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# taz.de -- Slowenien vor EU-Disziplinarverfahren: Wieder steht ein Land auf de…
> Slowenien steht offenbar vor einem Disziplinarverfahren der EU. Dem
> osteuropäischen Staat geht es wirtschaftlich schlecht. Bedrohlich ist die
> Lage auch in Spanien.
Bild: Negativprognose: EU-Währungskommissar Olli Rehn macht sich Sorgen um Slo…
BRÜSSEL/STUTTGART rtr | Spanien und Slowenien sind die Länder mit den
größten wirtschaftlichen Schieflagen in der Europäischen Union und könnten
deshalb die ersten Kandidaten für ein neues Disziplinarverfahren werden. In
beiden Staaten herrschten übermäßige Wirtschaftsungleichgewichte, stellte
die EU-Kommission am Mittwoch fest.
Seit dem vergangenen Jahr beobachtet die Brüsseler Behörde anhand von elf
Indikatoren drohende Fehlentwicklungen, die in den Euro-Ländern zur Gefahr
für die gesamte Währungsgemeinschaft werden könnten. Bedenkliche Ergebnisse
fand sie in 13 Ländern vor. Die Rückkehr ins Gleichgewicht sei eingeleitet,
sagte Währungskommissar Olli Rehn. Doch werde es noch länger dauern, bis
die in den vergangenen zehn Jahren entstandenen Schieflagen geradegerückt
seien.
In Slowenien haben sich die Fehlentwicklungen seit dem vergangenen Jahr
verschärft, wie die Kommission erklärte. Schon länger wird spekuliert, dass
das kleine Euro-Land wegen der Schwäche seiner Banken als sechster Staat
Milliardenhilfen des Euro-Rettungsschirms braucht. Sollten sich die
Marktbedingungen verschlechtern, sei dies möglich, hatte der Chef der
zweitgrößten Regierungspartei Igor Luksic am Dienstag gesagt.
Bisher sind die private und öffentliche Verschuldung in Slowenien der
EU-Kommission zufolge zwar noch unter den alarmierenden Schwellenwerten.
Doch mit dem Rückfall der Wirtschaft in eine Rezession wachse die Gefahr,
dass der Finanzsektor wegen hoher Schulden von Unternehmen zunehmend unter
faulen Krediten leide und ins Wanken geraten könne. Einige Institute
benötigten wohl Kapitalspritzen, wobei der Staat als Eigner dafür die
Hauptquelle sei. Doch dieser müsse immer höhere Zinsen für seine Anleihen
zahlen.
## Banken sanieren und privatisieren
Kernproblem sei der große Anteil des Staates an der Wirtschaft, erklärte
die Kommission. Dies bremse Investitionen der öffentlichen Hand wie von
ausländischen Privatinvestoren. Die Behörde rät deshalb, Banken zu sanieren
und zu privatisieren, ausländische Investoren anzulocken. Zudem mahnt sie
Lohnzurückhaltung im öffentlichen Sektor und Reformen am Arbeitsmarkt an.
Spanien leidet dem Bericht zufolge unter hoher privater Verschuldung und
der Schwäche zahlreicher Banken. Trotz der im vergangenen Jahr begonnenen
Aufräumarbeiten im Finanzsektor kommt die Kommission zu dem Schluss, dass
die negativen Auswirkungen der Ungleichgewichte „noch immer mächtig“ sind.
Die wohl noch bis 2014 anhaltende Rezession und stark schwankende
Finanzierungsbedingungen an den Märkten blieben eine spürbare Bedrohung.
Spanien habe zwar schon etliche Wirtschaftsreformen wie etwa am
Arbeitsmarkt beschlossen. Doch die Agenda sei noch immer lückenhaft und es
mangele an der Umsetzung. „Die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft bleibt
unbefriedigend, wobei die Anpassungslast vor allem auf die Beschäftigung
fäll“, kritisiert die EU.
Die Arbeitslosenquote steige in diesem Jahr auf 27 Prozent, die Löhne
sänken trotzdem nach den Reformen nur langsam, um diesem Trend
entgegenzuwirken. Der Immobilienmarkt werde nach dem Platzen der Preis- und
Investitionsblase in Spanien weiter schrumpfen.
## Aktive Arbeitsmarktpolitik
Das Rezept der Kommission für Spanien lautet: Wettbewerb bei Gütern und
Dienstleistungen stärken, das Steuersystem wachstumsfreundlicher gestalten,
die Arbeitsmarktreformen überprüfen und aktive Arbeitsmarktpolitik wie
bessere Vermittlung und Berufsausbildung einführen, die
Unternehmensfinanzierung unabhängiger von den Banken machen und am
Immobilienmarkt Vermietungen fördern.
Unter den elf Ländern, die in geringerem Maße Fehlentwicklungen aufweisen,
bereiten Frankreich und Italien vor allem wegen ihrer Exportschwäche der
Kommission Sorgen. So verlor die französische Exportwirtschaft von 2006 bis
2011 gut elf Prozentpunkte an Marktanteil. Zu hohe Löhne hätten die Gewinne
der Firmen gedämpft und sie von Innovationen abgehalten.
Die Gewinnspanne französischer Unternehmen sei die niedrigste in der
Euro-Zone. Auch in Italien sind die Löhne nach Ansicht der Kommission zu
hoch. Die Exportfähigkeit leide darunter, dass die Firmen auf
traditionelle, technikferne Branchen spezialisiert seien. Die zumeist
kleinen Unternehmen könnten wegen bürokratischer Hemmnisse und eines
"unfreundlichen Geschäftsklimas" nicht groß genug werden, um am Weltmarkt
mitzuspielen.
Das Verfahren gegen gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte wurde 2012 als
Lehre aus der Euro-Krise eingeführt. Die Schieflagen hatten zu der
Schuldenkrise in Irland, Griechenland, Portugal, Spanien und jetzt auch
[1][Zyperns] beigetragen, die alle auf Finanzhilfe aus dem
Euro-Rettungsfonds angewiesen sind. Die betroffenen Staaten müssen bis Ende
April Reformpläne in Brüssel einreichen. Die EU-Kommission wird dann Ende
Mai Empfehlungen zu Gegenmaßnahmen abgeben. Werden sie nicht befolgt, kann
ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, das bei anhaltenden Verstößen
zu einer Geldstrafe von 0,1 Prozent des BIP für die Länder führen kann.
10 Apr 2013
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[1] /Untersuchungskommission-in-Zypern/!113930/
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