# taz.de -- Kommentar Zypern: Es sind die Reichen, Dummerchen! | |
> Der Fall Zypern zeigt: Das internationale Finanzsystem ist unsicherer | |
> denn je. Der IWF schlägt nun völlig zu Recht Alarm. | |
Bild: Banken können aber doch so schön sein: Los Angeles | |
Nach Ausbruch der Finanzkrise forderten nicht nur die üblichen | |
Finanzkapitalismuskritiker von Attac ein Ende des Laisser-faire auf den | |
Finanzmärkten. Nie wieder dürfe ein Staat von einer Bank erpresst werden | |
können, sagte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auf den Finanzmärkten | |
sollten kein Ort und kein Akteur ohne Regulierung bleiben. | |
Die Staats- und Regierungschefs der G20, der großen Industrie- und | |
Schwellenländer, kündigten 2009 auf ihrem Gipfel in London eine ganze Reihe | |
sinnvoller und zum Teil geradezu radikaler Reformen an. Dazu gehörte unter | |
anderem das Austrocknen der Steueroasen, die Schaffung eines | |
grenzüberschreitenden Finanzaufsichtssystems, die Änderung der | |
Vergütungsregeln für Manager und nicht zuletzt auch eine Beteiligung der | |
Banken an den Krisenkosten. | |
Wie sich die Situation seither entwickelt hat, dafür bietet gerade Zypern | |
ein Beispiel. Keine Rede ist mehr davon, die Banken, die die Misere | |
verursacht haben, zur Kasse zu bitten. Auch nicht ihre Kapitalgeber. Nein, | |
die Bankkunden – zumeist kleine oder mittlere Sparer, sollen per | |
Zwangsabgabe zur Sanierung beitragen. Der Fall Zypern zeigt aber noch | |
etwas: Das Finanzsystem ist keineswegs sicherer geworden. | |
Jetzt schlägt die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine | |
Lagarde, Alarm. Die neue Finanzmarktarchitektur sei höchstens zur Hälfte | |
fertig. Ein paar Beispiele: Statt Schattenbanken zu regulieren, streitet | |
man sich noch darüber, was darunter genau zu verstehen ist. Währenddessen | |
ziehen sich diese Finanzfirmen in die kein bisschen ausgetrockneten | |
Steueroasen zurück, wohin ihnen garantiert kein Aufseher folgen kann. | |
## | |
Zwar haben etwa die USA und die EU durchaus einige gesetzgeberische | |
Aktivitäten entfaltet. Doch vieles davon ist unkonkret und halbherzig. So | |
steht in Deutschland gerade ein Gesetz zur Regulierung von Hedgefonds kurz | |
vor der Verabschiedung. Doch weder sind damit irgendwelche Einschränkungen | |
der riskanten Geschäfte dieser Fonds verbunden noch nennenswerte | |
Anforderungen an das Eigenkapital, mit dem notfalls ein Zusammenbruch | |
verhindert werden könnte. | |
Die EU wiederum hat gerade eine Deckelung von Bonuszahlungen für | |
Bankmanager beschlossen. Wie lächerlich: Auch ohne Boni sind die | |
Vorstandsbezüge der großen Konzernmanager etwa in Deutschland seit dem | |
Mauerfall von im Schnitt umgerechnet 300.000 auf 6 Millionen Euro im Jahr | |
angestiegen. | |
Schlimm. Aber womöglich noch schlimmer: Die Klagen sind nichts wirklich | |
Neues. Schon 2010, vor Lagardes Amtsantritt, hatte der IWF auf seiner | |
Jahresversammlung moniert, dass es mit den Finanzreformen nicht recht | |
vorangehe. | |
Moment mal – ist nicht der IWF einer der größten und mächtigsten Akteure im | |
Finanzsektor? Sind die Kritisierten nicht die mächtigsten und reichsten | |
Staaten der Welt? Gegenfrage: Wer ist wohl noch mächtiger als IWF und die | |
kaputtgesparten Staaten? Geld ist bekanntlich Macht, und das Geld liegt | |
zunehmend in den Händen einer winzigen „Elite“. | |
Die reichsten zehn Prozent der Deutschen verfügen verschiedenen Quellen | |
zufolge über 53 bis 66 Prozent des gesamten Vermögens. Und weil | |
Investitionen in der Realwirtschaft nur realistische – also vergleichsweise | |
bescheidene – Renditen bringen, legen die Superreichen ihr Geld lieber auf | |
den Finanzmärkten an, wo es sich mehrt und sie noch reicher macht. Mehr als | |
200 Billionen US-Dollar, das Dreifache des Weltsozialprodukts, kursieren | |
dort. Die erzielten Profite bereichern auch die Finanzfirmen immer weiter. | |
Mit dem Geld finanzieren sie Lobbys, die sämtliche Regulierungsbemühungen | |
verhindern oder zumindest windelweich kochen. | |
Die Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte kann man also vereinfacht | |
so darstellen: Deregulierung führt zu Spekulation führt zu | |
Reichtumskonzentration. Und diese führt wiederum dazu, dass eine strengere | |
Regulierung verhindert wird. | |
Wer die Krisenanfälligkeit des Systems wirklich bekämpfen will, braucht | |
also nicht auf ein paar neue Finanzgesetze zu hoffen. Was es braucht, ist | |
ein Ende der Umverteilung von unten nach oben. Eine Vermögenssteuer wäre | |
ein erster Schritt dahin. | |
20 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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