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# taz.de -- Kurden in der Freien Syrischen Armee: Gegen Assad und gegen die PKK
> Die Freie Syrische Armee wird von Kurden unterstützt. Sie stellen sich
> gegen die Arbeiterpartei PKK und kämpfen gegen das Assad-Regime.
Bild: Zehn Häuser wurden nach FSA-Angaben bei diesem Anschlag in Aleppo zerst�…
ALEPPO taz | Es war eine Nacht im Oktober 2012. Abu Mohammed verkündete in
einer Live-Schaltung auf al-Dschasira, dass die Freie Syrische Armee in
Zukunft eine kurdische Abteilung haben werde.
Jemand erkannte seine Stimme, und bald erreichte die Nachricht den
bewaffneten Flügel der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), dessen Männern das
Assad-Regime vor einem Jahr die Kontrolle über die Region der Kurden im
Nordosten Syriens überlassen hatte. Gerettet hat ihn ausgerechnet ein
PKK-Kämpfer, ein alter Freund, der ihn besuchte, eine Stunde, bevor sie ihn
verhaften wollten. Der Freund sagte ihm, er solle mit der ganzen Familie in
die Türkei fliehen.
Heute ist Abu Mohammed einer von 2.700 Männern des militärisch-kurdischen
Rats, des ersten Verbands der Kurden, der seit Dezember 2012 aufseiten der
Freien Syrischen Armee kämpft. Der Rat hat zwei Kampfeinheiten: die Liwa
al’Adl und die Liwa Salah al-Din, benannt nach dem berühmten kurdischen
Führer Saladin, der im Jahr 1187 die Kreuzfahrer bei Hattin in der Nähe der
heutigen israelischen Stadt Tiberias schlug. Mehrere hundert Männer sind
darüber hinaus in Schläferzellen organisiert, die in den wichtigsten
Kurdenstädten vertreten und bereit sind, gegen die PKK vorzugehen, wenn es
sein muss.
Während die PKK in der Türkei seit einem Vierteljahrhundert mit Waffen
gegen die türkische Armee für ein unabhängiges Kurdistan kämpft, wird sie
in Syrien als Verbündeter der Diktatur gesehen. Tatsächlich ist die PKK ein
alter Bekannter des Hauses Assad. Ihr Gründer Abdullah Öcalan lebte von
1980 bis 1998 in Damaskus, bis er das Land verlassen musste und von den
Türken in Kenia verhaftet wurde. In den Folgejahren rissen die Kontakte
zwischen der PKK und dem Regime nie ganz ab.
Als im Herbst 2011 in Syrien der bewaffnete Aufstand, der überwiegend von
arabischen Sunniten getragen wurde, losging, kam es zu einer Übereinkunft
zwischen Assad und der PKK, um eine zweite Front mit den Kurden zu
vermeiden. Das Regime zog sein Militär aus den kurdischen Zonen im
Nordosten zurück und überließ der PKK und ihrem syrischen Ableger, der
Partei der Demokratischen Einheit (PYD), die militärische Kontrolle.
## Das kleinere Übel
Dennoch genießt die PKK in den Kurdengebieten noch immer eine gewisse
Akzeptanz. Laut Abu Mohammed wählten die kurdischen Syrer das geringere
Übel. „Die Menschen fühlen sich beschützt, denn solange die PKK da ist,
wird ihre Region nicht von den Flugzeugen des Regimes bombardiert. Weil sie
ja Verbündete sind.
Aber jetzt ändert sich die Lage“, erläutert Abu Mohammed. „Ashrafiya, das
Kurdenviertel in Aleppo, ist zu den Aufständischen übergelaufen. Unsere
Leute kämpfen dort gegen das Regime. Sie gehören zu unserer Truppe. Denn
die Kurden sind gegen die Unabhängigkeit. Wir sind in erster Linie Syrer,
erst dann Kurden. Syrien ist für alle da: Araber und Kurden, Muslime und
Christen.“
Der Anführer des militärisch-kurdischen Rats, General Mohammed Khalil
al-Ali, ist der gleichen Ansicht. Ein Mann um die 50, wortkarg und gewohnt
zu befehlen. Er war bei einer Panzerdivision der syrischen Armee und ist
einer von tausenden Funktionsträgern, die dem Regime den Gehorsam
verweigert haben. Heute befehligt er die kurdische Kämpfer der Freien
Syrischen Armee, die in Aleppo ihre Basis haben. Die Kommandozentrale ist
in einer alten Keksfabrik im Industriegebiet Aleppos untergebracht.
## Karkes Essen und prächtige Moral
Ein kurzer Blick genügt, um festzustellen, dass die den Kurden zur
Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind. Es gibt keinen Strom, kein
Internet, das Essen ist karg, die Munition abgezählt. Dafür ist die Moral
prächtig. Auch weil General Khalil al-Ali seinen Männern einen speziellen
Auftrag erteilt hat.
„Wir sind der einzige militärisch-kurdische Flügel der Freien Armee. Als
Kurden sind wir die größte Minderheit des Landes nach den arabischen
Sunniten. Deswegen tragen wir eine große Verantwortung. Wir werden unsere
christlichen Brüder beschützen, die drusischen Brüder, die alawitischen
Brüder. Mein Vater hatte eine Firma zusammen mit einem Armenier und einem
weiteren Christen. Er sprach Kurdisch, Arabisch und Armenisch. Das ist das
Syrien, das ich kenne, das ist unsere Geschichte.“
Aus dem Italienischen von Sabine Seifert.
4 Mar 2013
## AUTOREN
Gabriele Del Grande
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