# taz.de -- de Maizières Drohnen-Desaster: Guter Schnitt für EADS | |
> Schon länger sind die Probleme des Eurohawk bekannt. Die Verschleppung | |
> der Klärung könnte auf erhebliche politische Einflussnahme des Konzerns | |
> hinweisen. | |
Bild: Möchte grad eventuell ganz gerne abtauchen: Bundesverteidigungsminister … | |
BERLIN taz| Es ist in diesen Tagen nahezu unmöglich, in Verteidigungs- oder | |
Regierungskreisen jemanden aufzutreiben, der Thomas de Maizière (CDU) | |
versteht. | |
Der Verteidigungsminister wusste ausweislich aller Informationen, die | |
bislang ihren Weg aus seinem Ministerium in die Medien fanden, seit Anfang | |
2012, dass die Aufklärungsdrohne Euro Hawk entweder gar nicht oder nur zu | |
gigantischen Kosten fliegen würde. Damals stritten seine beiden beamteten | |
Staatssekretäre bereits heftig über das Projekt. Dennoch zögerte der | |
Minister bis Mitte Mai 2013, die Beschaffung zu stoppen – mit großem | |
politischen Flurschaden. | |
Für all dies, sagt der grüne Verteidigungsexperte Omid Nouripour, „kann es | |
eigentlich nur eine einzige sinnvolle Erklärung geben: dass dem | |
EADS-Konzern Zeit gekauft werden sollte“. | |
Muss de Maizière den größten Rüstungsskandal der Legislaturperiode | |
verantworten – damit ein deutscher Rüstungsanbieter eine Schnitte machen | |
kann? Seit 2007 sind zwei Konzerne vertraglich beauftragt, den unbemannten | |
Riesenflieger mit Aufklärungstechnik zu bauen: das kalifornische | |
Unternehmen Northrop Grumman und die europäische EADS mit ihrer | |
Rüstungssparte Cassidian im bayerischen Manching. | |
## Fast verkaufsreif | |
Der US-Drohnenbauer soll maßgeblich an den Zulassungsproblemen des Euro | |
Hawk schuld sein – auch wenn Northrop Grumman im Vertrag offenbar von | |
verblüffend vielen Risiken befreit wurde. Die EADS-Überwachungstechnik | |
aber, mit der Daten aller Art aus 20 Kilometer Höhe aufgesaugt werden, gilt | |
als fast verkaufsreif. „Es spricht alles dafür“, sagt Nouripour, „dass E… | |
Zeit wollte, um das Modell noch bis zum Ende zu erproben.“ | |
Wenn sich der US-Flieger nun als untauglich erweist, hat EADS sogar | |
hervorragende Aussichten auf weitere Profite. Als de Maizières | |
Staatssekretär Stéphane Beemelsmans im Verteidigungsausschuss die Nachricht | |
verkündete, der Euro Hawk werde storniert, hat er dem Vernehmen nach | |
erklärt: Bevor nun irgendetwas anderes bestellt werde, müsse man erst | |
einmal schauen, was EADS überhaupt so im Angebot führe. | |
Laut Grünen-Politiker Nouripour stellt sich heraus, dass sich die mit | |
bislang rund 250 Millionen Euro veranschlagte Überwachungstechnik ISIS auch | |
für den Einbau in einen Airbus eignet. Hersteller: EADS. Nicht zuletzt | |
könnte dieser Airbus auch von anderen Airbussen betankt werden, sagt | |
Nouripour. | |
Mit der Vermutung, dass EADS nicht zufällig als Profiteur aus dem Skandal | |
hervorgehen wird, ist der Grüne in der Verteidigungspolitik nicht allein. | |
„Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass hier von EADS Druck ausgeübt | |
wurde“, sagt etwa Andrej Hunko von der Linksfraktion. | |
## Aufmerksame Spurensuche | |
Mit fast 500 Millionen Euro ist die Bundesregierung an diesem zweiten, dem | |
Nato-Drohnenplan Alliance Ground Surveillance beteiligt. Die | |
Bundesregierung riskiert großen Ärger mit der Nato, wenn sie nun auch dies | |
abstürzen ließe. Doch nicht nur Oppositionspolitiker suchen zunehmend | |
aufmerksam nach Spuren von industrieller Einflussnahme im | |
Verteidigungsministerium. | |
Dass dieses sich möglicherweise von der Rüstungslobby hat kapern lassen, | |
„hat eine gewisse Plausibilität“, heißt es wörtlich aus regierungsnahen | |
Kreisen. Auch auf beträchtlichen Druck, den der von de Maizière bestellte | |
neue Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, ausgeübt habe, wird hier | |
verwiesen. Es sei insgesamt unerklärlich, warum de Maizière noch im Mai | |
2012 die Kanzlerin Angela Merkel dazu bewegte, sich beim Nato-Gipfel in | |
Chicago für das Nato-Drohnenprojekt AGS starkzumachen – als in seinem Haus | |
bereits die Staatssekretäre Alarm schlugen. | |
Auch Beobachter aus der Drohnenindustrie halten es für sehr auffällig, dass | |
EADS sein Überwachungssystem „fast voll durchfinanziert“ habe, während | |
dessen fliegende Hülle von Beginn an als kaum geeignet gegolten habe. EADS | |
als angeblicher Partner von Northrop Grumman hätte das Ministerium lange, | |
lange warnen müssen, sagt ein Marktkenner. „Man kann doch mit seinem Kunden | |
nicht solch ein Versteckspiel betreiben.“ | |
EADS mochte sich am Montag zu den Vorhaltungen nicht äußern. „Wir enthalten | |
uns bis Mittwoch der Stellungnahme“, sagte Firmensprecher Florian Taitsch. | |
## Klärung vor der Wahl fraglich | |
Am Mittwoch will Thomas de Maizière seinen Bericht zum Euro Hawk im | |
Verteidigungsausschuss vorlegen. Einerseits erwarten die | |
Ausschussmitglieder die Ansprache des Ministers in beträchtlicher | |
Aufregung. Andererseits vermutet auf Seiten der Opposition niemand, dass | |
dann alle Fragen beantwortet sind. | |
Grüne und Linkspartei haben bereits einen Untersuchungsausschuss ins | |
Gespräch gebracht. Auch die SPD-Spitze entzog sich der Idee am Montag | |
nicht. „Das entscheiden wir dann im Angesicht der Informationen, die Herr | |
de Maizière uns zur Verfügung stellt“, sagte Generalsekretärin Andrea | |
Nahles. Bedenken hatte allerdings SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter | |
Bartels: zu zeitaufwändig, meint er. „Wir sollten lieber Sondersitzungen | |
des Verteidigungsausschusses einberufen.“ Bis solch ein „U-Ausschuss“ sich | |
allein auf Zeitplan und Zeugen geeinigt habe, „ist die Legislaturperiode | |
vorbei.“ | |
Hunko von der Linksfraktion meint, eine tiefer schürfende Aufklärung im | |
Ausschuss bereite der SPD offenbar aus anderen Gründen Unbehagen: | |
„Natürlich kriegt man Probleme, wenn man mit der Union in einer großen | |
Koalition in solch einem Ausschuss sitzt.“ | |
3 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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