| # taz.de -- Bremer Projekt für Angehörige von Nazis: Wenn Vati „Kategorie C… | |
| > Die bremische Fachstelle „Rechtsextremismus und Familie“ erweitert ihr | |
| > Beratungsangebot, weil sich Radikalismus über alle Generationen | |
| > erstreckt. | |
| Bild: Machen ihren Familien Kummer: Glatzköpfe aus der rechten Szene. | |
| Bremen taz | Jung, männlich, bildungsfern und gewaltbereit. Seit | |
| Jahrzehnten bestimmen diese Attribute die Wahrnehmung des | |
| Rechtsextremismus. Seit Jahrzehnten genügen sie aber nicht, um das | |
| politische Phänomen zu erfassen. Bei den Protesten gegen | |
| Flüchtlingsunterkünfte sind nicht alleine Jugendliche ohne Beruf und | |
| Bildung auf der Straße. Verschiedene Studien belegen seit Jahren: Ab Mitte | |
| 30 nehmen die rechten Ressentiments zu. | |
| „Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist ein gesamtgesellschaftliches | |
| Problem“, sagt Lisa Hempel. Sie ziehe sich durch alle sozialen Milieus und | |
| komme in den besten Familien vor, sagt die Leiterin der bundesweiten | |
| Fachstelle „Rechtsextremismus und Familie“ (RuF) in Bremen. Im kommenden | |
| Jahr will die Fachstelle ihr Angebot für die gesamte Familie verstärken. | |
| Dabei geht es um den Großvater, der nicht bloß von der Kameradschaft im | |
| Zweiten Weltkrieg schwärmt, um den Vater, der gerne „[1][Kategorie C“ hör… | |
| oder die Schwester, die der NPD nahe steht. Die Fachstelle, die an die | |
| Jugendbildungsstätte Lidice-Haus angegliedert ist, will ihren Blick weiten. | |
| Denn die enge Wahrnehmung des Phänomens führt auch in der Präventions- und | |
| Ausstiegsberatung zu einer Verengung auf Jugendliche und junge Erwachsene. | |
| Das fiel schon vor zehn Jahren auf, als Tanja Privenau aus der | |
| rechtsextremen Szene ausstieg – nach 20 Jahren in der Szene mit fünf | |
| Kindern. Die Ausstiegshilfe musste damals neue Wege finden. Hier kann nun | |
| auch die Fachstelle helfen. In ihrem Fokus steht aber vor allem die | |
| persönliche Beratung der Angehörigen von Rechtsradikalen, sagt Oliver Guth, | |
| einer der drei Mitarbeiter der Stelle. Eltern und Geschwister können sich | |
| an sie wenden, aber auch Nachbarn und Vereinsfreunde. Das Erstarken von | |
| rechten Einstellungen in Familien stelle „eine besondere Herausforderung“ | |
| dar, sagt Hempel. | |
| In Kindergärten und Schulen kann es den Pädagoginnen passieren, dass bei | |
| einem Elterngespräch zum Thema „Nazichic“ die Erziehungsberechtigten | |
| [2][selbst im Ansgar-Aryan-Look] erscheinen. Auf der Webseite, die der | |
| NPD-Kader Patrick Schröder verantwortet, wirbt die Marke mit dem Slogan: | |
| „In dieser ehrlosen Zeit, in der alte Werte nicht mehr gelten, steht Ansgar | |
| Aryan für wahre Freunde, alte Helden, germanische Götter und echte Ideale.“ | |
| In solchen Fällen müssten die Einrichtungen eine neue Form der | |
| Auseinandersetzung mit den Eltern suchen, sagt Guth. | |
| Schon der Name der Modemarke, hätte eine Warnung sein können: Er setzt sich | |
| aus beiden althochdeutschen Wörtern „ans“ für Gott und „gair“ für Sp… | |
| „Götterspeer“ zusammen und wird durch das englische Wort für arisch | |
| ergänzt. Diese Marken und Szenecodes seien den pädagogischen Einrichtungen | |
| und sozialen Diensten oft nicht geläufig, sagt Guth – auch weil die Szene | |
| immer wieder neues Labels und Codes nutzt. | |
| Die Fachstelle will die Pädagogen und Sozialarbeiter für diesen | |
| rechtsradikalen Lebensstil sensibilisieren. „Nicht aber ohne die eigenen | |
| Einstellungen zu hinterfragen“, sagt Hempel. Denn ein nicht frühzeitiges | |
| Erkennen könne auch etwas mit „selbst nicht wahrhaben wollen“ zu tun haben. | |
| In der Mitte der Gesellschaft würden bestimme Einstellungen und Vorurteile | |
| oft nicht als rechtsradikal bewertet, sagt die Soziologin und Kriminologin. | |
| Eine gängige neue Formulierung sei: „Ich bin ja kein Rassist oder Nazis, | |
| aber ...“ Gerade auf solche fließenden Übergänge wolle sie aufmerksam | |
| machen. | |
| Die Beratung ist auch der Versuch, Eltern bei der Annäherung an ein | |
| vermeintlich verlorenes Kind zu begleiten. So sei eine Mutter sehr froh | |
| gewesen, als ihr Sohn sich vor Weihnachten wieder meldete, berichtet Guth. | |
| Doch was er sich zu Weihnachten wünschte, wurde sofort eine weitere | |
| Herausforderung. Der Sohn wollte den neusten Szenechic und schickte auch | |
| gleich die Links zu den entsprechenden Internethändlern mit. „Die Mutter | |
| fand eine gute Lösung“, sagt Guth. Am Ende lagen dann doch keine | |
| Nazi-Sachen unterm Tannenbaum. | |
| 7 Jan 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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