Razzia wurde in der staatlichen Zeitung Nanfang Daily | |
veröffentlicht. China, so Volker Homes, versuche sich zunehmend | |
öffentlichkeitswirksam mit solchen Aktionen positiv darzustellen. | |
Tatsächlich habe die chinesische Regierung in den letzten Jahren die | |
internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Wilderei verstärkt und | |
anders als Laos und Thailand nicht mehr nur Worthülsen geliefert. Warum die | |
Regierung die Tigerfarmen nicht verbietet, ist allerdings unklar. | |
Verhaftungen und Verurteilungen hätten abschreckenden Charakter und daher | |
zu begrüßen, sagte Homes. | |
Die offizielle Haltung und das private 'Vergnügen' von | |
Regierungsangehörigen sind offenbar sowieso nicht unbedingt deckungsgleich: | |
Ein Regierungsbeamter wurde mit den Worten zitiert: „Ein Freund rief mich | |
einmal an und lud mich ein, der Tötung eines Tigers beizuwohnen, doch ich | |
war gerade nicht in der Stadt und verpasste die Gelegenheit.“ Die Shows | |
würden als „visuelle Feste“ angepriesen und dienten als „Augenöffner“… | |
„Erweiterung des Horizonts“. | |
28 Mar 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.traffic.org/ | |
## AUTOREN | |
Esther Widmann | |
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