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# taz.de -- Anklage gegen Beate Zschäpe: Beihilfe oder Mittäterschaft?
> Warten auf Karlsruhe: In den kommenden Tagen wird die Bundesanwaltschaft
> die mutmaßliche NSU-Terroristen Beate Zschäpe anklagen.
Bild: Neonazis auf Reisen: Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, vermutlich 2004.
BERLIN taz | Ein Jahr nach Auffliegen des „Nationalsozialistischen
Untergrunds“ wird mit Spannung die Anklage gegen die 37-jährige Beate
Zschäpe erwartet. Sie gilt als einziges noch lebendes Mitglied der
Terrorzelle.
Kurz nachdem sie sich am 8. November 2011 gestellt hatte, sah es noch so
aus, als ob sie reden wolle. Sie habe sich „nicht gestellt, um nicht
auszusagen“, sagte Zschäpe einer Polizistin in einer Pause beim
Haftrichter.
Seitdem sitzt sie im Frauentrakt der JVA Köln-Ossendorf – und schweigt –
ihr gutes Recht. Dennoch hat Barbara John, die Ombudsfrau für die Opfer der
Terrorgruppe, Zschäpe nun aufgefordert, ihr Schweigen zu brechen. „Wenn sie
auch nur eine klitzekleine Faser Herz hat, würde sie das tun“, sagte John.
Die spannende Frage wird sein, ob die Bundesanwaltschaft Zschäpe in ihrer
Anklage neben der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und
besonders schwerer Brandstiftung auch eine Mittäterschaft bei den zehn
Morden des NSU vorwerfen wird. Schon vor einigen Wochen hatte die
Karlsruher Behörde dem Bundesgerichtshof geschrieben, dass die bis
spätestens November vorliegende Anklage eine „Beteiligung“ an den Taten
umfassen werde – was juristisch sowohl eine Mittäterschaft an den
NSU-Morden als auch den weniger schwerwiegenden Vorwurf der Beihilfe
bedeuten kann.
## Zschäpe soll Bekennervideo verschickt haben
Nach derzeitigem Wissen gibt es keine Belege dafür, dass Zschäpe an den
Tatorten war, als Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von September 2000 bis
April 2007 neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer sowie
eine deutschstämmige Polizistin erschossen. Doch mehrere Indizien deuten
darauf hin, dass sie von den Morden zumindest gewusst hat. So fanden die
Ermittler im Brandschutt des Zwickauer NSU-Verstecks Zeitungsartikel mit
den Fingerabdrücken von Zschäpe. Einer thematisierte den Mord am
Gemüsehändler Habil Kilic in München 2001, der andere den
Nagelbombenanschlag der Terrorgruppe in Köln 2004.
Nicht zuletzt soll Zschäpe auch das Bekennervideo des NSU nach dessen
Auffliegen verschickt haben. Dort bejubeln die Neonazis ihre Taten – samt
den von den Mördern selbst aufgenommenen Fotos ihrer toten oder gerade
sterbenden Opfer.
Gab es einen „gemeinsamen Tatplan“ des Trios? Dann hätte Beate Zschäpe im
voraussichtlich im Frühjahr in München beginnenden Prozess mit lebenslanger
Haft zu rechnen.
## Fünf Helfer
Neben Zschäpe werden vermutlich auch fünf Helfer des NSU-Trios angeklagt,
allen voran der ehemalige Thüringer NDP-Funktionär Ralf Wohlleben, der den
Terroristen zusammen mit dem Waffenkurier Carsten S. die Ceska-Pistole
verschafft haben soll, mit der die Neonazis fast alle ihre Morde begingen.
Doch trotz einem Jahr des Ermittelns ist es an vielen Stellen noch nicht
gelungen, den NSU und sein Netzwerk aufzuhellen. 100 Männer und Frauen
stehen auf einer geheimen Liste „relevanter Personen“ im Umfeld des
Terrortrios, die das BKA und der Verfassungsschutz erstellt haben. Doch ob
über das Trio Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe hinaus jemand etwas von den
Mordtaten der Terrorzelle wusste, ist bis heute unklar – die Ermittler
konnten es bisher jedenfalls niemandem nachweisen. Das war auch der Grund,
warum mehrere mutmaßliche Terrorhelfer von Mai 2012 an aus der
Untersuchungshaft entlassen werden mussten.
Das Innenleben des NSU, so scheint es, kann nur Beate Zschäpe aufhellen.
Ihre „Familie“ nannte sie Mundlos und Böhnhardt, nachdem sie sich gestellt
hatte. Die beiden hätten sie „nie zu etwas gezwungen“.
2 Nov 2012
## AUTOREN
Wolf Schmidt
## TAGS
Rechtsextremismus
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Prozess
Terror
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