| # taz.de -- Frauenkonferenz in Libyen: Eine Stimme für die Frauen | |
| > Aktivistinnen diskutieren drei Tage lang über ihre Rechte. Auch in der | |
| > bevorstehenden Debatte über eine neue Verfassung wollen sie mitmischen. | |
| Bild: Frauen in Libyen wollen über ihre Zukunft mitbestimmen, wie hier auf der… | |
| Tripolis taz | Drei Tage lang haben 200 Vertreterinnen von fünf libyschen | |
| Frauenorganisationen die Regie im Hotel Rixos im Herzen von Tripolis | |
| übernommen. Knapp zwei Jahre nach Beginn der Revolution wollen die | |
| Aktivistinnen nun Zeichen setzen: für ihre Rechte in der neuen Verfassung | |
| und für die Sicherheit von Frauen auf den immer noch gefährlichen Straßen | |
| Libyens. | |
| „One voice“, eine Stimme, hieß die von der deutschen Botschaft unterstütz… | |
| Veranstaltung. Die Libyerinnen knöpften sich in Diskussionen ihre | |
| Regierungsvertreter vor, die für den Stillstand verantwortlich gemacht | |
| werden. „Wir sind der Beweis, dass Schleier, Islam und Frauenrechte wie | |
| Bildung kein Widerspruch sein müssen“, sagte eine Aktivistin zu Beginn. | |
| Während sich in Tunesien und Ägypten islamische Parteien mit | |
| patriarchalischen Werten durchgesetzt haben, ist die Lage für Frauen in | |
| Libyen noch nicht definiert. 33 der 80 für Parteien reservierten Sitze in | |
| der Nationalversammlung gingen an Frauen, Libyen wählte liberal. Nun soll | |
| eine 60-köpfige verfassunggebende Versammlung die Ausrichtung des Landes | |
| bestimmen. | |
| „Wir wollen im neuen Libyen gleichberechtigt vertreten sein und unsere | |
| Zukunft mitbestimmen“, sagt die Fernsehmoderatorin Wafia El Shebani | |
| selbstbewusst. „Ohne uns hätte die Revolution nicht stattgefunden und ohne | |
| uns wird auch das neue Libyen nicht stattfinden.“ | |
| ## Angst vor sexuellen Übergriffen | |
| Doch die Folgen des Krieges und zahlreiche Bewaffnete auf den Straßen haben | |
| die Frauen in die Defensive gedrängt. Nur langsam trauen sie sich wieder | |
| allein an die Öffentlichkeit. Viele Frauen haben Angst vor sexuellen | |
| Übergriffen. | |
| Die deutsche Frauenorganisation Amica arbeitet seit September 2012 in | |
| Libyen. „Unserer Erfahrung nach fürchten die Opfer ihre gesellschaftliche | |
| Stigmatisierung so sehr, dass nur wenige bereit sein werden, sich | |
| registrieren zu lassen“, sagt Projektleiterin Christina Hering. | |
| Es gebe zudem keine Polizei oder Behörden, an die sich Frauen wenden | |
| könnten. „Aber weder den Frauen noch der Gesellschaft ist mit dem | |
| kollektiven Schweigen auf Dauer geholfen“, betont Hering. | |
| In drei Amica-Zentren kümmern sich Betreuerinnen um Frauen, die Opfer von | |
| Vergewaltigungen oder Übergriffen geworden sind. Den genauen Standort der | |
| Zentren möchte Hering nicht nennen. | |
| „Sexuelle Gewalt wurde eingesetzt, um den Willen der Revolutionäre zu | |
| brechen“, sagt sie nach vielen Gesprächen mit Opfern. „Es gibt Orte, in | |
| denen die Mehrheit der Frauen vergewaltigt wurde. Man spricht nicht | |
| darüber, damit es zu keinem Generalverdacht kommt.“ | |
| ## Den Frauen die Würde nehmen | |
| Besonders schlimm war die Lage in den Gefängnissen. „Bis zu 80 Frauen | |
| wurden nackt in Zellen gehalten“, berichten Aktivistinnen der taz. Wie eine | |
| Studentin aus einer Stadt westlich von Tripolis, die zu Beginn der | |
| Revolution Flyer verteilte und vom Geheimdienst verhaftet wurde. Im | |
| Gefängnis wurde sie drei Monate lang täglich vergewaltigt, dazu kam die | |
| ständige Folter mit Elektrokabeln. Man wollte den Frauen die Würde nehmen. | |
| „Das Besondere an diesem Fall ist, dass ihre Familie sie wieder auf | |
| genommen hat, was immer noch eher selten ist. Der Vater und ihr Mann setzen | |
| sich jetzt auch für Frauenrechte im neuen Libyen ein“, sagte eine | |
| Aktivistin. | |
| Nicht nur den Ort der Zentren halten Amica und ihre libyschen | |
| Partnerorganisationen geheim, auch deren Aufgabe. Viele Frauen lernen dort | |
| offiziell Englisch oder Handarbeiten. So können sie anonym psychologische | |
| Hilfe in Anspruch nehmen. | |
| Die Gynäkologin Laila Bugaighis aus Bengasi hält die schlechte | |
| Sicherheitslage für das Hauptproblem für Frauen. „Dass Libyen trotz der | |
| Probleme nicht in einem Bürgerkrieg versunken ist, haben wir der Stärke der | |
| libyschen Familien zu verdanken, damit auch uns Müttern.“ | |
| Aktivistinnen im männerdominierten Nationalkongress fordern, 35 Prozent der | |
| Verfassungsexperten sollten Frauen sein. „Wir werden definitiv keine neue | |
| Diktatur mehr akzeptieren, von wem auch immer“, sagt Bugaighis. | |
| 31 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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