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# taz.de -- Kolumne Später: Frühstück mit Steinbrück
> Wenn Männer in die Wechseljahre kommen, brauchen Frauen ein paar Theorien
> und ein großes Herz.
Bild: Ist das Ei zu hart oder zu weich? Der Mann zu links oder zu rechts?
Das mit den Wechseljahren und was so alles an Körper und Seele passiert,
wenn man die 50 überschritten hat, ist ja ziemlich ungeklärt. Vor allem der
Mann ist unerforschtes Gebiet. Man ist auf selbst gemachte Theorien
angewiesen.
„Das konservative Denken“, sagt Theresa, „das nimmt zu bei Thomas, seitdem
er die 50 überschritten hat. Merke ich am Frühstückstisch. Der ist nicht
mehr so links wie früher. Neulich behauptete er doch tatsächlich, Hartz IV
halte die Leute davon ab, sich einen Job zu suchen. Das war schon eine
Premiere.“
Theresa, Bine und ich stapfen durch den graufeuchten Grunewald. Die
Regenschirme sind aufgespannt. Das Wetter ist mies, sich mal durchlüften zu
lassen tut gut. Erst recht, wenn wir über Männer reden. Über ältere Männer.
„Also dass Männer konservativer werden im Alter, kann ich nicht
bestätigen“, seufzt Bine, „Pit macht neuerdings den Linksradikalen. Für i…
sind Politiker alles Pfeifen, stecken unter einer Decke mit den Konzernen,
und die Hartz-Empfänger werden von den Behörden schikaniert. Alles wird
immer schlimmer. Leider weiß ich inzwischen immer schon im Voraus, was er
mir erzählen wird.“
Bine hat sich bei mir bereits früher beklagt, dass ihr alter Kumpel Pit
einen Hang zum Monolog entwickle. „Es ist wie bei einem betagten Funkgerät,
das immer mehr auf Sendung umstellt und kaum noch auf Empfang“, hatte sie
berichtet.
„Es hängt vielleicht doch vieles an der Ökonomie“, gibt Theresa zu
bedenken. „Männer passen ihre politische Einstellung im Alter an die eigene
Biografie an. Wer viel Geld verdiente, wird rechter. Wer wenig Geld machte,
wird linker.“ Das fand ich schon immer faszinierend an Theresa, dieses
Talent zur Verkürzung. Die IT-Beratung von Theresas Mann Thomas läuft
blendend. Bines Freund Pit hingegen hat mit seinem Antiquitätenhandel
Schiffbruch erlitten.
„Aber es geht doch nicht nur ums Geld“, sage ich, „vielleicht ist es eine
psychologisch bedingte Adaption. Im Alter, wenn die Kraft nachlässt, wächst
beim Mann der Wunsch, die Dinge zu vereinfachen, um sich selbst das Gefühl
zu geben, dass er den Überblick behält, dass er noch Chef ist in der
eigenen Welt.“ Ist immerhin eine Theorie.
## Feindbild ältere Betriebsrätinnen
„Wobei die Feindbilder auch schräger werden im Alter“, seufzt Theresa,
„Thomas hasst neuerdings ältere Betriebsrätinnen auf dem Weg zu
irgendwelchen Schulungen, wenn sie morgens im ICE im Ruhewaggon stundenlang
lärmen und gemeinsam Spaß haben, während er zum Kunden fährt und absolute
Ruhe braucht.“ Ich verkneife mir, jetzt irgendwas zum schwierigen
Verhältnis des alten Mannes zu lustigen gleichaltrigen Frauen zu sagen. Ein
heikles Feld.
„Andere Feindbilder sind auch nicht besser“, gebe ich zu bedenken, „stell…
dir vor, dein Mann lästert am Frühstückstisch Stunden über Peer Steinbrück.
Dann hat man sich echt nichts mehr zu sagen in der Ehe.“ So was kommt bei
Christoph und mir zum Glück nicht vor.
Im Grunewald ist außer uns keiner unterwegs. Der Regen hat aufgehört. Wir
haben die Schirme eingeklappt. Ein paar Sonnenstrahlen kommen durch die
Wolken. „War eine gute Idee, loszuziehen, trotz des Wetters“, sagt Theresa.
„Es lohnt sich, durchzuhalten“, meint Bine. Schon.
14 Jan 2013
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Später
Männer
taz.gazete
Restaurant
Heizung
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