# taz.de -- Jahrestag der Fukushima-Katstrophe: Proteste in Tokio und Paris | |
> Tausende Japaner demonstrierten am Samstag gegen den Neubau von AKWs. | |
> Paris erlebte eine Menschenkette, und rund ums AKW Grohnde simulierten | |
> Aktivisten einen GAU. | |
Bild: Rüstige Aktivistin beim Anti-Atom-Protest in Tokio. | |
TOKIO/PARIS/GRONAU ap/dpa | Kurz vor dem zweiten Jahrestag der Katastrophe | |
von Fukushima ist es am Samstag weltweit zu Demonstrationen für einen | |
Ausstieg aus der Atomenergie gekommen. Proteste gab es in Tokio und Paris, | |
aber auch in mehreren deutschen Städten. | |
In der japanischen Metropole Tokio gingen Tausende Bürger auf die Straße. | |
Scharfe Kritik äußerten die Aktivisten am Samstag am konservativen | |
Ministerpräsidenten Shinzo Abe, der viele der noch vorsorglich | |
stillgelegten Meiler wieder hochfahren und sogar neue bauen will. Zurzeit | |
sind nur zwei der 50 Atomkraftwerke in Betrieb. | |
So große Demos wie an diesem Samstag hat es in Japans seit den Protesten | |
gegen den Vietnamkrieg in den 1960ern nicht mehr gegeben. Nach Angaben der | |
Organisatoren beteiligten sich rund 13.000 Menschen. Die Demonstranten | |
applaudierten und schwenkten Transparente mit Aufschriften wie "Rettet | |
unsere Kinder". | |
Die Atomkraftgegner haben prominente Unterstützer in Japan: | |
Literaturnobelpreisgewinner Kenzaburo Oe sagte auf der Kundgebung in einem | |
Park: „Ich werde gegen jeden kämpfen, der so tut, als hätte es Hiroshima, | |
Nagasaki und Fukushima nie gegeben.“ Auch der Oscar- und Grammygewinner | |
Ryuichi Sakamoto wurde am Abend für ein Anti-Atom-Konzert in Tokio | |
erwartet. | |
Noch immer sind rund 160.000 Menschen nicht in ihre Häuser in der | |
Katastrophenregion im Nordosten des Landes zurückgekehrt - aus Angst vor | |
Krebs und anderen Spätfolgen der radioaktiven Strahlung. Auslöser des | |
Atomunfalls waren ein Erdbeben und ein Tsunami, dabei starben am 11. März | |
vor zwei Jahren rund 19.000 Menschen. Am Sonntag waren in Japan weitere | |
Proteste geplant. | |
## „Heute inaktiv, morgen radioaktiv“ | |
In Paris bildete sich eine Menschenkette, die für einen Atomausstieg | |
Frankreichs demonstrierte. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich | |
etwa 20.000 Menschen an der Aktion. | |
„Heute inaktiv, morgen radioaktiv“ und „Nie wieder Fukushima“ stand auf | |
Plakaten. Auch aus Deutschland reisten Aktivisten an. Von den 19 | |
französischen Atomkraftwerken befinden sich 3 in einem Radius von weniger | |
als 250 Kilometern Entfernung zur deutschen Grenze. | |
„Wir fordern die Stilllegung aller Reaktoren, die über 30 Jahre alt sind“, | |
sagte ein Sprecher. Darunter fallen etwa 20 der insgesamt 58 Reaktoren. | |
Organisiert wurde die Menschenkette von dem Bündnis „Sortir du nucléaire“ | |
(Raus aus der Atomenergie). | |
Frankreich ist nach den USA das Land mit den meisten Kernreaktoren in der | |
Welt. Eine schwere Atomkatastrophe könnte in Frankreich | |
volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von mehr als 400 Milliarden Euro | |
verursachen, haben französische Wissenschaftler kürzlich berechnet. | |
## Evakuierungs-Simulation ums AKW Grohnde | |
Tausende Menschen nahmen auch an Aktionen im Münsterland und Ostwestfalen | |
teil. Die Demnstrationen liefen überall friedlich, teilte die Polizei mit. | |
In ostwestfälischen Städten wie Detmold, Minden, Paderborn, Herford, | |
Höxter, Bad Driburg und Blomberg simulierten Umweltschützer | |
Evakuierungsmaßnahmen nach einer Atomkatastrophe mit Flüchtlingstrecks und | |
Dekontaminierungsstationen. Landwirte errichteten Mahnwachen. In der | |
Innenstadt von Detmold gab es eine Menschenkette. | |
Die Aktionen waren Teil einer Großdemonstration gegen das Kraftwerk Grohnde | |
im benachbarten Niedersachsen. Dort inszenierten nach Veranstalterangaben | |
20.000 Menschen, was geschehe, wenn nach einem Reaktor-Störfall die | |
Bewohner eines 380 km umfassenden Gebietes in Sicherheit gebracht werden | |
müssten. Die Organisatoren sprachen von 3.500 Teilnehmern auf | |
nordrhein-westfälischer Seite. Die Polizei Lippe zählte insgesamt 2.500. | |
Auch im münsterländischen Gronau verliehen Atomkraftgegner ihrem Protest | |
Ausdruck. 700 versammelten sich nach Angaben der Polizei rund um die | |
Urananreicherungsanlage. Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland | |
gegen Atomanlagen sprach von 1.200 Teilnehmern aus unterschiedlichen | |
Umweltgruppen. Bei Kundgebungen sprachen Umweltaktivistinnen aus Japan und | |
Russland. | |
Derzeit liegt der Betreiber-Firma Urenco eine unbefristete | |
Betriebsgenehmigung für Gronau vor. Die Aktivisten fordern die | |
Landesregierung auf, Atomtransporte durch NRW zu stoppen und landesweit | |
alle Atom-Anlagen zu schließen. | |
Demonstrationen für einen schnelleren Atomausstieg in Deutschland fanden | |
auch an den AKWs im bayerischen Grundremmigen und im | |
baden-württembergischen Neckarwestheim statt. | |
9 Mar 2013 | |
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