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# taz.de -- Verschmelzen von Körper und Maschine: Wir Cyborgs
> Die Datenbrille Google Glass zeigt, wie wenig Technik und Mensch noch
> trennt. Doch die Symbiose aus Körper und Maschine geht noch viel weiter.
> Ein kurzer Scan.
Bild: War Maschine, die Menschen perfekt imitieren sollte: der Terminator.
## Das Kameraauge
Das kann es: In die leere Augenhöhle einsetzen und losfilmen. Aufgezeichnet
wie gesehen, sozusagen. Außerdem rot leuchten und gruselig aussehen. Der
kanadische Filmemacher [1][Rob Spence], der als Kind bei einem Unfall ein
Auge verlor, ließ sie sich von Ingenieuren spezialanfertigen und dreht
damit nun einen Dokumentarfilm über Cyborgs, also Menschen, die mit
technischen Ergänzungen leben.
So funktioniert es: Mit einer speziell angefertigten Kamera mit
Batteriebetrieb und WLAN.
Science-Fiction-Faktor: mittel. Spence’ Auge ist optisch schon sehr nahe an
Arnold Schwarzeneggers [2][„Terminator“]. Viel näher am Prinzip des
Cyborgs, also der Mensch-Maschine, sind jedoch Netzhautprothesen der Firma
[3][Second Sight], die zumindest eine sehr grobe Sehfähigkeit für teils
auch bereits erblindete Patienten wiederherstellen. Hier filmt eine
Minikamera, die der Patient tragen muss, die Umgebung, leitet die
Bildsignale an einen Prozessor weiter, der sie in solche Signale umwandelt,
die für ein Netzhaut-Implantat im Auge des Patienten verständlich sind.
Damit können diese derzeit nur recht grobe Lichtraster erkennen – an höher
auflösenden Sehhilfen wird gearbeitet.
## Die Lasertastatur
Das kann es: all diese Flachbildschirme und Tastaturmonster unnötig machen,
auf denen wir heute den ganzen Tag lang herumwischen und -hacken.
[4][Handinnenfläche oder Arm werden zum Eingabemedium]. Wie praktisch ist
das denn bitte?
So funktioniert es: Google ließ sich im Januar diese Technologie in den USA
patentieren – funktionieren soll sie in Verbindung mit der [5][Datenbrille
Google Glass]. Ein Laser in der Brille soll die Tastatur auf das Körperteil
projizieren, auf das der Nutzer seinen Blick richtet – oder eben auf jede
andere Oberfläche, auf die er schaut. Und eine in die Datenbrille
eingebaute Kamera erkennt, welche Eingaben mit dem Finger auf der
Laser-Tastatur gemacht werden.
Science-Fiction-Faktor: Geht so. Sich wild auf dem Arm herumtippen ist ja
jetzt nicht gerade berührungslose Gedankenübertragung. Aber andererseits
eben schon viel zukünftiger, als Tastaturen oder Mäuse mit sich
herumzuschleppen. Ob Google Glass bereits Ende 2013 mit dieser Funktion auf
den Markt kommen wird, ist unklar.
## Das elektronische Ohr
Das kann es: Geräusche machen.
So funktioniert es: Hörgeräte verstärken den Schall. Sollten die Haarzellen
im Ohr zerstört sein, bewirkt so ein Gerät jedoch nichts. Die Elektroden
eines [6][Cochlea-Implantats] werden deshalb direkt an die Hörnerven
angeschlossen. Dazu wird hinter dem Ohr ein Kanal bis zur Innenohrschnecke
(Cochlea) gebohrt. Das Implantat wird unter die Kopfhaut eingesetzt. Ein
Mikrofon und ein Sprachprozessor werden am Körper getragen. Sie erfassen
die Geräusche und verwandeln sie in digitalen Code. Diese Signale wandern
zum Implantat, das macht elektrische Impulse daraus und leitet sie an die
Elektroden im Innenohr weiter. Die stimulieren die Hörnerven. Was zu hören
ist, unterscheidet sich erheblich von dem, was ein normales Ohr hört.
Training ist nötig, in etwa so wie beim Erlernen einer Fremdsprache.
Science-Fiction-Faktor: Nahe null. Verbessertes Hören zählt zum Beispiel im
Rollenspiel [7][„Shadowrun“] zu den einfachsten Erweiterungen, die man sich
einbauen kann. Kein Wunder, mit Cochlea-Implantaten laufen schon heute etwa
150.000 Menschen weltweit herum. Das ist der Volkswagen unter den
Accessoires für den Maschinenmenschen von heute.
## Der Mikroroboter
Das kann es: Krebs erkennen und töten
So funktioniert es: Die kleinsten Maschinen der Welt sind so winzig, dass
Milliarden in einen Wassertropfen passen. Und sie sind bio. Sie basieren
nicht wie handelsübliche Computer auf Silizium, sondern auf der Erbsubstanz
DNA. Diese codiert sehr komplexe Informationen mittels der vier Basen
Adenin, Cytosin, Thymin und Guanin. Mit ihnen lässt sich auch eine Art
biologische Software schreiben, also ein künstlicher DNA-Strang erzeugen,
der einer Programmierung folgt. Der Wissenschaftler Yaakov Benenson hat
einen Schaltkreis aus Genen gebaut, der anhand von fünf Faktoren eine Abart
der Krebszelle erkennen kann. Ist das der Fall, wird ein Teil des
DNA-Stranges abgespalten. Der enthält ein Medikament, welches die kranke
Zelle vernichtet.
Science-Fiction-Faktor: Hoch. In Computerspielen wie [8][„Deus Ex“]
verleihen Nanoroboter, Naniten genannt, Menschen Superkräfte. In einer
Folge des „Raumschiffs Enterprise“ machen sie sogar eine eigene
Zivilisation auf. Reale Mikroroboter sind noch im Reagenzglas unterwegs.
Den ersten Zell-Computer erschuf Benenson 2001, die Forschungsergebnisse
zum Krebs-Killer wurden 2011 veröffentlicht.
## Das bionische Bein
Das kann es: Ein Ersatz für ein Fleisch-und-Blut-Bein sein, der nach neuem
Stand der Technik mit dem Hirn des Trägers steuerbar ist. Im Ergebnis führt
das dazu, dass dieser 8-Millionen-Dollar-Prototyp komplexe Bewegungsabläufe
viel besser bewältigt als andere Carbonprothesen. Treppensteigen zum
Beispiel.
So funktioniert es: [9][„Targeted Muscle Reinnervation“] (TMR) nennt sich
diese Technik, bei der Hirnsignale bis zu den rehabilitierten Nervenenden
eines amputierten Beines weitergeleitet werden – und dort mit der
computerisierten Prothese kommunizieren. Exakter: Noch funktionierende
Nerven werden mit gesunden Muskeln verbunden. Denkt der Patient an eine
bestimmte Bewegung, reagiert der entsprechend verbundene Muskel – und
signalisiert so der Roboter-Prothese, was die gewünschte Bewegung ist.
Science-Fiction-Faktor: Klingt unvorstellbar? Ist dennoch nicht brandneu.
TMR-Armprothesen gibt es bereits seit 2009. Kritiker mäkeln allerdings,
dass die Technologie noch lange nicht ausgereift sei.
26 Mar 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=Czj_2MPUFlY
[2] http://www.youtube.com/watch?v=WeC-lGnajT0
[3] http://2-sight.eu/de/home-de
[4] http://www.chrisharrison.net/index.php/Research/OmniTouch
[5] /Debatte-Google-Glass-und-Ueberwachung/!112658/
[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Cochleaimplantat
[7] http://www.shadowrun4.com/
[8] http://www.deusex.com/
[9] http://www.cbsnews.com/video/watch/?id=50137987n
## AUTOREN
Meike Laaff
Daniel Schulz
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