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# taz.de -- Freiheitsfeiern in Libyen: Häuserkampf in Bani Walid
> Die Gefechte um die ehemalige Gaddafi-Hochburg fordern offenbar viele
> Opfer. Daher fällt der Jubel zum ersten offiziellen Jahrestag der
> Befreiung eher verhalten aus.
Bild: Wärend in der Hauptstadt gefeiert wird, fallen in Bani Walid Schüsse.
TRIPOLIS taz | Ein Jahr nach dem Ende der Revolution lässt in Libyen der
Neuanfang auf sich warten. Die Feiern zum 23. Oktober, dem offiziellen
Befreiungstag von Muammar al-Gaddafis Regime, fielen auf dem Märtyrerplatz
in Tripolis und in anderen Städten recht verhalten aus. Grund ist die
Belagerung von Bani Walid, der letzten Hochburg der Gaddafi-Anhänger, in
der mittlerweile heftige Gefechte stattfinden.
Während in der Hauptstadt und in Misurata der Beginn der Offensive am
vergangenen Sonntag anfangs noch mit Jubel quittiert wurde, haben die hohen
Opferzahlen mittlerweile landesweit zu Ernüchterung geführt.
Kämpfer an der Front der 170 Kilometer südlich von Tripolis berichten ihren
Familien von erbitterten Häuserkämpfen. Allein im Krankenhaus von Misurata
werden weit über 300 Kämpfer behandelt.
Die Lage in der belagerten Stadt ist unklar, unabhängige Berichte gibt es
kaum, da keine Journalisten ins Kampfgebiet gelassen werden. Augenzeugen
berichten der taz von vielen toten Kämpfern auf beiden Seiten.
## Lösung gesucht
Vor allem in Bengasi stößt der Großangriff auf den für seine Regimetreue
berüchtigten Warfalla-Stamm aus Bani Walid auf Unverständnis.
„Dabei hätten wir den größten Anlass, uns an denen zu rächen. Denn es war…
hauptsächlich Soldaten aus Bani Walid, die Bengasi im März letzten Jahres
angriffen und zerstören wollten“, sagt Mohamed Abujanah in der Hauptstadt
der Cyrenaika.
„Doch in Bengasi wollen die Leute nach einem Jahr Chaos eine
Verhandlungslösung. Viele fürchten, dass die zahlreichen Opfer auf beiden
Seiten zu einem Konflikt im ganzen Land führen könnten. Zwischen Familien
aus Bani Walid und den in Bengasi lebenden Misuratis gibt es schon
Spannungen“, so der Journalist.
## Auslieferung vereinbart
Die Stammesältesten der Cyreneika haben den Revolutionären aus Ostlibyen
bereits verboten, am Kampf gegen Bani Walid teilzunehmen. „Wir hatten
bereits ein Abkommen mit ihrer Delegation ausgehandelt. Sie waren angeblich
bereit, die von den Revolutionären aus Misurata gesuchten Täter nach
Bengasi auszuliefern“, sagt der gerade zurückgetretene Chef des Lokalrats,
Juma Sahli.
Er bezog sich damit auf den Fall von Omran Shabaan, der vor einem Jahr
Gaddafi in seinem Versteck entdeckte und der nach einer Entführung in Bani
Walid an seinen Verletzungen starb.
Die Kommandeure aus Misurata wollen keinen Kompromiss mit den ehemaligen
Gaddafi-Getreuen mehr eingehen. Misurata verfügt über eine eigene Armee mit
800 Panzern und handelt weitgehend autonom.
## Pendeldiplomatie gescheitert
Kurz vor dem islamischen Opferfest mehren sich daher die Stimmen im
Parlament, die Kämpfe zu beenden, die begannen, als De-facto-Staatschef
Mohammed Margarief mit einer Pendeldiplomatie gescheitert war.
Zeitgleich machten Gerüchte über den Tod von Khamis Gaddafi und die
Verhaftung von Gaddafis Regierungssprecher Moussa Ibrahim die Runde.
Vizepremier Mustafa Bushagur bestätigte diese per Twitter.
Die Nachricht vom Tod von Muammar al-Gaddafis Sohn ging in wenigen Stunde
um die ganze Welt. Doch Fotos oder andere Bestätigungen blieb die Regierung
der Öffentlichkeit bis heute schuldig.
Facebook-Aktivisten der ersten Stunde witterten sofort eine ihnen bekannte
PR-Masche.
## Gezielte Falschmeldungen
„Das hat bei anderen regionalen Konflikten bisher immer gut funktioniert.
Um sich der Solidarität der anderen Städte zu sichern, hat man schon
häufiger Falschmeldungen oder Gerüchte lanciert. Über versteckte
Gaddafi-Leute, Föderalisten, je nach passendem Feindbild“, sagt Akivist
Mazig Buzaghar aus Tripolis: „Viele Blogger und junge Journalisten
vermuten, dass einige im neuen Parlament die Öffentlichkeit mit diesen
gezielten Falschmeldungen auf ihre Seite zu ziehen versuchen. Das sind die
Methoden des alten Regimes. Die neuen Machthaber sollten nicht vergessen,
dass die junge Generation sich das nicht mehr gefallen lässt.“
Internationale, aber auch libysche Medien haben den PR-Coup mit dem Tod von
Gaddafis Sohn kritiklos übernommen. Der den Muslimbrüdern nahestehenden
Sender al-Hurra wurde am Montag von Demonstranten wegen seiner einseitigen
Berichterstattung gestürmt.Es ist die Facebook-Generation, die nun
Aufklärung von der Regierung fordert.
„Wir wollen wissen, was in Bani Walid tatsächlich geschieht“, sagt Mazig
Buzaghar: „Ein Ende solcher Lügen war das Ziel unserer Revolution.“
23 Oct 2012
## AUTOREN
Mirco Keilberth
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Lakhdar Brahimi
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