# taz.de -- Austiegsprogramm für Rechte: Exit vor dem Exit | |
> Die Austiegshilfe für Anhänger der rechten Szene muss wohl dichtmachen. | |
> Die Politik sagt. Kein Geld, geht nicht anders. Gutachter sagen: Klar | |
> geht das! | |
Bild: „Ich will da raaaaauuuus!“ | |
HAMBURG taz | Schon 2009 wollte Oliver Podjaski, Sänger der Rechtsrock-Band | |
„Hauptkampflinie“, raus aus der Szene. „Ich konnte nicht mehr an diesen | |
Götzen ’deutsches Vaterland‘ glauben und kann nur warnen“, sagte er der | |
taz. Der Ausstieg war langwierig. 2012 schaffte er ihn – auch dank Exit. | |
Die Ausstiegshilfe aus Berlin konnte bundesweit über 480 Menschen helfen, | |
die Szene von NPD bis Autonomen Nationalisten zu verlassen. Nach über zehn | |
Jahren steht Exit nun vor dem Aus, weil die öffentliche Förderung ausläuft. | |
„Die Situation ist ernst, diese Woche muss ich die Kündigungen an meine | |
Mitarbeiter verschicken“, sagt Exit-Geschäftsführer Bernd Wagner. | |
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat über ein | |
Xenos-Sonderprogramm die Ausstiegsorganisation weitgehend finanziert. In | |
den vergangenen vier Jahren flossen insgesamt 150.000 Euro, so Wagner. Exit | |
selbst nahm in derselben Zeit durch Aufträge und Senden rund 100.000 Euro | |
ein. Ende April läuft die staatliche Finanzierung aus. | |
Der Träger von Exit, die ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH, | |
versucht derzeit mit dem Familienministerium über eine Weiterfinanzierung | |
zu sprechen. Das Ministerium von Kristina Schröder (CDU) will sich | |
gegenüber der taz jedoch nicht dazu äußern. | |
Seit Jahren kränkelt nicht nur Exit an der „Projekteritis“. | |
Anti-Rechts-Initiativen, Beratungsnetze und Anlaufstellen für Opfer hangeln | |
sich oft von einer Projektförderung zur nächsten. Timo Reinfrank von der | |
Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung weiß, wie viel Zeit und | |
Ressourcen die ständige Antragsstellung bindet. „Die fehlende Kontinuität | |
staatlicher Unterstützung stärkt Neonazis und Demokratieverdrossenheit“, | |
sagt er. | |
## „Eine dauerhafte Finanzierung ist verfassungsrechtlich möglich“ | |
Mehrere Initiativen haben nun ein Gutachten über die Möglichkeiten der | |
dauerhaften Förderung erstellen lassen. Das Gutachten widerspricht der | |
Auffassung des Bundesfamilienministeriums, wonach es rechtliche keine | |
Alternative dazu gebe, Beratungs- und Bildungsarbeit einmalig und befristet | |
zu fördern. | |
„Eine dauerhafte Finanzierung ist verfassungsrechtlich möglich“, erklären | |
die Staatsrechtler Ulrich Battis und Joachim Grigoleit in dem Gutachten. | |
Denn diese Förderung sei eine „staatliche, insbesondere aber | |
gesamtgesellschaftliche Verantwortung“. „Seit Beginn der Bundesprogramme | |
kämpfen die Projekte ständig um eine dauerhafte Finanzierung. Das muss | |
endlich ein Ende haben“, sagt Bianca Klose, Geschäftsführerin des Vereins | |
für Demokratische Kultur in Berlin. Timo Reinfrank von der | |
Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung betont: „’Ein Projekt und | |
dann ist das Problem gelöst‘ – diese Förderlogik spiegelt die | |
Fehleinschätzung des Phänomens wider.“ | |
Wie langwierig eine Begleitung eines Ausstiegs sein kann, wird bei Tanja | |
Privenau sichtbar. 2005 verließ sie mit ihren Kindern die Szene. 2013 | |
gelang es ihr, mit der Hilfe von Exit vor dem Bundesverfassungsgericht dem | |
Vater dem Umgang mit den Kindern zu untersagen, da eine dauerhafte | |
Gefährdung bestehe. Monika Lazar, Bundestagsabgeordnete der Grünen, sagt: | |
„Exit muss kontinuierlich vom Bund gefördert werden“. | |
20 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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