# taz.de -- Wilderei in europäischen Zoos: Pulver gefährdet Nashörner | |
> Weil das Pulver aus Nashornhörnern in Asien eine teure Medizin ist, | |
> werden die Tiere nun auch in Europa für Diebe interessant. Es gibt | |
> Überfälle in Tierparks und Museen. | |
Bild: Hornlose Ausstellung: Der Nashornkopf aus dem Offenburger Stadtmuseum nac… | |
BERLIN taz | Nashörner sind nicht mehr nur in freier Wildbahn gefährdet: In | |
den vergangenen Monaten häuften sich die Fälle, in denen Kriminelle Zoos | |
überfielen, um Nashornhörner zu stehlen. Auch Museen oder Auktionshäuser | |
sind vor den Tätern nicht sicher. Der jüngste Fall ereignete sich am 18. | |
Februar in Offenburg in Baden-Württemberg. | |
Drei Männer und eine Frau drangen zur Mittagszeit in das Museum im | |
Ritterhaus ein und raubten zwei Nashornhörner, die auf dem Schwarzmarkt | |
Preise von bis zu 200.000 Euro erzielen können. Dabei lenkten zwei Täter | |
die Aufsicht ab, während zwei weitere den Nashornkopf in einen Nebenraum | |
schafften und ihm mit einem Vorschlaghammer die beiden Hörner abschlugen. | |
Die Polizei hat nun in München drei Tatverdächtige gefasst, die mithilfe | |
von Phantombildern gefunden wurden. | |
Dafür, dass eine feste Bande hinter den Delikten steckt, spricht das | |
koordinierte Auftreten. So konzentrierten sich 2011 in den ersten beiden | |
Juniwochen drei Fälle in Deutschland (in Hamburg, Bamberg und in Oerrel in | |
der Nähe von Hannover), und einen Diebstahl gab es in Florenz. Außerdem gab | |
es Überfälle im englischen Surrey, in Heidelberg und in Münster. | |
Überfallen wurden Museen, Auktionshäuser und Zoos. Auch die | |
Polizeidirektion Offenburg vermutet eine „international agierende, gut | |
organisierte Gruppe.“ Dafür spreche, dass die in München gefassten Männer | |
in einem in Großbritannien als gestohlen gemeldeten Wagen saßen. | |
## Profit auf dem asiatischen Schwarzmarkt | |
Schon aus Gründen der Marktwirtschaftsbedingungen können die Täter keine | |
Kleinkriminellen sein. Denn in Europa könne man Nashornteile nicht | |
verkaufen, erklärt Roland Gramling, Sprecher des WWF. Nur mit Kontakten zum | |
asiatischen Schwarzmarkt sei ein großer Profit möglich. | |
In vielen Teilen Chinas und Südostasiens würden die Hörner zu Pulver | |
verarbeitet. Dieses gelte als traditionelles Arzneimittel, vor allem gegen | |
Krebs und Potenzprobleme. Laut Gramling ist dieser Aberglaube vor allem in | |
Vietnam weit verbreitet. Dort hätten sich durch die Globalisierung neue | |
Eliten gebildet, die „ihre eigenen Vorstellungen von Luxus umsetzen“, so | |
der WWF-Sprecher. | |
So entstehe eine größere Nachfrage nach der angeblichen Naturmedizin aus | |
Nashornprodukten. Die Folgen sind gravierend: mehr Wilderei in Afrika und | |
nun auch Diebstähle in Europas Museen. | |
Der Schutz von Nashörnern in Nationalparks habe sich jedenfalls nicht | |
verbessert, so Gramling. „Die Wilderei hat sich seit 2009 verschärft.“ Im | |
Jahr 2011 seien allein in Südafrika fast 450 Nashörner gewildert worden, | |
2009 seien es noch 120 gewesen. | |
## Brechmittel gegen Wilderei | |
Weltweit sind die Tiere vom Aussterben bedroht: Vom Spitzmaulnashorn leben | |
insgesamt nur noch rund 4.800 Tiere. Aber auch das schwerere | |
Breitmaulnashorn ist bedroht, beide Arten sind schon in vielen Gegenden des | |
afrikanischen Kontinents ausgerottet. Das früher in ganz Südostasien | |
verbreitete Java-Nashorn ist nahezu komplett ausgelöscht. Nur noch auf der | |
Insel Java in Indonesien leben 40 Tiere in einem Park. | |
Eine mögliche Gegenmaßnahme gegen Wilderei: Die Hörner von Nashörnern | |
lassen sich so behandeln, dass das aus dem Horn gewonnene Pulver beim | |
Konsum Brechreiz hervorruft. Darüber hinaus ist ein so präpariertes Horn | |
unter einem Flughafenscanner als behandeltes und damit gewildertes Horn | |
erkennbar – auch in Pulverform. | |
5 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Ben Seel | |
## TAGS | |
Nashorn | |
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