# taz.de -- Kolumne Später: Kein Strip im „Egoistka“ | |
> Wenn alte Frauen jungen Männern hinterher schauen – ist das schon | |
> weiblicher Sexismus? | |
Bild: Nicht jede Frau schaut gern zu: Boxsport. | |
Ich muss zugeben, dass mich so was verunsichert. Eine „sexistische | |
Mittfünfzigerin“ sei ich, warf mir ein Kommentator vor. „Weiblicher | |
Sexismus“ sei das, was ich in meiner letzten Kolumne (vom 11. 3.) | |
geschrieben habe, teilte mir ein anderer junger Leser empört mit. | |
Schließlich würden wir Frauen es doch immer geißeln, wenn sich alte Männer | |
über die knackigen Hintern junger Frauen unterhielten. | |
Und nun hätte ich doch so was Ähnliches getan: die Muskeln und den | |
Körperbau junger Männer kommentiert und bewundert, die mit nacktem | |
Oberkörper in der Kletterhalle in Berlin auf der Slackline balancieren. | |
Schnell landet man also in der Schublade der vermeintlichen Lustgreisin. | |
Krass. „Die gefühlte sexuelle Belästigung des Mannes ist schon ein Thema“, | |
sagt Freundin Britt, der ich von der Kletterhalle und den Folgen berichtet | |
habe. Wir stapfen durch das bitterkalte Berlin, auf dem Gehweg liegt noch | |
etwas Eis. | |
Die Temperaturen erinnern mich an Moskau, wo ich die Tage vor Ostern | |
verbrachte. Dort gibt es Stripklubs für Frauen, extra im Reiseführer | |
erwähnt. | |
Ich habe mich in Moskau nicht ins „Egoistka“ getraut. Obwohl es vielleicht | |
ein Zeichen der Emanzipation ist, wenn Frauen dafür bezahlen, dass | |
halbnackte Männer um sie herumwirbeln und teuren Sekt in Gläser nachfüllen. | |
Vielleicht ist es sogar ein Zeichen eines besonders humorigen und freien | |
Verhältnisses zum Sex. Mich hat die Website abgeschreckt mit den Männern in | |
Leder oder in bunten Badehosen. Zudem bin ich nicht trinkfest und spreche | |
kein Russisch. | |
## Die „Muttis“ verachten | |
„Dass sich Männer so schnell belästigt fühlen, hat vielleicht auch mit der | |
Alterung der Gesellschaft zu tun“, sagt Britt und reißt mich aus meinen | |
Gedanken. „Frauen wird leicht mal unterstellt, sie seien frustrierte alte | |
Schachteln.“ Britt zieht ihren Schal fester ums Gesicht. | |
Das Klischee der frustrierten alten Schachteln kenne ich. Ich erinnere mich | |
vage an eine Szene vor 40 Jahren, ich war damals 16 und schwärmte für S., | |
der mir mit seinen 25 Jahren reif und stark vorkam und einen gepflegten | |
Schnurrbart trug. S. äußerte sich eines Abends verächtlich über die | |
„Muttis“ über 30 in einem Rockkonzert, die bestimmt „heimlich feucht von | |
dem Sänger“ träumten, wie S. behauptete. Ich war zwar noch nicht in dieser | |
Altersgruppe, fühlte mich aber trotzdem mit S. fortan nicht mehr wohl. | |
So war es auch mit K., mit dem ich auf Sylt spazieren ging. K., damals 28, | |
ich 29 Jahre alt, sprach herablassend vom „Krampfadergeschwader“ aus | |
älteren Damen, die sich angeblich an die südländischen Kellner vor Ort | |
heranmachten. Meine Affäre mit K. dauerte nur kurz. Ein komisches Gefühl | |
machte mir neulich auch L., der als Arzt Altenheime betreut und von den | |
„sexuellen Verwirrungen der 80-jährigen Omas“ sprach. Das mag ja sein, aber | |
mir gefiel der Ton einfach nicht. | |
„Hejhej“, meint Britt, „bist du überhaupt bei der Sache?“ Ich sage nic… | |
Das liegt auch an den Eisresten auf dem Bürgersteig. In Moskau habe ich | |
gelernt, auf Glatteis zu gehen, ohne zu rutschen. Man muss die Fußsohlen | |
konzentriert aufsetzen und gleichmäßig belasten. Das Wetter soll übrigens | |
besser werden. | |
10 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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