# taz.de -- Politiker im Rundfunkrat: Beck klagt in Karlsruhe | |
> Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden, ob die Politik zu viel | |
> Einfluss hat. Kläger Kurt Beck will Parteieinfluss zurückdrängen - ein | |
> bisschen. | |
Bild: Kurt Beck selbst ist Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates. | |
KASSEL taz | Die Versuche der CSU, auf ZDF und Bayerischen Rundfunk | |
Einfluss zu nehmen, haben ein Verfahren in Erinnerung gerufen, über das das | |
Bundesverfassungsgericht wohl im nächsten Jahr verhandeln und entscheiden | |
wird. Es geht um den Staatseinfluss auf das ZDF – nicht durch Telefonanrufe | |
von außen, sondern durch Gremienmacht im Innern. | |
Anlass war die Nichtverlängerung des Vertrags von ZDF-Chefredakteur | |
Nikolaus Brender im November 2009. CDU-Politiker um den damaligen | |
hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch hatten den Abgang von Brender | |
durchgesetzt. Da Brender als unabhängiger Kopf galt, wurde dies als | |
Machtdemonstration der Politik wahrgenommen. | |
In der folgenden Aufregung kündigten Grüne und Linke an, mit einer Klage | |
gegen den ZDF-Staatsvertrag den Einfluss von Staat und Parteien im ZDF | |
zurückzudrängen. Die Klage kam aber nicht zustande, da für eine | |
Normenkontrollklage mindestens ein Viertel der Bundestagsabgeordneten | |
erforderlich ist. Es fehlten zwölf Stimmen. SPD-Abgeordnete durften sich | |
auf Geheiß der Fraktionsführung nicht beteiligen. | |
Dem führenden SPD-Medienpolitiker Kurt Beck (Ministerpräsident von | |
Rheinland-Pfalz) war die grüne Linie zu radikal. Er will Staat und Parteien | |
nicht so weit wie möglich zurückdrängen, sondern nur ein bisschen. Immerhin | |
ist er selbst Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats. | |
## Rheinland-Pfalz und Hamburg klagen | |
Zunächst versuchte Beck mit den Unions-Ländern eine politische Änderung des | |
ZDF-Staatsvertrags. Als sich die Unions-Länder aber überraschend stur | |
stellten, konnte Beck nicht anders und musste Anfang 2011 doch – im Namen | |
von Rheinland-Pfalz – eine Verfassungsklage einreichen, der sich inzwischen | |
Hamburg angeschlossen hat. | |
Im Antrag der beiden Länder heißt es, die Staatsferne des ZDF sei nicht | |
gewährleistet, der Staats-/Partei-Einfluss sei „dysfunktional“ groß. So | |
betrage er im ZDF-Verwaltungsrat 43 Prozent. Damit könnten wichtige | |
Personalentscheidungen, für die eine 60-Prozent-Mehrheit erforderlich ist, | |
blockiert werden. | |
Vermutlich wird das Verfassungsgericht einer so simplen Rechenlogik nicht | |
folgen. Schließlich haben Staats- und Parteivertreter oft keine gemeinsamen | |
Interessen. Auch im Fall Brender waren die SPD-regierten Länder durchaus | |
für eine Vertragsverlängerung. Das Problem ist eher, dass sich auch die | |
Vertreter gesellschaftlicher Interessen in die Partei-„Freundeskreise“ der | |
Rundfunkräte einordnen. Solange das so ist, bringt es aber wenig, die Zahl | |
der Partei-/Staats-Vertreter zu reduzieren und die der Gewerkschaften, | |
Kirchen und Verbände zu erhöhen. | |
Da es keine einfache und effiziente Lösung gibt, dürften die Karlsruher | |
Verfassungsrichter nicht übermäßig traurig sein, falls sich die | |
Bundesländer kurzfristig doch noch auf eine eher symbolische Änderung des | |
ZDF-Staatsvertrags einigen. Rheinland-Pfalz und Hamburg würden dann die | |
Klage zurücknehmen. Karlsruhe könnte und müsste kein Urteil sprechen. | |
29 Oct 2012 | |
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