# taz.de -- Die Wahrheit: Unter Vettern wirtschaftet man gut | |
> Die irische Politik ist eine Oase des Opportunismus. Und die regierende | |
> Partei Fine Gael tut alles dafür, damit es auch so bleibt. | |
Irland, Oase des Opportunismus und der Vetternwirtschaft! Man hatte geahnt, | |
dass die rechtskonservative Partei Fine Gael sich beeilen würde, ihr | |
Schäfchen ins Trockene zu bringen, als sie vor zwei Jahren an die Macht | |
kam. Sie hatte in der Vergangenheit weniger Zeit dafür und wurde schneller | |
wieder abgewählt als die Konkurrenz von der rechtskonservativen Fiann Fáil. | |
Aber die Unverfrorenheit, mit der die Regierungspartei vorgeht, ist dann | |
doch erstaunlich. | |
Allen voran der Minister für Jobs, Richard Bruton. Im Jahr 2010, als seine | |
Partei noch in der Opposition war, unternahm er einen Putschversuch gegen | |
seinen Parteichef. Die Menschen hätten kein Vertrauen mehr in Enda Kenny, | |
argumentierte Bruton und stellte sich als Vertrauensperson zur Verfügung. | |
Der Putsch misslang kläglich. Bruton sagte danach, es wäre heuchlerisch, in | |
Kennys Schattenkabinett zu bleiben. Kurz darauf machte Kenny ihn zum | |
Sprecher für Handel und nach der gewonnenen Wahl zum Minister. Dafür | |
bekommt der Heuchler 175.000 Euro im Jahr – plus Spesen und Sonderzulagen, | |
versteht sich. | |
Damit sich Menschen seiner Gehaltsklasse auf der Grünen Insel wohl fühlen, | |
schlug Bruton bei den Verhandlungen über den Haushalt 2013 vor, Einkommen | |
bis zu einer halben Million Euro nur mit 23 Prozent zu versteuern. Das | |
würde hochrangige Manager multinationaler Unternehmen nach Irland locken, | |
wenn sie darüber hinaus ihre Heimatflüge erster Klasse sowie die Kosten für | |
die Privatschulen der Kleinen von der Steuer abziehen dürften. | |
Unter dem Strich sei das für Irland lohnend, denn die Manager würden Jobs | |
in ihrem Umfeld schaffen: Sekretärinnen, Putzfrauen und Chauffeure. Die | |
müssten nämlich normale Steuern auf ihr Einkommen zahlen, und schon hätte | |
man den Verlust durch die Steuervorteile für ihre Chefs wieder hereingeholt | |
und dazu die Arbeitslosenstatistik aufgehübscht. Der Finanzminister spielte | |
bei Brutons Plan jedoch nicht mit, weil er befürchtete, dass Bürger mit | |
Durchschnittseinkommen das vielleicht als unfair empfinden und Fine Gael | |
bestrafen könnten. | |
Darum muss er sich nun nicht mehr sorgen, die Partei ist so unbeliebt wie | |
nie zuvor. So kann sie ohne Rücksicht auf Stimmverluste weiter umverteilen, | |
denn der Koalitionspartner Labour, der das Bindeglied zwischen Fine Gael | |
und einer zivilisierten Gesellschaft sein sollte, macht alles mit. Während | |
die Bevölkerung unter dem dreistimmigen Lobgesang der EU-Troika mit | |
Immobilien-, Wasser- und Was-uns-sonst-noch-einfällt-Steuern geschröpft | |
wird, erfreuen sich Unternehmen einer Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent. | |
Theoretisch jedenfalls. | |
Praktisch zahlen sie nicht mal das, denn im grünen Steuerparadies gibt es | |
genügend Schlupflöcher. Die Masse macht’s. Wenn man der Million | |
Niedrigverdiener ein paar tausend Euro wegnehmen kann, muss man die paar | |
tausend Millionäre nicht mit lächerlichen Abgaben behelligen. Im Gegenzug | |
werden sie womöglich den nächsten Putschversuch unterstützen, denn Bruton | |
quillt die Gier nach dem Premierministerjob nach wie vor aus den Augen. | |
12 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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