# taz.de -- Deutsche Waffenexporte: Saudische Sicherheit im Paket | |
> Erst kaufte Saudi-Arabien deutsche Patrouillenboote. Jetzt hilft die | |
> Bundespolizei dem Grenzschutz von Saudi-Arabien auch „maritim“. | |
Bild: Saudis lassen sich Grenzschutz gern von deutschen Beamten an deutschem Ge… | |
BERLIN taz | Darf die deutsche Industrie Saudi-Arabien deshalb mit Waffen | |
beliefern, weil die deutsche Bundespolizei den saudischen Grenzschutz | |
unterstützt? Auf diesen denkbaren Zusammenhang zwischen Waffengeschäften | |
und staatlicher Sicherheitskooperation weist die Linkspartei hin. | |
Anlass ist die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Frage der | |
Linksfraktion. Demnach wird das seit 2008 laufende Engagement der | |
Bundespolizei in Saudi-Arabien nicht nur ausgedehnt, sondern um eine | |
„maritime Komponente“ ergänzt. Dies passt allzu gut zu einer Nachricht von | |
Ende Februar, dass die Bremer Lürssen-Werft Patrouillenboote für 1,5 | |
Milliarden Euro an Saudi-Arabien verkaufen darf, meint der | |
Linken-Rüstungsexperte Jan van Aken. | |
„Das ist wieder mal ein Beispiel dafür, dass deutsche Polizisten – und üb… | |
ihre Gehälter auch der Bundeshaushalt – dafür missbraucht werden, deutsche | |
Rüstungsgeschäfte zu ermöglichen, sagt van Aken. „Natürlich gehören die | |
Patrouillenboote zur Grenzsicherung in Saudi-Arabien“, erklärt van Aken. | |
Ihm sei „persönlich in Saudi-Arabien vom Projektleiter“ erklärt worden, | |
dass die Boote Teil eines Gesamtprojektes namens Systems Integration | |
Engineering seien. | |
Die Verquickung wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Interessen war | |
schon früh ein Aspekt der Entsendung von Bundespolizisten nach | |
Saudi-Arabien. Im Frühjahr 2011 gab es die ersten Schlagzeilen: | |
Bundespolizisten klagten, sie fühlten sich wie „Subunternehmer von EADS“. | |
Sie bildeten saudische Grenzschützer nicht nur an Geräten des | |
Rüstungskonzerns EADS aus; ihre Bezahlung durch Saudi-Arabien wurde sogar | |
über EADS abgewickelt. | |
## Rüstungsgüter | |
Im Bundestag – und nicht nur dort – entstand der Eindruck, „die | |
Bundespolizei werde zur Exportförderung eingesetzt“, erzählt der | |
SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz. Gefestigt wird dieser Eindruck durch | |
aktuelle Zahlen des Wirtschaftsministeriums: Der Wert der nach | |
Saudi-Arabien gelieferten Rüstungsgüter hat sich von 2011 auf 2012 auf 1,24 | |
Milliarden Euro verneunfacht. Allein 1,1 Milliarden Euro entfielen auf das | |
EADS-Grenzsicherungsmaterial. | |
Das Bundesinnenministerium will von einem Zusammenhang zwischen | |
Patrouillenbooten und Bundespolizeieinsatz nichts wissen. Grundsätzlich | |
wird die Erlaubnis zu so heiklen Exporten geheim im Bundessicherheitsrat | |
erteilt und nicht kommentiert. Die Unsauberkeiten bei der Bezahlung der | |
Beamten habe man allerdings bereinigt. Außerdem stellte das | |
Innenministerium schon 2011 einen Vertrag mit Saudi-Arabien in Aussicht, | |
damit die Sache ordentlicher aussieht. | |
Weit gekommen ist man damit wohl noch nicht: „Der Entwurf des Abkommens | |
befindet sich in der fortgeschrittenen Abstimmung“ zwischen deutschem und | |
saudischem Innenministerium, teilt der Ministeriumssprecher nun mit. | |
„Insbesondere der Status der Bundespolizisten“ und die Projektstruktur | |
sollten so „optimiert werden“. Zuletzt seien 17 Bundespolizisten vor Ort | |
gewesen. | |
Die Bundesregierung erklärt Saudi-Arabien neuerdings zu einem „politisch | |
und wirtschaftlich wichtigen Partner Deutschlands“. Verteidigungsminister | |
Thomas de Maizière (CDU) führte dies jüngst aus: Für die Belieferung | |
Saudi-Arabiens sei es „von einer ziemlich ausschlaggebenden Bedeutung“, für | |
wie gefährlich man den Iran für Israel halte, nicht aber die | |
menschenrechtliche Lage dort. | |
## Menschenrechtlich unbedenklich | |
Die Ausbildung von Grenzpolizisten hält die Bundesregierung für | |
menschenrechtlich unbedenklich. Die Border Guard arbeite nicht mit den | |
anderen Sicherheitskräften im Land zusammen, wurde auch van Aken | |
mitgeteilt, der sich im Oktober 2011 die Kooperation vor Ort aus der Nähe | |
ansah. | |
An der Nordgrenze zum Irak schien ohnehin alles ruhig zu sein, berichtet | |
van Aken. Doch bedeute die geplante Ausweitung des Bundespolizeieinsatzes | |
nach Süden, dass nun auch die wesentlich kritischere Grenze zum Jemen | |
erfasst werde, wo häufig geschossen werde. | |
Pieter Wezeman vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri erklärt die | |
Bedeutung des offenbar angebahnten Verkaufs von Patrouillenbooten damit, | |
dass die Saudis angesichts ihrer langen Küstenlinie „sehr besorgt über | |
Waffenschmuggel, nicht zuletzt aus dem Jemen“ seien. Möglicherweise wollten | |
die Saudis auch dem Iran mit seinen vielen kleineren und schnellen | |
Marinefahrzeugen etwas entgegensetzen, sagte Wezeman der Agentur dpa. | |
Van Aken glaubt nicht, dass die Saudis aufgerüstet werden wollen oder | |
müssen. „Ich halte es für vorgeschoben, dass Saudi-Arabien zu einer | |
Gegenmacht zum Iran aufgebaut werden muss“, sagt er. Ausschlaggebend sei | |
das wirtschaftliche Interesse. „Es ist doch doppelt falsch, in einem | |
Unterdrückerstaat auch noch Grenzpolizisten auszubilden, nur damit man noch | |
mehr Rüstungsgüter an den dortigen Diktator liefern kann“. | |
29 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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