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# taz.de -- Foltergefängnis Bagram übergeben: Afghanen kriegen „schwarzes L…
> Das auch „Guantánamo von Afghanistan“ genannte Gefängnis Bagram ist von
> der US-Armee übergeben worden. Umstrittene Details bleiben geheim.
Bild: Feierliche Übergabezeremonie in Bagram: Dr. Ashraf Ghani Ahmadzai mit Sc…
BERLIN taz | Das berüchtigte US-Militärgefängnis am US-Luftwaffenstützpunkt
Bagram ist am Montag nach jahrelangem Streit dem afghanischen
Verteidigungsministerium übergeben worden. Erstmals war dies schon im
September 2012 geschehen. Doch damals weigerte sich das US-Militär,
parallel zur offiziellen Übergabezeremonie als besonders gefährlich
eingestufte Gefangene in afghanische Hände zu übergeben. Darauf wurde
monatelang neu verhandelt.
Vor zwei Wochen sollte dann die Übergabe erneut stattfinden. Doch in
letzter Minute ließen die USA dies wieder platzen. Afghanistans Präsident
Hamid Karsai hatte zuvor im Parlament gesagt, in Bagram säßen viele
Unschuldige, die er freilassen werde.
Nachdem sich jetzt am Wochenende beide Seite über strittige Details
verständigt hatten, erfolgte am Montag bei einer erneuten Zeremonie die
Übergabe des Gefängnisses Parwan, wie das Lager rund 60 Kilometer nördlich
von Kabul heute offiziell heißt. Fast zeitgleich traf US-Außenminister John
Kerry zum Antrittsbesuch in Kabul ein.
„Die Übergabe des Gefängnisses ist ein wichtiger Teil der gesamten Übergabe
der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen nationalen
Sicherheitskräfte“, sagte der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General
Joseph F. Dunford. Er nannte die Übergabezeremonie ein „Zeichen für ein
zunehmend selbstbewusstes, fähiges und souveränes Afghanistan“.
## Prestigefrage für Karsai
Von den 13 Blocks direkt neben dem US-Luftwaffenstandpunkt sind 11 jetzt
unter afghanischer Kontrolle. Unter US-Zuständigkeit fallen weiterhin 50
ausländische Gefangene, meist Pakistaner, welche die Afghanen nicht haben
wollten. Für Präsident Karsai ist die Hoheit über das Gefängnis und die
afghanischen Gefangenen eine wichtige Souveränitäts- und Prestigefrage.
Erstmals war die Übergabe des in einem Hangar auf dem alten
Sowjetstützpunkt eingerichteten Gefängnisses im Jahr 2009 für das Frühjahr
2012 vereinbart worden. Die Amerikaner trauten den Afghanen jedoch nicht
und wollten als gefährlich eingestufte Gefangene stets lieber selbst
kontrollieren. 2002 waren in dem Gefängnis zwei afghanische Gefangene von
ihren US-Wärtern zu Tode gefoltert worden, auch später gab es Berichte über
Misshandlungen.
Von Bagram aus wurde Terrorverdächtige ins US-Lager Guantánamo gebracht
oder aus anderen Ländern nach Bagram transportiert, um sie dort – jenseits
der Zuständigkeit der US-Justiz – verhören zu können. Während sich
US-Anwälte das Recht erkämpften, Klienten in Guantánamo besuchen zu dürfen,
blieb ihnen dies in Bagram verwehrt. Bagram wurde deshalb mit einem
„schwarzen Loch“ verglichen.
## Vorzeigegefängnis zur Ablenkung
Wegen der anhaltenden Kritik an den Zuständen errichteten die USA 2009 für
60 Millionen Dollar ein Vorzeigegefängnis mit bis zu 2.600 Plätzen, das vom
US-Luftwaffenstützpunkt getrennt wurde. Vertreter des Roten Kreuzes
berichteten im Jahr 2010, US-Geheimdienste würden im benachbarten
Stützpunkt Bagram ein weiteres, „schwarzes“ Gefängnis betreiben.
Zwischen Afghanen und Amerikanern war stets strittig, ob Gefangene wie
bisher jahrelang ohne Prozess festgehalten werden können und wie mit
Terrorverdächtigen zu verfahren sei. Zwar stellte ein von Kabul
eingesetzter Ausschuss kürzlich fest, dass in afghanischen Gefängnissen
Folter verbreitet ist, doch verbieten afghanische Gesetze Haft ohne
Anklage, wie dies in Bagram unter den Amerikanern üblich war.
Während ein früheres bilaterales Abkommen diese Administrativhaft vorsah,
ist sie jetzt nach afghanischen Angaben wegverhandelt worden. Das Abkommen
ist nicht öffentlich. Sollten die Angaben zutreffen, „sieht es nach einem
wichtigen Sieg für Präsident Karsai aus“, sagte Kate Clark vom Afghanistan
Analysts Network der taz.
25 Mar 2013
## AUTOREN
Sven Hansen
Sven Hansen
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
Guantanamo
Folter
Gefängnis
Schwerpunkt Afghanistan
George W. Bush
Hamid Karsai
Schwerpunkt Afghanistan
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