Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die EU rüstet auf: Die VIP-Berater der Waffenlobby
> Die EU will Milliarden in Militärprojekte investieren. Beobachter wollen
> wissen, wie die Aufträge vergeben werden. Die EU-Kommission mauert.
Bild: Auch Airbus darf auf Großaufträge hoffen
Brüssel taz | Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Europäische
Union mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. 2012 war das, die EU
war damals noch ein ziviles Projekt. Doch nun hat die Kommission begonnen,
auch in Rüstung und militärische Forschung zu investieren, um eine
europäische „Verteidigungsunion“ aufzubauen.
Von 2021 bis 2027 sind dafür 13 Milliarden Euro vorgesehen, wie aus dem
Entwurf von Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) hervorgeht. Weitere
6,5 Milliarden Euro sind für „militärische Mobilität“ – also
Truppenverlegungen gen Osten – eingeplant.
Bei einer so massiven Förderung müsse es auch maximale Transparenz bei den
Beratern geben, die über die Auftragsvergabe entscheiden, fordern belgische
Friedensgruppen und die Grünen im Europaparlament. Nur so lasse sich
verhindern, dass bloß die Rüstungslobby profitiert.
Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska solle offenlegen, welche
Rüstungs-Lobbyisten die Kommission in den letzten Monaten getroffen und
beraten haben, fordert Sven Giegold, wirtschaftspolitischer Sprecher der
Grünen.
Doch die EU-Behörde mauert. Eine Grünen-Anfrage zu den Mitgliedern der
Expertengruppe für Verteidigungsforschung ist seit acht Wochen
unbeantwortet, obwohl die Kommission bereits nach drei Wochen antworten
müsste. Auch ein Blick ins behördeninterne Transparenz-Register hilft nicht
weiter: „No Members defined“, steht da – keine Mitglieder festgelegt.
## Aufträge gingen an die Berater
Auf Nachfrage der taz erklärte eine Behörden-Sprecherin, dass die
Expertengruppe noch nicht fertig zusammengestellt sei. „Wir wollen den
richtigen Mix aus Expertise, Geschlecht und Sektoren, damit zum Beispiel
auch die Zivilgesellschaft vertreten ist“. Bis man die passenden Personen
gefunden habe, könne es noch einige Zeit dauern; die Deadline wurde bereits
verlängert.
Bei der Besetzung der „Group of Personalities“ zögerte die Behörde dagegen
nicht so lange. Die Gruppe aus neun Firmenvertretern – darunter Tom Enders
von Airbus und Ian King von BEA Systems – beriet die EU-Kommission vor
ihrer ersten Ausschreibung. Sechs Unternehmen erhielten bereits Aufträge,
darunter die deutsche Fraunhofer-Gesellschaft.
Dass dieselben „Persönlichkeiten“, die Brüssel beraten, am Ende auch
Aufträge erhalten, bereitet nicht nur den Grünen Bauchschmerzen. Auch die
belgische Friedensinitiative Vredesactie hat Bedenken angemeldet. „Der
Entscheidungsprozess war von Konzerninteressen dominiert, die
Zivilgesellschaft hatte keine echte Mitsprache“, kritisiert Bram Vranken,
der Sprecher der Initiative.
## Die Grünen machen Druck
Vranken hat sogar schon den Europäischen Ombudsmann eingeschaltet, um
Zugang zu Dokumenten der Europäischen Rüstungsagentur zu erhalten – ohne
Erfolg. Doch er will nicht aufgeben.
Auch die Grünen machen weiter Druck. Nach dem „Fehlstart für die
Zusammenarbeit bei der Rüstung“ müsse die Kommission verhindern, dass ein
undurchsichtiger militärisch-industrieller Komplex entstehe, so Giegold.
Der Abgeordnete warnt: In Deutschland führe der Mangel an Transparenz und
Wettbewerb bereits zu „aufgeblasenen industriellen Kapazitäten,
Interessenkonflikten, Korruption und am Ende zu desolater Ausstattung wie
bei der Bundeswehr“.
7 May 2018
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
EU-Kommission
Europäische Union
Rüstungsindustrie
EU-Haushalt
Rüstung
Rüstungsexporte
Schwerpunkt Syrien
Rüstungsexporte
Drohnen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Europäische Verteidigungspolitik: Killer-Roboter statt Navigationssystem
Das EU-Parlament genehmigt 500 Millionen Euro für einen Rüstungsfonds. Der
soll Europas „strategische Autonomie“ verbessern. Aber was heißt das?
Streit um die Verteidigungspolitik der EU: Verbale Schlacht um Killerroboter
Die EU will die Rüstungsindustrie fördern und dabei auch bisher verpönte
Kriegswaffen zulassen. Grüne und Linke drohen mit einer Klage.
Symposium der Rüstungslobby: Keine Panzer für die Saudis
Rüstungsexperten erwarten weniger Geschäfte mit Drittländern wie den
Golfstaaten. Sigmar Gabriel kündigt ein Exportgesetz an.
Deutsche Tornados über Syrien: Beleuchtung im Cockpit blendet
Es gibt ein Software-Problem bei den deutschen Tornados. Die Aufklärer
dürfen nur tagsüber über Syrien fliegen. Im Herbst wird umgerüstet.
Waffenexporte stark gestiegen: „Völlig außer Kontrolle“
Im ersten Halbjahr 2015 wurden bereits so viele Rüstungsexporte genehmigt
wie im gesamten vergangenen Jahr. Die Opposition ist empört.
de Maizières Drohnen-Desaster: Guter Schnitt für EADS
Schon länger sind die Probleme des Eurohawk bekannt. Die Verschleppung der
Klärung könnte auf erhebliche politische Einflussnahme des Konzerns
hinweisen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.