| # taz.de -- Energieerzeugung in Deutschland: Kohlestrom als Exportschlager | |
| > Trotz der Abschaltung von acht AKWs produziert Deutschland viel zu viel | |
| > Energie – vor allem aus Kohle. Exportiert wird der Strom in die | |
| > Nachbarländer. | |
| Bild: Ansichten aus dem Rheinland: Der Kölner Dom (l.) und die Rauchschwaden d… | |
| FREIBURG taz | Deutschlands Kraftwerksbetreiber fluten das Netz mit | |
| Kohlestrom. In den ersten neun Monaten des Jahres 2012 erzeugten die | |
| hiesigen Braunkohlekraftwerke 117 Milliarden Kilowattstunden Strom – ein | |
| Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,4 Prozent. Die Stromerzeugung | |
| aus Steinkohle stieg zugleich um 6,3 Prozent auf 85,6 Milliarden | |
| Kilowattstunden. | |
| Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist die Inbetriebnahme zweier | |
| riesiger Braunkohleblöcke in Neurath, die jeweils 1.100 Megawatt leisten. | |
| So verdrängt die Kohle zunehmend die Stromerzeugung aus Erdgas, die im | |
| Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent zurückging. | |
| Dass Deutschland den erzeugten Kohlestrom häufig gar nicht benötigt, stört | |
| die Kraftwerksbetreiber offenkundig nicht – sie exportieren ihn im großen | |
| Stil. Ein Beispiel: Am Tag der Deutschen Einheit produzierten die | |
| Solarstromanlagen mittags bis zu 12.000 Megawatt und sorgten damit für ein | |
| üppiges Stromangebot. Gleichwohl wurde die Erzeugung der | |
| Braunkohlekraftwerke mit 16.000 bis 17.000 Megawatt weitgehend konstant | |
| gehalten – und so flossen stundenlang 5.000 bis 7.000 Megawatt ins Ausland. | |
| Weil eine solche Konstellation inzwischen regelmäßig vorkommt, steuert | |
| Deutschlands Stromwirtschaft im Jahr 2012 auf einen riesigen | |
| Exportüberschuss zu. Die Differenz von Exporten und Importen summiert sich | |
| seit Jahresbeginn inzwischen auf fast 17 Milliarden Kilowattstunden. | |
| Damit floss seit Januar im Mittel die Produktionsmenge von zwei | |
| Atomkraftwerken oder drei mittelgroßen Kohleblöcken ins Ausland. Größte | |
| Abnehmer sind die Niederlande, die Schweiz und Österreich. Bereits mehrfach | |
| gab es in diesem Jahr Wochen, in denen Deutschland durchgehend einen | |
| Exportüberschuss aufwies, zuletzt war dies in der ersten Oktoberwoche der | |
| Fall. | |
| ## Historischer Höchstwert | |
| So hat Deutschland – trotz der Abschaltung von acht Atomkraftwerken – im | |
| Jahr 2012 schon mehr Strom exportiert als in manchen Jahren vor der | |
| Fukushima-Katastrophe und der folgenden Atomwende. 2009 zum Beispiel lag | |
| der Exportüberschuss im ganzen Jahr bei 14,3 Milliarden Kilowattstunden. | |
| Nach aktuellem Stand ist es sogar denkbar, dass im Jahr 2012 der | |
| historische Höchstwert von 2008 übertroffen wird, der bei 22,4 Milliarden | |
| Kilowattstunden Exportüberschuss lag. | |
| Politisch brisant sind diese Zahlen, weil die Atomlobby nach der Atomwende | |
| im Frühjahr 2011 den Eindruck zu erwecken versucht hatte, Deutschland werde | |
| fortan Stromimportland sein. Doch das verhindert nun auch der stetige | |
| Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien: Sonne, Wind, Wasserkraft und | |
| Biomasse erzeugten in den ersten neun Monaten 2012 rund 17 Prozent oder 15 | |
| Milliarden Kilowattstunden mehr Strom als im Vorjahreszeitraum. | |
| Die neue Dominanz der Kohle scheint paradox. Denn gerade den flexiblen | |
| Gaskraftwerken hatte man im Zuge der Energiewende eine große Zukunft | |
| vorhergesagt, weil sie ideal geeignet sind, das Schwanken der erneuerbaren | |
| Energien auszugleichen. Doch nun kommt es anders: Die Gaskraftwerke werden | |
| in den Zeiten der stärksten Stromnachfrage durch die Photovoltaik | |
| verdrängt. Zugleich machen die Kohlepreise, die in den vergangenen | |
| anderthalb Jahren stark gefallen sind, das Erdgas unattraktiv. | |
| 31 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
| Bernward Janzing | |
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