| # taz.de -- Die Wahrheit: Immer Ärger mit Joyce | |
| > Die Beziehung zwischen James Joyce und seiner Heimat war schon immer | |
| > getrübt. Der Schriftsteller bezeichnete Irland als „Sau, die ihre Ferkel | |
| > frisst“. | |
| Bild: Der Autor Máirtín Ó Cadhain hat dem unterirdischen Geschwätz auf d… | |
| Die Beziehung zwischen James Joyce und seiner Heimat Irland war schon immer | |
| getrübt. Der Schriftsteller war der geistigen Enge der Grünen Insel früh | |
| entflohen und schrieb aus dem Ausland Gehässiges über die Bewohner seiner | |
| Heimatstadt Dublin. Sie seien „die hoffnungsloseste, nutzloseste und | |
| widerspruchsvollste Rasse von Scharlatanen, der ich je auf der Insel oder | |
| dem Kontinent begegnet bin“. Irland bezeichnete er als „Sau, die ihre | |
| Ferkel frisst“. | |
| Die irische Regierung rächte sich, indem sie Joyce kurzerhand verbot. Sie | |
| setzte ihn auf eine Zensurliste, die fast 7.000 Namen umfasste. So gingen | |
| an Generationen von Iren weite Teile der Weltliteratur spurlos vorüber. | |
| Inzwischen hat man sich besonnen und benutzt die ehemals verfemten irischen | |
| Schriftsteller für die Fremdenverkehrswerbung. Den „Bloomsday“ im Juni, an | |
| dem Joyce’ „Ulysses“ spielt, hat man sogar zu einem mehrtägigen Festival | |
| ausgedehnt. | |
| Die Rolle des Zensors übernahm seitdem der Joyce-Enkel Stephen. Er hat | |
| zahllose Prozesse geführt, um zu verhindern, dass aus Opas Schriften | |
| zitiert wird. Er hat Bücher über Joyce und die Familie verbieten lassen, | |
| Theaterstücke und Lesungen unterbunden. Er ist der Meinung, dass man Joyce | |
| nur still und andächtig genießen darf, am besten auf Knien. Doch seit | |
| vorigem Jahr hat es sich ausgeenkelt: Das Copyright ist 70 Jahre nach | |
| Joyce’ Tod erloschen. | |
| Aus lauter Freude darüber hat die irische Zentralbank vorige Woche eine | |
| Joyce-Gedenkmünze zu 10 Euro herausgegeben, die sie für 46 Euro verkauft | |
| hat. Die Auflage von 10.000 Exemplaren war im Handumdrehen ausverkauft. Die | |
| Münze zeigt Joyce’ Kopf, aus dem ein paar Zeilen aus dem „Ulysses“ quill… | |
| Das löste bei Stephen Joyce einen Wutanfall aus. Die Münze sei „eine der | |
| größten Beleidigungen aller Zeiten für die Familie Joyce“, schäumte er. D… | |
| Zentralbank war nämlich ein Fehler unterlaufen: Das Zitat auf der Münze | |
| enthielt das Wort „that“, das nicht im Original steht. | |
| Vielleicht hätte Joyce das Wort selbst eingefügt, wenn es ihm eingefallen | |
| wäre. Der Verleger Siegfried Bermann-Fischer beschreibt in seinen Memoiren | |
| ein Abendessen bei Familie Joyce in Zürich, bei dem Joyce plötzlich | |
| aufsprang, zur Tür lief und erklärte, er müsse schnell ein Wort notieren, | |
| das er seit Tagen gesucht habe. Auf die Frage der Gäste, um welches | |
| phänomenale Wort es sich handle, drehte sich Joyce um und sagte: „the“. | |
| Stephen Joyce monierte darüber hinaus, dass sein Opa völlig anders | |
| ausgesehen habe als auf der Münze: Es sei das unähnlichste Bild, das jemals | |
| vom Großvater produziert worden sei. In dem Punkt hat er recht. Joyce sieht | |
| auf der Münze eher aus wie Frank Zappa. Das macht aber nichts. Schließlich | |
| war Zappa der Joyce der Musikszene, nur lustiger. | |
| Die Münze sei „eine künstlerische Repräsentation des Autors und seines | |
| Textes“, entschuldigte sich ein Sprecher der Bank lahm. Vermutlich war es | |
| aber Absicht. Man wollte dem Enkel und den Joyce-Irren auf der ganzen Welt, | |
| die das Werk des Meisters wie eine Bibel verehren, eins auswischen. | |
| 14 Apr 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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