# taz.de -- Energiegipfel von Bund und Ländern: Bitte langsamer schrauben | |
> Bund und Länder wollen den Ausbau der Erneuerbaren „besser koordinieren“. | |
> Im Klartext heißt das: Er wird stocken. | |
Bild: Wenn es nach der Bundesregierung geht, soll es nicht mehr so schnell gehe… | |
BERLIN taz | Ihre Pläne für den Ausbau der erneuerbaren Energien muss | |
manche Landesregierung bald möglicherweise zurückschrauben. Nicht alle | |
Länder würden „ihre maximalen Ziele umsetzen“ können, sagte | |
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) nach einem | |
Spitzentreffen zur Energiewende am Freitag im Bundeskanzleramt. | |
Um die unterschiedlichen Pläne für den Ausbau der Ökoenergien abzustimmen, | |
trafen sich die Regierungen der 16 Länder mit Kanzlerin Angela Merkel | |
(CDU). Man wolle die Energiewende besser koordinieren, lautete die | |
offizielle Sprachregelung. „Im nationalen Dialog arbeiten wir gemeinsam, | |
ohne die Dynamik des Ausbaus zu brechen“, sagte Merkel. | |
Im Vorfeld des Treffens hatte es erhebliche Differenzen gegeben. So will | |
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) die Ziele der Bundesländer für | |
den Zubau von Wind-, Solar- und Biomassekraftwerken deckeln. Er befürchtet, | |
dass sonst die Stromkosten, die Privathaushalte und Unternehmen tragen | |
müssen, zu schnell und zu stark steigen. Altmaier hat unlängst als Devise | |
ausgegeben, dass 2020 rund 40 Prozent des Stroms aus ökologischen | |
Kraftwerken stammen soll. | |
## Netzentwicklungsplan der Länder | |
Wenn die Bundesländer ihre gegenwärtigen Ziele verwirklichten, würde | |
Altmaiers Marke bei Weitem übertroffen. Das ist abzulesen an den Zahlen, | |
die die Bundesländer für den Netzentwicklungsplan 2013 an die | |
Bundesnetzagentur geschickt haben. Rechnet man die Ausbauziele der | |
einzelnen Länder zusammen, ergibt sich für das Jahr 2023 eine | |
Spitzenleistung der Ökokraftwerke von insgesamt 158 bis 168 Gigawatt | |
(Milliarden Watt). | |
Das ist ungefähr so viel wie die Leistung aller konventionellen und | |
regenerativen Anlagen, die heute am Netz sind. Die Bundesregierung peilt | |
ein viel niedrigeres Ziel an. Im Nationalen Aktionsplan für erneuerbare | |
Energien ist eine Ökoleistung von 110 Gigawatt für 2020 angegeben. | |
Nun solle ein Kompromiss erarbeitet werden, sagte Schleswig-Holsteins | |
Landeschef Albig. Vor dem Treffen hatte er ausdrücklich die Interessen | |
seines Landes vertreten. „Es liegt doch auf der Hand, dass wir den Wind in | |
erster Linie dort ernten, wo er am stärksten weht, und das ist nun mal | |
eindeutig im Norden der Republik der Fall“, so Albig. | |
## „Ökostrom nicht begrenzen" | |
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach | |
sich gegen die Begrenzung des Ökostromausbaus aus. „Wir müssen den Ausbau | |
so moderieren, dass er ins System passt, aber nicht deckeln. Wir wollen ja | |
weiterkommen und unsere selbst gesteckten Ziele erreichen“, sagte | |
Kretschmann im Vorfeld des Spitzentreffens. Im Südwesten betrage der Anteil | |
der Windkraft an der Stromerzeugung nicht einmal 1 Prozent. „Wir wollen auf | |
10 Prozent kommen bis zum Jahr 2020. Davon werde ich mich nicht abbringen | |
lassen“, sagte Kretschmann. | |
Die Koordination der verschiedenen Ziele ist auch deshalb notwendig, weil | |
von Ort und Leistung der künftigen Kraftwerke abhängt, welche | |
Stromleitungen erweitert oder auch neu gebaut werden müssen. Entstehen | |
beispielsweise in Baden-Württemberg viele Windkraftwerke, kann | |
möglicherweise auf eine der vier Höchstspannungstrassen verzichtet werden, | |
die nach der gegenwärtigen Planung die Elektrizität von den Windparks auf | |
Nord- und Ostsee nach Süden transportieren sollen. | |
2 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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