# taz.de -- Studie zur Krankenversicherung: Warten, bis der Arzt kommt | |
> Gesetzlich Versicherte müssen länger auf Arzttermine warten als privat | |
> Versicherte. Das zeigt eine neue Studie. Eine Mehrheit spricht sich für | |
> eine Bürgerversicherung aus. | |
Bild: Geduldsprobe: Gesetzlich Versicherte klagen häufig über lange Wartezeit… | |
BERLIN dapd | Gesetzlich Versicherte müssen nicht nur bei der Terminvergabe | |
mehr Geduld haben als privat Versicherte, sondern sitzen auch länger im | |
Wartezimmer. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des | |
Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des unabhängigen Finanz- und | |
Vermögensberaters MLP, die am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurde. | |
Danach hatten 55 Prozent der Kassenpatienten schon einmal Schwierigkeiten, | |
rasch einen Arzttermin zu bekommen. Bei den privat Versicherten waren es | |
nur 35 Prozent. Von den gesetzlich Versicherten klagten zudem 67 Prozent | |
darüber, dass sie sich trotz Termins sehr lange im Wartezimmer gedulden | |
mussten. Diese Erfahrung machten dagegen nur 48 Prozent der privat | |
Versicherten. | |
Laut MLP Gesundheitsreport schlagen die Mediziner selbst in Sachen | |
Ärztemangel Alarm. Insbesondere Krankenhausärzte (65 Prozent) sehen der | |
Umfrage zufolge im Ärztemangel bereits ein bundesweites Problem. | |
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) schlägt als Gegenmaßnahme vor, | |
mehr junge Leute zum Medizinstudium zuzulassen. | |
Innerhalb der gesamten Ärzteschaft hat die Besorgnis über zu wenige | |
Mediziner in den vergangenen beiden Jahren spürbar zugenommen: 56 Prozent | |
sehen bereits jetzt einen Ärztemangel in Deutschland. Zwei Jahre zuvor | |
waren es noch 46 Prozent. Mehr als jeder fünfte Arzt rechnet in den | |
nächsten Jahren damit. | |
## Medizinermangel besonders im Osten | |
Den Angaben zufolge erkennen 37 Prozent der niedergelassenen Ärzte bei sich | |
vor Ort bereits einen Ärztemangel (2010: 22 Prozent). Weitere 28 Prozent | |
rechnen damit in den nächsten Jahren. In den östlichen Bundesländern ist | |
das Problem schon heute gravierender als im Westen: 54 Prozent der Ärzte im | |
Osten berichten von einem Ärztemangel bei sich in der Region - in | |
Westdeutschland sind es nur 35 Prozent. | |
Gerade im ländlichen Raum sorgen sich niedergelassene Ärzte, einen | |
Nachfolger für ihre Praxis zu finden. In Städten und Regionen mit weniger | |
als 100.000 Einwohnern halten dies 87 Prozent laut Umfrage für schwierig | |
oder sehr schwierig. In Großstädten mit mehr als 750.000 Einwohnern trifft | |
dies nur für 57 Prozent zu. | |
Bahr sagte der Zeitschrift Superillu, er halte es für einen Fehler, dass | |
der Zugang zum Studium über die beste Abiturnote gehe. Der FDP-Politiker | |
sieht die Länder in der Pflicht. „Ich kann die Länder nur auffordern, | |
Plätze auch an andere Kandidaten zu vergeben. Zum Beispiel nach einem | |
persönlichen Auswahlverfahren, wie es einige Universitäten bereits mit | |
Erfolg praktizieren“, betonte Bahr. | |
Die Bürgerversicherung ist in der Bevölkerung mehrheitsfähig. Dem | |
Gesundheitsreport zufolge fänden es 56 Prozent der Befragten gut, wenn sich | |
alle Berufstätigen, also auch Beamte, Selbstständige und gut verdienende | |
Angestellte gesetzlich krankenversichern müssten. 33 Prozent lehnen dies | |
ab. In der Ärzteschaft würden 51 Prozent die Einführung einer | |
Bürgerversicherung begrüßen und 41 Prozent ablehnen. SPD, Grüne und Linke | |
machen sich seit Jahren für die Einführung einer Bürgerversicherung stark. | |
## Ärzte wollen Kassenüberschüsse für schlechte Zeiten horten | |
Die Vorstellungen der Ärzte, was mit den derzeitigen Überschüssen der | |
gesetzlichen Krankenversicherung geschehen soll, unterscheiden sich | |
deutlich vom Rest der Bevölkerung. 59 Prozent der Ärzte im Vergleich zu 38 | |
Prozent der Bevölkerung sprechen sich dafür aus, die Überschüsse zumindest | |
teilweise zur Bildung von Rücklagen zu nutzen, um auf künftige | |
Kostensteigerungen im Gesundheitswesen reagieren zu können. | |
Für eine Beitragsrückerstattung plädieren 37 Prozent der Bevölkerung im | |
Vergleich zu 17 Prozent bei den Ärzten. Eine generelle Beitragssenkung | |
befürworten 34 Prozent der Bevölkerung und 36 Prozent der Ärzte. | |
Allensbach befragte zwischen dem 23. Oktober und dem 10. November | |
vergangenen Jahres 2.102 Bundesbürger und zwischen dem 11. Oktober und dem | |
8. November 521 Ärzte. | |
23 Jan 2013 | |
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