# taz.de -- EU-Initative für Rohstoff-Transparenz: Durchblick gegen Korruption | |
> Firmen in der EU, die nach Öl bohren oder Holz schlagen, müssen Zahlungen | |
> an Regierungen künftig offenlegen. Dank einer neuen EU-Richtline. | |
Bild: Die Bevölkerung vor Ort bekommt nur den Dreck ab: Ölförderung von Shel… | |
BERLIN taz | Europäische Unternehmen der Rohstoff- und Forstbranche müssen | |
künftig Zahlungen offenlegen, die sie an Regierungen leisten. Darauf haben | |
sich am Dienstagabend EU-Kommission, -Parlament und der -Rat in Brüssel | |
geeinigt. Die Regelung ist Teil der Reform der | |
„Rechnungslegungsrichtlinie“, die den Unternehmen unter anderem | |
vorschreibt, wie sie ihre Bilanzen aufstellen müssen. Damit soll Korruption | |
in Entwicklungsländern verhindert werden. | |
Die Vorschrift betrifft große Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern und | |
einer Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro, die in der EU registriert | |
sind, egal in welcher Rechtsform. Wollen sie Holz schlagen, nach Öl bohren | |
oder Mineralien abbauen und leisten im Rahmen dieser Tätigkeiten Zahlungen | |
an eine Regierung, müssen sie diese offenlegen. | |
Dafür gilt ein Schwellenwert von 100.000 Euro. Betroffen sind etwa | |
Konzessionszahlungen, Lizenzgebühren, Durchleitungsgebühren oder Zahlungen, | |
um die Infrastruktur zu verbessern. Damit soll eine bessere Kontrolle über | |
Finanzströme erreicht werden. Bislang fließen sie in Staaten ohne | |
funktionierenden Rechtsstaat oft nicht in den Staatshaushalt, sondern in | |
dunkle Kanäle. | |
[1][EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier] lobte, das Übereinkommen zeige | |
„dass das EU-Recht zum Beschleuniger für den Wandel in Entwicklungsländern | |
sein kann“. Schließlich würden lokale Gemeinschaften in rohstoffreichen | |
Ländern besser darüber informiert, wie ihre Regierungen von multinationalen | |
Unternehmen bezahlt würden. | |
Auch verschiedene Entwicklungsorganisationen zeigten sich zufrieden: Die | |
Einigung sei ein „Riesenerfolg“, sagte [2][Wolfgang Obenland vom Global | |
Policy Forum] in Bonn. Das EU-Parlament habe sich mit seinen Vorschlägen | |
gegen den Rat durchgesetzt. Der hatte höhere Schwellenwerte gefordert und | |
so mehr Zahlungen von der Pflicht zur Veröffentlichung befreit. | |
## „Tyrannenklausel“ | |
Zudem hatte der Rat Ausnahmeregelungen für Länder vorgesehen, die eine | |
Veröffentlichung von Zahlungsströmen verbieten, um Unternehmen nicht in | |
Gesetzeskonflikte zu bringen. Von Kritikern war dies als „Tyrannenklausel“ | |
abgelehnt worden. Christian Humborg, Geschäftsführer von [3][Transparency | |
International Deutschland], lobte die Einigung, betonte aber, es sei nun | |
wichtig, darauf zu achten, dass sie in der Umsetzung in deutsches Recht | |
nicht verwässert werde. | |
Genau das Gegenteil fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie | |
(BDI): „Die Bundesregierung sollte keine Übererfüllung der europäischen | |
Vorgaben anstreben“, sagt [4][Matthias Wachter, BDI-Abteilungsleiter | |
Sicherheit und Rohstoffe]. Er teilt zwar die Analyse, dass in einigen | |
rohstoffreichen Ländern Veränderungen nötig seien. | |
Diese müssen aber auf politischer und zivilgesellschaftlicher Ebene, bei | |
den Regierungen vor Ort erfolgen, etwa mit der [5][Transparenzinitiative | |
EITI]. Die Übereinkunft muss noch von Rat und Parlament verabschiedet | |
werden, dies gilt aber als Formsache. Danach haben die Mitgliedsländer zwei | |
Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu übersetzen. | |
10 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/barnier/ | |
[2] http://www.globalpolicy.org/component/content/article/149-general/52240-wol… | |
[3] http://www.transparency.de/ | |
[4] http://www.bdi.eu/Sicherheit-und-Rohstoffe.htm | |
[5] http://eiti.org/ | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
Heike Holdinghausen | |
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