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# taz.de -- „Bild“ gegen GEZ: Das große Gebühren-Spiel
> Die „Bild“ will eine „Wut-Welle“ gegen die neue Finanzierung von ARD …
> ZDF auslösen. Die Verteidiger sind in der Unterzahl, haben aber einen
> Vorteil.
Bild: Das Spiel um die Deutung des neuen Rundfunkbeitrags ist noch nicht vorbei
Am 1. Januar löste der Rundfunkbeitrag das alte gerätebezogene
Gebührenmodell ab. Seitdem formieren sich zwei Mannschaften und streiten um
die Deutung des neuen Beitrags, die GEZ und die Finanzierung von ARD und
ZDF.
Die Aufstellungen
Der Springer-Verlag erweist sich unter Vorstand Mathias Döpfner als
verlässlicher Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Seit
Jahresbeginn fährt der Konzern in der Bild eine [1][Kampagne] gegen die
neue Haushaltsabgabe, die sie gerne „Zwangsabgabe“ oder „TV-Zwangssteuer�…
nennen. Und in Springers Welt [2][erklärt Martin Lindner] von der FDP, dass
er die neue Abgabe für verfassungswidrig halte, und Bundestagspräsident
Norbert Lammert (CDU) knüpft die Kausalkette, dass der Gebührenzahler „zur
Finanzierung von Traumgehältern“ bei Fußballprofis beitrage. Schließlich
zahlten ARD und ZDF hohe Summen für Sportrechte.
Hans-Peter Siebenhaar dürfte die große Empörung über den neuen
Rundfunkbeitrag ganz recht sein. Schließlich hat der Handelsblatt-Redakteur
Ende vergangenen Jahres ein Buch herausgebracht, in dem er „die Wahrheit
über das System ARD und ZDF“ beschreibt – mit dem kaum
interpretationsbedürftigen Titel: „[3][Die Nimmersatten]“.
Dirk Roßmann hat schon einen Schuss aufs Tor dieser Nimmersatten abgegeben:
Der Chef der Rossmann-Drogeriekette klagt vor dem Bayerischen
Verfassungsgerichtshof gegen den neuen Beitrag, denn der Konzern muss laut
eigenen Angaben von nun an mindestens 200.000 Euro statt bisher knapp
40.000 Euro pro Jahr zahlen.
Auf der anderen Seite steht Stefan Niggemeier, der Spiegel-Autor schreibt
bei Bildblog und in seinem eigenen Blog gegen die „Propaganda“ von Bild,
Siebenhaar und Co. Überschrift: „[4][Die Nimmerklugen]“.
Auch der NDR-Intendant Lutz Marmor versucht, das größte Projekt seiner
gerade erst gestarteten Amtszeit als ARD-Vorsitzender zu verteidigen. Dazu
kommt Paul Kirchhof, der mit einem Rechtsgutachten die Einführung der neuen
Abgabe unterstützte – und der sich über den massiven Widerstand wundert,
„weil sich für den Normalbürger schlechthin nichts ändert“, wie er dem
Bayerischen Rundfunk sagte. Der Beitrag von 17,98 Euro bleibe schließlich
für die meisten gleich.
Die Taktik
„ARD & ZDF – Jagd auf 4 Millionen Haushalte“, „Wut-Welle gegen GEZ“ o…
„ARD-Intendanten speisten auf Kosten der Steuerzahler“ – die Bild hat sich
warmgeschossen. Dass die meisten Vorwürfe nichts mit der neuen
Haushaltsabgabe zu tun haben, sondern schlicht Fehler der
Gebühreneinzugszentrale (GEZ; die seit diesem Jahr „Beitragsservice“ heiß…
sind, wen interessiert’s? Außerdem nutzt Springers Bild noch eine weitere
Taktik – und behauptet: Die neue Abgabe führe zu massiven Mehreinnahmen bei
den Öffentlich-Rechtlichen, die doch eh schon 7,5 Milliarden Euro
einnehmen!
Das ist auch die Taktik von Hans-Peter Siebenhaar – und die verbreitet er
nicht nur im Handelsblatt, sondern auch als „Medienexperte“ in anderen
Publikationen. Doch noch weiß keiner, wie sich die Erträge der
Öffentlich-Rechtlichen durch die neue Abgabe entwickeln. Außer Siebenhaar,
der eine Zahl aus dem Bericht der Kommission zu Ermittlung des
Finanzbedarfs (KEF) in einen fragwürdigen Zusammenhang stellt und von 304
Millionen Euro ausgeht, und der Bild, die sich auf die von angeblichen
Experten gestützte Zahl von 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro eingeschossen hat.
Diese „Desinformationen“ regen den Medienjournalisten Niggemeier auf. Er
beschreibt die „Propaganda gegen ARD und ZDF“, wie er es in seinem Blog
nennt. Seine Vorwürfe: Täuschung der Leser, alte Informationen werden als
neu verkauft und Zahlen falsch interpretiert.
Auch Lutz Marmors ARD sah sich schon genötigt, auf die Bild-Kampagne zu
reagieren. SWR-Justitiar Hermann Eicher, dessen Sender federführend in der
ARD für den neuen Rundfunkbeitrag zuständig ist, bezeichnete die Aussage,
dass die Einnahmen deutlich steigen würden, als „grob falsch und
irreführend“.
Das Ergebnis
Das Spiel ist noch nicht abgepfiffen. Wer führt? Also eine „Wut-Welle“ ist
derzeit nicht zu spüren. Zwar lehnen laut einer Anfang Dezember im Spiegel
veröffentlichten Umfrage 60 Prozent der Bundesbürger den neuen Beitrag ab,
doch konterte die ARD prompt mit einer selbst in Auftrag gegebenen
Erhebung, laut der begrüßten Ende 2012 75 Prozent das neue Gebührenmodell.
Doch sind die Befürworter des neuen Rundfunkbeitrags in einem Punkt klar im
Vorteil: Es wurden bereits Fakten geschaffen: Die neue Haushaltsabgabe
kommt, die Gegner können nur noch dagegen anrennen. ARD, ZDF und
Deutschlandradio müssen das Ergebnis lediglich über die Zeit bringen.
16 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.bild.de/politik/inland/gez/und-so-verschwenden-sie-unsere-gebueh…
[2] http://www.welt.de/politik/deutschland/article112711765/Politik-geisselt-Ab…
[3] http://www.welt.de/fernsehen/article111921552/Mit-Gebuehrengeldern-wird-lei…
[4] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/die-nimmerklugen-die-handelsblatt-prop…
## AUTOREN
Jürn Kruse
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