# taz.de -- Streit um Stuttgart 21: Bahn will kleineres Übel bauen | |
> Weil ein Ausstieg teuer werden könnte, halten Bahn und Bundesregierung an | |
> dem Projekt fest. Gegner und Befürworter drohen mit Klagen. | |
Bild: Bezahlen oder klagen, oder beides – der Stuttgarter Hauptbahnhof bleibt… | |
BERLIN taz | Bahn und Bundesregierung halten trotz enormer | |
Kostensteigerungen am umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 fest. „Ich | |
halte Stuttgart 21 nach wie vor für sinnvoll, sowohl aus verkehrlicher als | |
auch aus städtebaulicher Sicht“, sagte Bundesverkehrsminister Peter | |
Ramsauer (CSU) im Anschluss an eine Sitzung des Verkehrsausschusses des | |
Bundestags in Berlin. „Man kann nicht einfach ein Projekt zurückdrehen.“ | |
Alle Projektpartner – also die Bahn, das Land Baden-Württemberg und die | |
Stadt Stuttgart – trügen eine gemeinsame Verantwortung, auch für die | |
Mehrkosten. | |
Die Bahn plant, den Stuttgarter Hauptbahnhof – einen Kopfbahnhof – durch | |
einen Durchgangsbahnhof in einem Tunnel zu ersetzen. Zuletzt räumte die | |
Bahn Mehrkosten in Höhe von 1,1 Milliarden und ein Risiko von 1,2 | |
Milliarden ein. Insgesamt wird derzeit mit Kosten von 6,8 Milliarden Euro | |
gerechnet; ursprünglich sollte das Projekt 2,5 Milliarden kosten. | |
Die aktuelle Wirtschaftlichkeitsrechnung der Bahn, über die der | |
Aufsichtsrat am 5. März entscheiden wird, geht für das Projekt mittlerweile | |
von einer negativen Eigenkapitalverzinsung von minus 0,3 Prozent aus. Damit | |
ist das Projekt eigentlich unwirtschaftlich. Die Bahn setzt aber angebliche | |
Ausstiegskosten in Höhe von 2 Milliarden Euro dagegen; dadurch ergibt sich | |
ein positiver Kapitalwert des Projektes in Höhe von 77 Millionen Euro, da | |
ein Weiterbau ja Ausstiegskosten vermeidet. Vorgesehen ist eine | |
Inbetriebnahme des Bahnhofs Ende 2022; vor zwei Jahren plante die Bahn noch | |
eine Inbetriebnahme Ende 2019. | |
Der DB-Vorstand bejahe das Projekt, sagte Bahnchef Rüdiger Grube in Berlin. | |
Bei einem Ausstieg müsse die Bahn sofort 2 Milliarden Euro abschreiben, | |
außerdem müsste man bei einem Alternativprojekt bei Null anfangen. Daher | |
hätten andere Möglichkeiten für die Bahn „betriebswirtschaftlich große | |
Nachteile“. Sollte das Land Baden-Württemberg eine Beteiligung an den | |
erwarteten Mehrkosten verweigern, sei er als Vorsitzender einer | |
Aktiengesellschaft verpflichtet, „entsprechende Schritte einzuleiten“, | |
sagte er mit Blick auf eine mögliche Klage. | |
## Naiver Glaube | |
Auch die Grünen drohten mit Anwälten. Wenn der Aufsichtsrat für eine | |
Finanzierungserhöhung stimme, würden die Grünen alle parlamentarischen und | |
rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, dass die Mitglieder des Gremiums im | |
nächsten Jahr nicht entlastet würden, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate | |
Künast. Stattdessen solle die persönliche Haftung der | |
Aufsichtsratsmitglieder überprüft werden. | |
Der Grünen-Verkehrsexperte Anton Hofreiter nannte Stuttgart 21 ein | |
„unverantwortliches Projekt“. Es sei naiv zu glauben, dass die erwarteten | |
Kosten von 6,8 Milliarden Euro eingehalten würden. „Noch ist kein Tunnel | |
gegraben.“ Demgegenüber rechne die Bahn die Ausstiegskosten hoch; | |
realistisch seien etwa 600 Millionen. Ein politisches Problem sei aber: | |
„Wenn man abbricht, entstehen sofort Kosten; bei einem Weiterbau kommen die | |
hohen Kosten erst später.“ | |
27 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
Richard Rother | |
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