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# taz.de -- Debatte US-Republikaner: Keine Rettung mit Ryan
> Die Republikaner müssen sich entscheiden, wie sie auf den Wandel in den
> USA reagieren wollen: Mit radikaler Selbstisolation oder innerer
> Modernisierung.
Bild: Kann er den Republikanern mehr Latino-Wählerstimmen bringen? Marco Rubio…
Als Barack Obama im Januar seinen Eid auf vier weitere Jahre als
US-Präsident mit einer riesigen Party feierte, war Mitt Romney lang
vergessen. Romney mit zerzaustem Haar [1][in der Achterbahn] oder mit
entrücktem Blick an einer Provinztankstelle – das sind die Bilder, die man
seit November von dem Mann, der seine Partei zurück ins Weiße Haus führen
sollte, zu sehen bekommt. Privatbilder.
Die Republikaner haben sich ihres Spitzenkandidaten zügig entledigt.
Geliebt war Romney nie; sein schneller Weg in die Bedeutungslosigkeit
spiegelt noch einmal wider, wie sehr sich die Republikaner zu dieser
Kandidatur durchringen mussten. Mitt Romney war ein wohlkalkulierter
Kandidat. Doch das Kalkül ist nicht aufgegangen.
Womit die konservative Partei Amerikas nach zwei verlorenen
Präsidentschaftswahlkämpfen vor der Frage steht, wie sie in einem sich
gesellschaftlich rasant veränderten Land künftig Wahlen gewinnen kann.
Gegen einen Amtsinhaber zu verlieren, der mit dem Gepäck einer schwachen
Wirtschaft und hohen Arbeitslosenquoten ins Rennen ging, ist ein
Armutszeugnis für eine Partei, die ganz auf die Wirtschaftskompetenz ihres
Kandidaten gesetzt hat.
## Frauen und Asiaten
In fünf der vergangenen sechs Präsidentschaftswahlen haben die Republikaner
den „popular vote“, also die Mehrheit der tatsächlichen Wählerstimmen,
gegen die Demokraten verloren. Hinzu kommt: Der demografische Wandel
spricht gegen sie. Fast drei Viertel der Stimmen von Latinos und Asiaten
gingen an Obama. 92 Prozent der Afroamerikaner und 55 Prozent der Frauen
entschieden sich für ihn – und gegen die Republikaner. Und die Minderheiten
werden innerhalb der nächsten Jahrzehnte die Mehrheit der Wählerschaft
stellen.
Doch wo liegt die Zukunft für die „Grand Old Party“ (GOP)? In der
Modernisierung und der alten Weisheit „elections are won in the middle“?
Oder kehrt der Erfolg mit einer weiteren Radikalisierung und der Übergabe
der Machtstrukturen an Vertreter der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung
zurück?
Die Puristen zeigen sich nach dem 2012-Debakel überzeugt, dass Romney zu
moderat gewesen sei. Sie ziehen daraus den Schluss, 2016 jemand wie Romneys
Vizepräsidentschaftskandidaten Paul Ryan oder Senator Marco Rubio (Florida)
ins Rennen zu schicken. Einen, der die konservativsten Kräfte der
Partei-Plattform bedient und dies mit einem entsprechenden
Abstimmungsverhalten untermauert.
Die Realisten unter den Republikanern hingegen schauen nüchtern auf die
Zahlen und drängen auf eine Modernisierung, um den Demokraten nicht
kampflos die Stimmen der Latinos, Schwarzen und Frauen zu überlassen. New
Jerseys Gouverneur Chris Christie gilt als Mann mit moderaten Haltungen,
etwa bei Themen wie Klimawandel und homosexuellen Partnerschaften. Mit
öffentlicher Kritik an der Waffenlobby NRA zog er kürzlich den Zorn der
konservativen Basis auf sich. Die innerparteiliche Debatte ist längst nicht
entschieden, wie auch der aktuelle Haushaltsstreit zeigt, in dem sich
Republikaner bei der Abstimmung von jeglicher Parteidisziplin lossagten.
## Reagan und Nixon
In ihrer langen Geschichte hat die GOP mehrere Phasen der ideologischen
Debatte durchlaufen. Ronald Reagan rückte die Partei in den 1980er Jahren
nach Jahren des Streits nach rechts, etwa durch sein Anti-Staats-Dogma.
Dennoch war er flexibel: Reagan, der keine Steuern mochte, stimmte mehrfach
Steuererhöhungen zu und führte die Vereinigten Staaten in das bis dato
größte Haushaltsdefizit ihrer Geschichte.
Die Tea Party lehnt Steuererhöhungen kategorisch ab, ihnen wäre heute wohl
auch Parteiheld Reagan zu moderat. Richard Nixon wiederum, der meist nur
auf seinen dramatischen Fall und die Watergate-Affäre reduziert wird,
setzte sich als Präsident für eine Gesundheitsreform ein, für bessere
Sozialleistungen und gründete die Umweltschutzbehörde EPA.
Die Republikaner haben also die Fähigkeit zur Erneuerung und Anpassung.
Wollen sie an alte Erfolge anknüpfen, muss sich die Partei den neuen
gesellschaftlichen und demografischen Realitäten öffnen. Was nicht heißt,
konservative Ideen aufzugeben. In diversen Umfragen ist die Zahl der
Amerikaner, die sich als konservativ bezeichnet, beständig höher als die
Zahl derer, die sich als liberal einstufen.
Für die GOP besteht die Kunst darin, konservative Ideen wie den so tief in
der Gesellschaft verwurzelten Freiheitsbegriff, Fiskalkonservatismus oder
die Überzeugung, dass weniger Staat mehr ist, in eine attraktive Rhetorik
einzubetten, die auf die Forderung nach Mauern an der Grenze zu Mexiko
ebenso verzichtet wie auf die Ideologie der Frau am Herd. Denn die
Klientel, die sich davon noch ansprechen lässt – eine ältliche weiße
Mittelschicht der ländlichen und suburbanen USA –, bildet nicht länger die
dominante Wählerschicht. Das Amerika der 50er und 60er Jahre mag noch als
TV-Serie funktionieren, die langsam verblassende Träume am Leben hält. Aber
ein Blick nach vorn ist das nicht.
## George W. und die Latinos
Auch unter Minderheiten existiert eine heterogene Wählerschicht, die
konservativen Ideen gegenüber aufgeschlossen ist. Das zeigt die jüngere
Parteigeschichte, in der es ein ansonsten nicht für seine modernen Ideen
bekannter George W. Bush im Präsidentschaftswahlkampf 2004 schaffte, mit
einer moderaten Einwanderungspolitik zahlreiche Stimmen unter den Latinos
zu gewinnen.
Wenn konservative Ideen ohne rückwärtsgewandte Ressentiments vorgetragen
werden, sind die Republikaner auch für Latinos und andere Minderheiten
wählbar. Denn von einer liberalen Revolution sind die USA trotz einer
zweiten Amtszeit des ersten schwarzen Präsidenten weit entfernt.
Und auch eine Spaltung der GOP ist aufgrund des politischen Systems mit
seinem relativen Mehrheitsrecht keine Option. Verlieren die moderaten
Republikaner die innerparteilichen Debatten der kommenden Monate, braucht
es jedoch weder eine liberale Revolution noch eine innerparteiliche
Spaltung, damit sich die Partei in Richtung Bedeutungslosigkeit bewegt.
5 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=rqpxH1wh4qc
## AUTOREN
Rieke Havertz
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