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# taz.de -- Drei Szenarien für Zypern: Rettung oder Untergang?
> Das zyprische Parlament hat das EU-Rettungspaket abgelehnt. Und nun? Drei
> Szenarien: Selbsthilfe, Hilfe aus Russland, Pleite.
Bild: „Nein“ aus Nikosia zur Zwangsabgabe der zyprischen Sparer. Jetzt sind…
## I: Zypern hilft sich selbst
Die EU-Kommission hat am Mittwoch deutlich gemacht, dass sie auf einem
Eigenanteil Zyperns in Höhe von 5,8 Milliarden Euro besteht, bevor ein
Kredit fließt. Die Sparerzwangsabgabe ist gescheitert. In Nikosia wird
deshalb über eine Alternative nachgedacht: Der Bevölkerung könnten
Staatsanleihen angeboten werden, mit der die geforderte Summe gesammelt
wird. Der große Unterschied wäre, dass die Zeichnung dieser Anleihen
freiwillig wäre - ein Akt nationaler Solidarität ähnlich dem massenhaften
Kauf von Kriegsanleihen durch die Deutschen im Ersten Weltkrieg (die später
völlig wertlos waren). Locken könnte die zyprische Regierung ihr Volk mit
den prognostizierten Einnahmen aus den Gasfunden.
Zypern würde sich so quasi am eigenen Schopf aus dem Schuldensumpf ziehen.
Unklar ist dabei, ob mit dieser Operation auch genügend Geld zusammenkäme,
zumal alles sehr schnell gehen müsste. Immerhin hat Erzbischof Chrysostomos
II. schon angekündigt: Die Kirche und die Klöster werden für die Rettung
des Landes alles zur Verfügung stellen."
Im Gespräch ist auch, die Pensionsfonds staatlicher und halbstaatlicher
Firmen anzuzapfen. Damit beschaffte sich Zypern schon im letzten November
neues Bargeld. Die Gefahr dabei: Geht die Operation schief, sind auch die
Renten weg.
Das Ergebnis, wenn alles klappen würde: Zypern bekommt die fehlenden 6
Milliarden Euro zusammen. Die EU dürfte gegen diese Art der
Eigenfinanzierung kaum Einwände haben - die 10 Milliarden Euro Kredit
könnten fließen. Das Land wäre gerettet.
****
## II: Russland hilft
Nach der Ablehnung einer Sparerzwangsabgabe durch das zyprische Parlament
am Dienstagabend setzt die Regierung in Nikosia jetzt auf Russland:
Finanzminister Michalis Sarris flog schon am Dienstag zu Verhandlungen über
frische Kredite nach Moskau.
Tatsächlich verbindet Zypern und Russland einiges. Da ist das gemeinsame
orthodoxe Christentum. Hunderttausende russische Touristen besuchen
jährlich die Insel, Zehntausende leben dort permanent. Vor allem haben
Russen auf der Insel mit den niedrigsten Steuersätzen Europas nach
Schätzungen über 20 Milliarden Euro bei Zyperns Banken angelegt. „Unfair,
unprofessionell und gefährlich" nannte Präsident Putin denn auch die
geplante Sparerzwangsabgabe, die viele russische Multimillionäre hart
treffen würde. Dem entsprechend hat Russland ein vitales Interesse daran,
dass Zypern nicht pleitegeht.
Bei Hilfen aus Moskau geht es zunächst einmal um eine Verlängerung des
Kredits in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, den Russland 2011 an Zypern
vergeben hat. Doch das wird nicht genügen. Und da kommen die reichen
Gasvorkommen ins Spiel, die vor der Küste Zyperns gefunden worden sind. Die
Royal Bank of Scotland schätzt deren Wert auf mehr als 600 Milliarden Euro.
Zypern könnte Teile seiner Gasgesellschaft Kretik an den Konzern Gazprom
verkaufen und so frisches Geld einnehmen. Zudem wird über einen Verkauf der
notleidenden Laiki-Bank und der Bank of Cyprus an russische Investoren
spekuliert.
Die Lösung sähe dann so aus: Zypern erhält knapp 6 Milliarden Euro frisches
Geld aus Moskau. Damit ist der von der EU geforderte Eigenanteil erbracht,
und die 10 Milliarden Euro EU-Rettungskredit können fließen - wenn Brüssel
diesem Deal zustimmt.
****
## III: Zypern geht Pleite
Schon jetzt können die überschuldeten Geldinstitute Laiki Bank und Bank of
Cyprus nur dank des Notprogramms ELA der Europäischen Zentralbank (EZB)
weiterarbeiten. Wenn die Banken am Donnerstag - oder später - erstmals seit
Tagen wieder öffnen, droht ein Ansturm von Sparern, die ihre Einlagen
retten wollen. Zyperns Zentralbank plant deswegen Kapitalkontrollen wie
etwa eine Begrenzung von Überweisungen ins Ausland. Doch niemand weiß, ob
die Banken den Ansturm überstehen.
Kommt es nicht zu einer schnellen Einigung mit der EU, droht EZB-Direktor
Jörg Asmussen damit, die Bankenhilfe zu entziehen. Das aber wäre das Ende
der beiden Großbanken. Die Sparer würden nicht, wie ursprünglich
vorgesehen, zwischen 6,75 und 9,9 Prozent ihrer Einlagen verlieren, sondern
alles. Allein bei den Banken gingen über 10.0000 Arbeitsplätze verloren.
Der Staat besitzt derzeit nur noch bis Anfang Juni genug Geld, wenn die
Rückzahlung einer Anleihe fällig wird. Alle Kreditverhandlungen scheitern.
Danach könnte das Land keine Löhne und Gehälter mehr bezahlen. Die
Wirtschaft würde zusammenbrechen, Hungerunruhen drohten. Touristen würden
um Zypern einen großen Bogen machen.
Das Ergebnis: Zypern tritt aus dem Euro aus, führt das Zypern-Pfund wieder
ein, das zugleich drastisch abgewertet werden muss. Importe werden
unbezahlbar, die Insel verarmt. Erst nach Jahren oder Jahrzehnten geht es
langsam wieder aufwärts.
20 Mar 2013
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
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