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# taz.de -- Koalition in Nordrhein-Westfalen: Kein Spaziergang
> SPD und Grüne haben sich in NRW endlich auf einen Koalitionsvertrag
> geeinigt. Ab 2017 wollen sie jährlich eine Milliarde Euro sparen, das
> kostenlose zweite Kita-Jahr fällt raus.
Bild: Na, der Koalitionsvertrag geht grade noch als Geburtstagsgeschenk durch.
DÜSSELDORF taz | Müde, erschöpft und angestrengt sieht Nordrhein-Westfalens
SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aus, als sie am Dienstagmittag die
Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen präsentiert. Der dreiwöchige Poker
mit den Grünen ist erst am frühen Morgen nach fünf Uhr zu Ende gegangen.
Für eineinhalb Stunden Schlaf ist Kraft danach ins heimatliche Mülheim
gefahren – und dann zurück in die Landeshauptstadt Düsseldorf. Krafts grüne
Stellvertreterin, Schulministerin Sylvia Löhrmann, sowie die Fraktionschefs
Norbert Römer (SPD) und Reiner Priggen (Grüne) wirken nicht viel frischer.
Dabei hatten die Verhandlungen ein problemloser Spaziergang werden sollen.
Schließlich ist Kraft schon seit 2010 Chefin einer rot-grünen
Minderheitsregierung. Seit den Neuwahlen im Mai verfügt Rot-Grün sogar über
eine satte Mehrheit von 128 der 237 Landtagssitze. Stattdessen mussten
Sozialdemokraten und Grüne in vertraulichen Runden bis tief in die Nacht
ungeklärte Streitpunkte ausräumen: die Energiepolitik, die Lehrerstellen,
ein weiteres kostenloses Kita-Jahr, der Nichtraucherschutz.
Nach ihrem Wahlsieg hatten Kraft und Löhrmann immer wieder rot-grüne
Gemeinsamkeiten betont. Nun mussten sie ihren Unterhändlern mehr als 10
Stunden lang die „Beichte“ abnehmen, um den Koalitionsvertrag wie
versprochen am Dienstag pünktlich zu Krafts 51. Geburtstag vorstellen zu
können.
Offiziell wollen beide das natürlich so nicht präsentieren. „Wir haben ein
gutes Ergebnis für NRW erzielt“, lobt Kraft das Bündnis - und beginnt mit
der Finanzpolitik: In die Landesverfassung soll eine Schuldenbremse
eingebaut werden. Spätestens ab 2017 will Rot-Grün jährlich eine Milliarde
Euro einsparen. Dazu sollen die Verwaltung gestrafft und Förderprogramme
von Subventions- auf Darlehensbasis umgestellt werden.
## „Fast nichts zu verteilen“
Außerdem setzt Kraft auf eine „Rendite“ ihrer „präventiven Sozialpoliti…
Die soll die Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz ebenso verringern
wie die der Intensivstraftäter – und so Kosten für berufliche
Warteschleifen und Knäste senken. Doch die Sozialdemokratin weiß, wie knapp
ihre Haushalte künftig gestrickt sein werden: „Es gibt fast nichts zu
verteilen“, muss sie zugeben.
Dass die Einsparungen von der Abwicklung der maroden einstigen Landesbank
WestLB, die sich in der Finanzkrise um ihre Existenz spekuliert hat,
aufgefressen werden könnten, bestätigt Kraft erst auf Nachfrage. Das von
der SPD gewünschte kostenlose zweite Kita-Jahr wurde deshalb nicht
festgeschrieben.
Trotzdem lobt auch die Grüne Löhrmann die „intensive, aber auch produktive
Nacht“. Die Schulministerin freut sich über mehr Inklusion, also
gemeinsamen Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Kinder, ebenso
über mehr Nichtraucherschutz.
Die Antiatompolitik dagegen nimmt nicht mal eine der 200 Seiten im
Koalitionsvertrag ein. Die von Atomkraftgegnern geforderte Stilllegung von
Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage im münsterländischen Gronau
etwa wird zwar unterstützt – aber nur als unverbindliche Absichtserklärung.
Strittig bleibt auch der restliche Energiesektor.
Die demonstrative Harmonie Krafts und Löhrmanns könnte sich also weiter
erschöpfen. Trotzdem gilt als sicher, dass Parteitage von SPD und Grünen
dem Koalitionsvertrag am Freitag zustimmen werden – dazu waren die
Verhandlungen schließlich anstrengend genug.
12 Jun 2012
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Atom
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