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# taz.de -- Klage gegen NSU-Terrorgruppenmitglied: Heer, Stahl und Sturm für Z…
> Die Anwälte von Beate Zschäpe haben martialische Namen. Doch nicht
> deshalb arbeiten sie für die mutmaßliche Neonazi-Terroristin – eher für
> den Ruhm.
Bild: Beate Zschäpe schweigt weiter
FREIBURG taz | Mindestens sieben Staatsanwälte arbeiten schon seit Monaten
an der Anklage gegen Beate Zschäpe wegen Mitgliedschaft in der
NSU-Terrorgruppe. Zschäpe hat dagegen derzeit nur einen Pflichtverteidiger,
den Kölner Wolfgang Heer. Sieht so ein fairer Strafprozess mit
Waffengleichheit zwischen Anklage und Verteidigung aus?
Heer hatte bei der Bundesanwaltschaft angeregt, noch zwei weitere Kollegen
als Pflichtverteidiger zu bestellen, weil das Verfahren so komplex ist.
Schon mehrere hundert Stehordner umfassen die Aktenbestände, die
durchgearbeitet werden müssen. Derzeit arbeiten die Anwälte Wolfgang Stahl
und Anja Sturm als unbezahlte Wahlverteidiger mit. Doch die
Bundesanwaltschaft hält einen einzigen (bezahlten) Pflichtverteidiger für
ausreichend. Mehr sehe das Gesetz nicht vor.
„Diese Haltung zeugt von einer gewissen Zynik und mangelnden
Ernsthaftigkeit“, kritisiert Wolfgang Stahl gegenüber der taz. Die
Strafprozessordnung spreche von „notwendiger“ Verteidigung. „Das sollten
bei einem derartigen Verfahren aber schon zwei oder drei Verteidiger sein.“
Das Bild könnte sich bald ändern. Denn voraussichtlich im November wird die
Bundesanwaltschaft die Anklageschrift gegen Zschäpe und fünf mutmaßliche
NSU-Unterstützer vorlegen. Ab diesem Zeitpunkt kann Beate Zschäpe selbst
Anträge auf Pflichtverteidiger beim dann wohl zuständigen Oberlandesgericht
(OLG) München stellen. Und Wolfgang Stahl geht fest davon aus, dass Zschäpe
dann drei gerichtlich bestellte und vom Staat bezahlte Verteidiger
zugeordnet bekommt. „Alles andere wäre gleich zu Beginn eine schwere
Belastung für dieses Verfahren“, warnt Stahl.
Insofern hätte Zschäpe also keinen Nachteil. Die drei Anwälte, die die
Verteidigung für erforderlich hält, arbeiten schon seit Monaten für Zschäpe
– im Vertrauen darauf, dass bald eine offizielle Bestellung erfolgt.
## Ein historisch bedeutendes Verfahren
Aber auch die Anwälte haben keinen Nachteil aus der nachträglichen
Bestellung. Stahl und Sturm bekommen derzeit zwar kein Geld vom Staat und
werden nach eigenen Angaben auch von sonst niemand bezahlt. In derartigen
Großverfahren wird in der Regel aber eine Pauschalvergütung vereinbart, in
deren Höhe dann auch die Zeit eingerechnet wird, in der die gerichtlich
bestellten Verteidiger nur als Wahlverteidiger tätig waren.
Nach Auskunft von Experten kann es in intensiven Verfahren, die sich über
sehr lange Zeit hinziehen, um Summen um die 100.000 Euro handeln. Heer,
Stahl und Sturm machen den Job aber weniger wegen des Geldes. Sie sind gut
verdienende Strafverteidiger, die in der gleichen Zeit auch andere, besser
bezahlte Mandate übernehmen könnten. Sie sind auch keine rechten
Szeneanwälte mit ideologischer Nähe zur Angeklagten, sondern klassische
Verteidiger ohne Berührungsängste.
Falsch ist auch die Vermutung des Satiremagazins Titanic, Zschäpe hätte
sich die Anwälte wegen ihrer martialischen Namen zusammengesucht. Den
Anwälten, die wohl von Kollegen und nicht von Zschäpe angesprochen wurden,
geht es vor allem um die Teilnahme an einem historisch bedeutenden
Verfahren – und vermutlich auch um ein bisschen damit verbundenen Ruhm.
Bisher schweigt Beate Zschäpe, die in Köln in Untersuchungshaft sitzt, und
es gibt auch keine Anzeichen, dass sie bald doch noch auspacken wird. Zur
Verfahrensstrategie schweigt auch ihr Anwalt Wolfgang Stahl. Aber es ist
aus vielen Verfahren bekannt, dass erfahrene Strafverteidiger ihren
Mandanten raten, einfach die Aussage zu verweigern, um dann zu versuchen,
die Beweise der Anklage in Zweifel zu ziehen.
1 Nov 2012
## AUTOREN
Christian Rath
Christian Rath
## TAGS
Prozess
Schwerpunkt Rechter Terror
Terror
Beate Zschäpe
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Rechtsextremismus
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