# taz.de -- Urananreicherung in Gronau: Atommüll bis mindestens 2120 | |
> AKW-Gegner halten Stresstest für die Anlage im Münsterland für | |
> „verharmlosend“. Minister Altmaier habe Gefahren gezielt ausgeblendet. | |
Bild: Protest gegen Gronau gab es schon im März 2012. | |
BOCHUM taz | Mit Wut reagieren Umweltaktivisten auf den jüngsten Stresstest | |
zur Sicherheit deutscher Atomanlagen. „Unglaublich“ sei, dass die im | |
Auftrag von CDU-Bundesumweltminister Peter Altmaier arbeitende | |
Entsorgungskommission weder Terrorangriffe noch chemische Folgereaktionen | |
untersucht habe, kritisiert Matthias Eickhoff von der [1][Initiative | |
Sofortiger Atomausstieg]. „Gefahren werden verharmlost“, sagt Udo Buchholz | |
vom [2][Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz]. | |
Untersucht hatte die Kommission lediglich, wie wahrscheinlich der Austritt | |
von Radioaktivität als Folge etwa von Erdbeben, Überflutungen, Bränden oder | |
Stromausfall ist. Betrachtet wurden dabei die atomaren Zwischenlager und | |
die Urananreicherungsanlage (UAA) im münsterländischen Gronau. Die AKWs | |
selbst waren bereits 2012 einem Test unterzogen worden. | |
In Gronau wird der Atombrennstoff in Form von Uranhexafluorid angereichert; | |
gerät dies in Kontakt mit Luft, entstehe „tödliche Flusssäure“. Auf die | |
Sicherheitsbewertung hatte dies trotzdem keinerlei Einfluss: „Die | |
Auswirkungen von chemotoxischen Stoffen werden nicht betrachtet“, heißt es | |
im 207-Seiten-Bericht. | |
Nicht bewertet werden auch die Folgen eines Flugzeugabsturzes. Dazu fehlten | |
„geheimhaltungsbedürftige Unterlagen“. Kurz vor ihrer Abwahl 2005 hatte die | |
rot-grüne Landesregierung unter Peer Steinbrück noch die Lagerung von bis | |
zu 50.000 Tonnen Uranhexafluorid genehmigt – unter freiem Himmel. | |
## Auch Sorge wegen Ahaus | |
Aktuell versorgt die UAA jedes zehnte AKW weltweit mit Brennstoff. Erst am | |
22. März bekräftigte die Bundesregierung auf Anfrage der Linkspartei, ab | |
2014 dürften zusätzlich bis zu 60.000 Tonnen des Abfallprodukts Uranoxid | |
zeitlich „unbegrenzt“ in einer neuen Lagerhalle aufbewahrt werden. „In | |
Großbritannien plant der UAA-Betreiber Urenco eine Langzeitlagerung | |
mindestens bis zum Jahr 2120“, warnt Kritiker Buchholz. Gronau werde | |
„faktisch zum Endlager“. | |
Sorgen bereitet den Atomkraftgegnern auch das benachbarte Zwischenlager | |
Ahaus. Beim Absturz eines Flugzeugs könne es „zu einem Einsturz von Wänden | |
und der Dachdecke“ kommen, hält die Entsorgungskommission fest. Im Fall des | |
Zwischenlagers des Kernforschungszentrums Jülich sorgt sich die | |
Entsorgungskommission selbst. Die Folgen eines „auslegungsüberschreitenden | |
Erdbebens“ seien bisher nicht geprüft worden. Auch die „Untersuchungen zum | |
Flugzeugabsturz“ entsprächen „nicht mehr dem heutigen Stand von | |
Wissenschaft und Technik“. | |
Der Vorsitzende der Kommission, der aus der Anti-AKW-Bewegung stammende | |
Michael Sailer, rechtfertigt sein Vorgehen: Besonders bei der UAA Gronau | |
sei Geheimhaltung Pflicht. „Weder der Iran noch andere sollten die | |
Konstruktionspläne kennen“, sagt der Chef des Öko-Instituts. „Die | |
Urananreicherung ist der einfachste Weg zur Atombombe.“ | |
Die Grünen sehen dagegen die Bundesregierung in der Pflicht. Statt Atommüll | |
wie geplant von Jülich ins marode Zwischenlager Ahaus schaffen zu lassen, | |
müsse der Bund als Haupteigner für eine sichere Aufbewahrung im | |
Atomforschungszentrum selbst sorgen, sagt Hans Christian Markert, | |
atompolitischer Sprecher der NRW-Grünen. Das Wirtschaftsministerium – in | |
NRW Atomaufsicht – prüft, ob erhöhte Sicherheitsauflagen oder eine | |
Stilllegung der Anlage möglich sind. Große Hoffnung machen die | |
Ministerialen den Atomkraftgegnern aber nicht. „Nach gegenwärtigem | |
Kenntnisstand“, heißt es auf taz-Anfrage, liege „kein belastbarer Grund f�… | |
einen Widerruf der Betriebsgenehmigung“ vor. Noch aber seien „die | |
Rechtsprüfungen nicht abgeschlossen“. | |
3 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.netzwerk-antiatom.de/l/sofa-muenster-initiative-fuer-den-soforti… | |
[2] http://www.bbu-online.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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