# taz.de -- Kommentar Rundfunkgremien: Politiker raus | |
> Anrufe bei Senderverantwortlichen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die | |
> Einflußnahme über die Rundfunkräte muss beendet werden. | |
Natürlich zeugen die Intervention des mittlerweile ehemaligen | |
CSU-Sprachrohrs Hans Michael Strepp beim ZDF und die Anrufe der PR-Frau des | |
damaligen Umweltministers Markus Söder beim Bayerischen Rundfunk zunächst | |
einmal von selbstbewusster Dreistigkeit. Dass Politikerinnen und Politiker | |
bei ARD, ZDF und Deutschlandradio wie auch bei anderen Medien Einfluss auf | |
die Berichterstattung nehmen wollen, ist zwar dumm und ärgerlich. Aber kein | |
Skandal – solange sie mit ihren Forderungen nicht durchkommen. | |
Der Skandal liegt eher im sich hier offenbarenden Rollenverständnis. Danach | |
gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht etwa der Gesellschaft, für | |
die er sendet und die ihn dafür per Gebühr höchst auskömmlich finanziert, | |
sondern der Politik. Schaut man sich die Zahl der PolitikerInnen und deren | |
Einfluss in den entscheidenden Sendergremien an, kann man allerdings | |
tatsächlich zu so einem Trugschluss kommen. Das muss sich ändern. | |
Weil niemand ernsthaft von der Politik erwarten wird, sich hier selbst zu | |
kastrieren, bleibt nur das Bundesverfassungsgericht. Deshalb ist | |
unabdingbar, dass Karlsruhe bald sein Grundsatzurteil zur Frage der | |
mangelnden Staats- und Politikferne beim ZDF spricht und vor allem der | |
Exekutive engere Grenzen als bisher setzt. | |
Daneben muss die Arbeit der Gremien transparenter werden: Der | |
ZDF-Fernsehrat, der nun den Fall Strepp aufklären soll, tagt hinter | |
verschlossenen Türen. Das ist nicht öffentlich-rechtlich, sondern ein Witz. | |
Öffentlich tagende Gremien – bei einigen ARD-Sendern gibt es das schon – | |
verhindern außerdem halbwegs, dass sich die Politik allzu dreist selbst | |
bedient. | |
Allerdings tragen auch die Redaktionen der Sender mit ihrem Verhalten zu | |
dem gewollten Missverständnis bei, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei | |
der Politik untertan: Wieso bekommen Parteisprecher wie im Fall Strepp von | |
ARD wie ZDF überhaupt darüber Auskunft, was an Berichterstattung über einen | |
Landesparteitag der politischen Konkurrenz geplant ist? Warum war das | |
ARD-Hauptstadtstudio in Berlin so hilfsbereit, Strepp darauf hinzuweisen, | |
dass sich die Kollegen vom Bayerischen Rundfunk des Themas annehmen würden | |
– was der prompt bewusst missverstand und beim ZDF behauptete, die ARD | |
würde gar nicht berichten? Die Medien haben einen Auskunftsanspruch | |
gegenüber der Politik – nicht umgekehrt. | |
28 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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