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# taz.de -- Versorgung mit Rohstoffen: Unternehmen fehlt der Durchblick
> Firmen in Deutschland haben keine Ahnung, wieviel und welche Rohstoffe
> sie brauchen. Sie wollen aber mehr Freihandel, um den Zugriff zu
> verbessern.
Bild: Seltene Erden? Gold? Kobalt? Muss nicht immer alles neu geschürft werden…
BERLIN taz | Die deutschen Unternehmen sind nur schlecht über ihren
Rohstoffbedarf informiert. Das geht aus einer Umfrage des Instituts der
deutschen Wirtschaft Köln (IW) hervor, die am Montag in Berlin vorgestellt
wurde. „Fast 30 Prozent der rund 2.000 befragten Unternehmen wissen nicht
genau, welche Rohstoffe gebraucht werden oder in verwendeten Vorprodukten
stecken“, sagte Michael Hüther, Direktor des IW.
Je kritischer die Versorgungslage mit Rohstoffen sei, desto weniger wüssten
die Unternehmen Bescheid, so Hüther. Das gelte etwa für Wolfram (das Eisen
härter macht), Kobalt (das unter anderem als Katalysator eingesetzt wird)
oder Metalle der Seltenen Erden (die Verwendung etwa in Elektronikprodukten
oder Magneten finden).
Hüther erklärt sich den „erstaunlichen Befund“ damit, dass viele Herstell…
vorverarbeitete Produkte verwendeten und nicht im Blick hätten, welche
Rohstoffe etwa in elektronischen Bauteilen oder Magneten enthalten seien.
## Wirtschaft sieht die Risiken in den Herkunftsländern
Das Ergebnis der Umfrage ist deshalb verblüffend, weil die Versorgung der
Industrie mit Rohstoffen auf der wirtschaftspolitischen Agenda weit oben
steht. So hat die Bundesregierung unter anderem bilaterale Abkommen mit
rohstoffreichen Ländern wie der Mongolei abgeschlossen und eine
Beratungsagentur in Sachen Rohstoffversorgung für die Unternehmen
gegründet.
Der Hebel liege allerdings in den rohstoffreichen Ländern, betonte Hüther.
Dort nähmen Interventionen der Regierungen, etwa Zölle oder
Lieferbeschränkungen, zu. „Größte Versorgungsrisiken sind Protektionismus
und staatliche Eingriffe“, so Hüther.
Als wichtigste Forderung an die Politik extrahierte das IW aus seiner
Umfrage, den Freihandel sicherzustellen, weil Deutschland keine eigenen
Metallvorkommen besitze und auf Importe angewiesen sei. Zudem müsse die
Energie- und Rohstoffpolitik in der EU besser koordiniert werden.
## Recycling ist kein Thema
Ein effizientes Kreislaufwirtschaftsgesetz zu verabschieden, tauchte im
Forderungskatalog des IW an die Politik nicht auf. Die Kölner
Wissenschaftler sehen die vermehrte Wiederverwendung von Metallen vor allem
als eine Aufgabe der Forschungsförderung: Vorhandene Rohstoffquellen
müssten besser ausgenutzt und Recyclingtechnologien verbessert werden.
„Wenn wir all das recyceln würden, was wir jetzt schon recyceln können“,
sagt Christian Hagelüken von der belgischen Umicore, „dann wären wir schon
ein ganzes Stück weiter". Das Materialtechnologieunternehmen ist
spezialisiert auf die Produktion und das Recycling von Edel- und
Sondermetallen. „Natürlich gibt es in der Forschung noch viel zu tun“, so
Hagelüken, „doch das größere Problem ist, dass wir zu wenig erfassen und
das Erfasste schlecht verfolgen".
## Es mangel an Know how und nachhaltigem Design
Über 40 Prozent des weltweit geförderten Kupfers oder Indiums werden in
Elektronikprodukten eingesetzt. Doch viele alte Mobiltelefone, Fernseher
oder Computer werden illegal ins Ausland exportiert oder landen in
Müllverbrennungsanlagen. Diese bieten ihre Leistungen laut einer
Untersuchung der Unternehmensberatung Prognos so billig an, dass ein
Recycling kaum lohnt, daher müsse die Abfallgesetzgebung weiterentwickelt
werden.
Neben der unzureichenden Erfassung behindere vor allem ein unzureichendes
Schnittstellen-Management ein hochwertiges Recycling, sagt Hagelüken. Das
heißt: Die Designer denken beim Entwurf des Produkts nicht an diejenigen,
die es wieder auseinanderbauen müssen; die Betriebe, die Geräte zerlegen,
beachten die Bedürfnisse der Metallhütten nicht. Um hier etwas zu
verbessern, müssten die Unternehmen allerdings erst einmal wissen, was in
ihren Produkten eigentlich drinsteckt.
11 Jun 2013
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Rohstoffe
Seltene Erden
kupfer
Kreislaufwirtschaftsgesetz
Recycling
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