| # taz.de -- Ärztepräsident über Korruption: „Das Ausmaß wird grob überze… | |
| > Das Berufsrecht ist die beste Waffe gegen bestechliche Ärzte und | |
| > manipulierende Transplanteure, sagt der Ärztepräsident Frank Ulrich | |
| > Montgomerey. | |
| Bild: Ärzte sind nicht korrupter als andere Berufsgruppen, sagt der Ärzteprä… | |
| taz: Herr Montgomery, sind Ärzte anfälliger als andere Berufsgruppen für | |
| kriminelles Handeln? | |
| Frank Ulrich Montgomery: Natürlich nicht. Ärzte leben bloß in einem | |
| besonderen Spannungsverhältnis: Derjenige, an dem eine Leistung vollbracht | |
| wird – also der Patient –, ist nicht derjenige, der für diese Leistung | |
| bezahlt – das sind die Kassen. | |
| Und weil viele Ärzte mit der Vergütung unzufrieden sind, bleibt ihnen | |
| nichts anderes übrig, als sich von Pharmafirmen schmieren zu lassen? | |
| Lassen Sie die Kirche im Dorf. Ausmaß und Umfang der Korruption werden grob | |
| überzeichnet. Es gibt in Deutschland 450.000 Ärzte, von denen einzelne | |
| bestechlich sind, ja. | |
| Das sieht der Bundesgerichtshof (BGH) anders. Er hat erklärt, das Parlament | |
| müsse entscheiden, ob Korruption unter Ärzten strafwürdig sei. Warum wehren | |
| Sie sich gegen ein entsprechendes Gesetz? | |
| Der BGH hat das Problem von Freiberuflichkeit generell angesprochen, am | |
| Beispiel von Ärzten. Dann soll der Gesetzgeber das Problem auch generell | |
| lösen. Indem er etwa festlegt, dass alle Freiberufler – also auch | |
| Journalisten, Architekten, Steuerprüfer – keine Vorteilsannahmen tätigen | |
| dürfen, wenn sie damit ihre Entscheidungen zu Lasten ihrer Klienten, | |
| Mandanten oder Patienten treffen. Dagegen hätten wir nichts. Wenn es aber | |
| nur um Ärzte geht, dann haben wir schon das Berufsrecht. | |
| Das sich bislang als stumpfes Schwert erweist. Auch, weil das Standesrecht | |
| von Ärztekammer zu Ärztekammer variiert? | |
| Es gibt Unterschiede, was die Höhe des Strafrahmens angeht, richtig. Das | |
| eigentliche Problem aber liegt darin, dass Ärztekammern keine | |
| Ermittlungskompetenzen haben. Wir können keine Akte beschlagnahmen oder uns | |
| Unterlagen beschaffen, sondern wir sind bisher darauf angewiesen, dass wir | |
| informiert werden, vor allem von der Staatsanwaltschaft. | |
| Ärzte als Hobbypolizisten? | |
| Ich sehe diesen Widerspruch nicht, hier Staat, dort Kammer. Gemeinsame | |
| Ermittlungsgruppen wären hilfreich, denn wir Ärzte haben die fachliche | |
| Kompetenz, und die Strafverfolger haben die polizeiähnliche Kompetenz. | |
| Aktuell funktioniert diese Zusammenarbeit übrigens sehr gut bei der | |
| Aufklärung der kriminellen Aktivitäten an einigen Transplantationskliniken. | |
| Staatsanwälte befürchten, die dortigen Ärzte gar nicht strafrechtlich | |
| sanktionieren zu können. Schlimm? | |
| Es wäre ein ausgesprochen negatives Signal, wenn man die beschuldigten | |
| Ärzte nicht nach dem Strafrecht bestrafen könnte. Die generalpräventive | |
| Wirkung von Strafvorschriften wage ich aber zu bezweifeln. Gucken Sie sich | |
| die Strafen an, die von Gerichten in Relation zu Delikten verhängt werden. | |
| Nein, zusätzliche Strafparagrafen allein würden die Probleme nicht lösen. | |
| Was dann? | |
| Wirkungsvoll wäre ein konsequentes Einschränken der Berufsausübung für | |
| Ärzte, die sich dieses Teils der Berufsausübung als nicht würdig erwiesen | |
| haben. Da muss es gar nicht gleich vollständigen Approbationsentzug geben. | |
| Die Tätigkeit eines Arztes trifft es zutiefst, wenn ihm die Leitung eines | |
| Transplantationszentrums entzogen wird oder er zwar noch als Arzt arbeiten | |
| darf, aber nicht mehr in diesem Bereich. Zudem brauchen wir eine offensive | |
| Fehlerkultur in den Kliniken, bei allen Mitarbeitern. | |
| Solange sämtliche Karrieren von einem einzigen Ordinarius abhängen, werden | |
| Ärzte kaum Missstände anprangern. | |
| Die starren Hierarchien in den Häusern sind nicht nur unter den Ärzten ein | |
| Problem, sondern auch zwischen den Berufsgruppen. Es ist schwer | |
| nachvollziehbar, dass in Göttingen und Regensburg der Impetus für die | |
| kriminellen Handlungen zwar nur von einem einzelnen Arzt ausging, dass aber | |
| doch sehr viele, nicht nur Ärzte, sondern mit Sicherheit auch | |
| Krankenschwestern, Mitarbeiter im technischen Bereich und in der Verwaltung | |
| davon gewusst haben müssen. Mir soll keiner etwas anderes erzählen: | |
| Transplantation ist Teamarbeit. | |
| 14 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Haarhoff | |
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