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# taz.de -- Die Wahrheit: Stirb, garstiges Gastrowesen!
> Immer wird man schlecht behandelt, und falls man mal gut behandelt wird,
> weiß man, sie tun nur so, weil man sie bezahlt.
Grässlich ist das Leben als zahlende Gästin. Immer wird man schlecht
behandelt, und falls man mal gut behandelt wird, weiß man, sie tun nur so,
weil man sie bezahlt. Wenn sie unangenehm sind, möchte man wiederum gleich
sauer werden und „Ihr kriegt schließlich mein Geld!“ rufen. Ih, wie
peinlich!
Ich balle die Fäuste und halte die Luft an, um dem Personal mit puterrotem
Kopf eine eindrucksvolle Show zu liefern. Klappt leider nicht, weil mir
noch rechtzeitig einfällt, dass unterbezahlte Aushilfen meinen Zorn nicht
verdienen. Und dass ein Rumpelstilzchentanz nicht mehr wirkt, wenn man
älter als drei ist. Der Satz aller Sätze, „Herr Ober, dürfen wir Ihnen
vielleicht was bringen?“ (Loriot), kam mir allerdings auch noch nie über
die Lippen.
Trotzdem möchte ich hier mal meine Gastronomie-Problem-Hitparade der
vergangenen Woche aufmachen. Dritter Platz: Landhaus L. an der Aller. Bei
gutem Wetter im kleinen, halbleeren Biergarten – das Bier kommt sofort und
schwemmt einen Sympathiebonus in meine Seele.
Der trocknet leider in den folgenden anderthalb Stunden wieder aus, in
denen gar kein Essen kommt. Die Küche sei sehr beschäftigt, wird uns
versichert. Fragt sich nur, womit. Nach einer reichliche Stunde scheppert
es einmal melodramatisch aus Richtung Herd. „Jetzt ist der Koch gestorben“,
stellt der Liebste fest. Noch ehe wir kondolieren können, wird dann doch
serviert, ausgetrocknetes Gebratenes an der kollabierten Kartoffel.
## „Wir machen um halb zehn zu“
Da nehmen wir den Nachtisch doch lieber in der Eisdiele in der Nähe
(Zweiter Platz). Der Besitzer gibt uns gleich den „Ihr habt sie wohl nicht
alle“-Blick. Er wartet, bis wir uns setzen und in der Karte blättern. Als
wir zunächst mal einen Aschenbecher bestellen, langt es ihm mit diesen
anspruchsvollen Gästen. „Wir machen um halb zehn zu“, informiert er uns.
„Ja, und wie spät ist es jetzt?“ – „Sieben vor halb.“ Der Mann wende…
ab und verschwindet ohne ein weiteres Wort. Dinosaurier können sich
eventuell erinnern, dass er schon mal gelächelt hat.
Führend ist aber, wie immer, Berlin. Die junge Frau, die einen Gast
anbrüllt, sie führe keinen Schnellimbiss, er solle mal lieber verschwinden,
das sei besser für ihn, und die eine Touristin lautstark niedermacht, weil
sie es wagt, nach einer Auskunft zu fragen – die bringt mir tatsächlich
einen Cappuccino und hätte damit beinahe Platz eins vergeigt. Allerdings
hatte ich einen Kaffee und ein Wasser bestellt und vertrage keine Milch.
Aber ich ahne, dass dieser Meilenstein der Gastrokultur mir im Falle einer
Reklamation den Cappuccino dorthin schüttet, wo es wehtut. Deswegen sage
ich lieber nix, werde aber trotzdem beim Bezahlen angefahren, wie viele
Kaffees ich denn gehabt hätte. Außer mir ist nur noch ein Gast im Laden, da
kann man den Überblick schon mal verlieren. Die anderen hat sie schon
weggeschrien.
Selbst diese Ausgeburt der Hölle kriegt von mir noch ein Trinkgeld, worüber
sie folgerichtig extrawütend wird. Wie alle guten Menschen bleibe ich ein
unrettbarer Idiot. Alles, was man mir antut, habe ich, auch in dieser Höhe,
voll verdient.
11 Jun 2013
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