# taz.de -- Journalisten unter Einfluss: Böse Kontakte | |
> Schreiben Deutschlands Alpha-Journalisten einseitig, weil sich sich mit | |
> der politischen Elite gemein machen? Eine Studie behauptet jetzt: Ja. | |
Bild: „Unkritisch den erweiterten Sicherheitsbegriff verwendet“: Bundeswehr… | |
Deutschland sollte alle Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden, denn sie | |
dienen bloß machtpolitischen Interessen. Es gibt viele Bürger, die so | |
denken. Allein, eine Debatte darüber findet nicht statt. Weil korrupte, | |
durch Eliten vereinnahmte Journalisten sie verhindern. | |
Es sind steile Thesen, die der Medienforscher Uwe Krüger aufstellt. In | |
einer Studie hat Krüger die Berichterstattung deutscher Spitzenjournalisten | |
untersucht („Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und | |
Alpha-Journalisten“). Danach positionierten sich Leitmedien zu Themen wie | |
Kriegen nicht nur auf Linie mit der politischen Elite, sie marginalisierten | |
auch Gegenmeinungen. | |
Krüger volontierte bei der Leipziger Volkszeitung und arbeitete | |
freiberuflich als PR-Texter. Seit Oktober 2012 ist er wissenschaftlicher | |
Mitarbeiter am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Uni | |
Leipzig. Für seine Promotion überprüfte er die Netzwerke von 219 | |
Journalisten 21 großer Medien (auch der taz) zu „Positionseliten“ aus | |
Politik und Wirtschaft. | |
Dafür durchforstete er die Websites von Vereinen, Stiftungen, Thinktanks | |
und gemeinnützigen Organisationen. „Mithilfe der Suchmaschinen Google und | |
Metager2 wurde nach den Namen der Journalisten gesucht; andersherum wurden | |
die Webauftritte einschlägiger Organisationen und Konferenzen auf die Namen | |
abgesucht“, heißt es in der Studie. Ferner untersuchte Krüger die | |
Berichterstattung und welche Journalisten an welchen Galas teilnahmen. | |
## Enge Verflechtungen | |
Von den untersuchten Medienvertretern wählte Krüger vier Journalisten aus, | |
die über enge Verflechtungen „im US- und Nato-affinen Milieu“ verfügten: | |
Stefan Kornelius (Süddeutsche Zeitung), Klaus-Dieter Frankenberger | |
(Frankfurter Allgemeine Zeitung), Michael Stürmer (Die Welt) und Josef | |
Joffe (Die Zeit). Alle vier nahmen regelmäßig an der Münchner | |
Sicherheitskonferenz teil. Zudem engagierten sie sich in der | |
Atlantik-Brücke und in der „geheimen Bilderberg-Konferenz, bei der sich | |
nordamerikanische und europäische Eliten austauschen“. | |
Nun sind Journalisten auf Kontakte angewiesen. Exklusive Infos gibt es | |
nicht auf Pressekonferenzen, sondern in Hintergrundkreisen und ähnlichen | |
Zirkeln. Doch die Nähe könne zu „Schweigespiraleffekten“ führen, warnt | |
Krüger. | |
## Zu Nato- und US-affin | |
Schreiben die vier Alpha-Journalisten also einseitig? Krüger überprüfte | |
ihre Berichterstattung zum Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik von | |
2002 bis 2010: Im Dezember 2002 erklärte der damalige Verteidigungsminister | |
Peter Struck (SPD) im Bundestag, die Sicherheit der BRD werde „auch am | |
Hindukusch“ verteidigt. | |
Der Analysezeitraum schließt mit der Debatte über das Ende der Wehrpflicht | |
und die Umwandlung der Bundeswehr in eine Eingreiftruppe. Dazwischen liegen | |
Diskussionen über das „Nein“ zum Irakkrieg oder Horst Köhlers Aussage, | |
Deutschland müsse seine wirtschaftlichen Interessen im Zweifel mit | |
militärischen Mitteln wahren. | |
Von den Journalisten Joffe, Frankenberger, Kornelius und Stürmer fand | |
Krüger 83 relevante Artikel. Darin habe er eine Korrelation zwischen ihren | |
Nato- und US-nahen Netzwerken und der Argumentation entdeckt: „Sie | |
verwendeten unkritisch den ’erweiterten Sicherheitsbegriff‘ und | |
argumentierten für ein stärkeres militärisches Engagement Deutschlands vor | |
allem in Afghanistan, das von der Nato und den USA gewünscht, von der | |
deutschen Bevölkerung jedoch mehrheitlich abgelehnt wird.“ | |
2008 etwa seien 53 Prozent der Bürger der Ansicht gewesen, Deutschland | |
solle sich aus den Konflikten heraushalten. Diese Haltung der Bürger sei | |
teils diffamiert und der Bundesregierung eine bessere Überzeugungsarbeit | |
empfohlen worden. „Eine Auseinandersetzung mit Einwänden und Kritik fand | |
nicht statt.“ Den Vorschlag, ihre Sicht der Dinge im Anhang der Studie | |
darzulegen, hätten Joffe, Frankenberger, Kornelius und Stürmer abgelehnt. | |
## Unseriöse Arbeit | |
Doch gegenüber der taz weisen sie Krügers Arbeit als unseriös zurück. | |
SZ-Redakteur Kornelius verteidigt die Berichterstattung zur | |
Sicherheitskonferenz, über die seine Zeitung stets groß berichtet: „Es ist | |
nicht so, dass ich die Argumente der Konferenz-Gegner nicht kenne. Aber wie | |
jede andere Zeitung auch nehmen wir eine Gewichtung vor.“ | |
Joffe verweist auf die Bedeutung von Kontakten für Journalisten. „Es hilft, | |
wenn man über Menschen – Politiker vor allem – schreibt, die man kennt“, | |
sagt er. Daraus ergebe sich noch keine Vereinnahmung. „Ein halbwegs guter | |
Journalist hört zu, macht sich Notizen und bildet sich dann seine eigene | |
Meinung.“ | |
19 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Haiko Prengel | |
Haiko Prengel | |
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