| # taz.de -- Die Wahrheit: Andere Urlauber kauften auch Hirn | |
| > Das dänische Ferienhaus buchte ich im Internet. Damit machte ich mich | |
| > nicht nur zum gläsernen Mitbürger, sondern gleich zum Affen. | |
| Ferien sind eine ganz besondere Zeit. Sehr anstrengend. Unseren letzten | |
| Jahresurlaub hatten wir mit Erbrechen in Bayern und anschließender | |
| fröhlicher Griechen-Unterstützung verbracht; aber diesmal sollte es etwas | |
| anderes sein. Schon aus Umweltgründen darf man ja nicht dauernd fliegen. | |
| Und schon wegen der Psychohygiene sollte man ständig gute Gründe für alles | |
| erfinden, was man so tut oder lässt. | |
| Das dänische Ferienhaus buchte ich im Internet. Damit machte ich mich nicht | |
| nur zum gläsernen Mitbürger, sondern gleich zum Affen. Egal, auf welcher | |
| Website ich surfte, überall wurde ich nun mit Anzeigen verfolgt, die mir | |
| nahelegten, ein weiteres dänisches Ferienhaus zu buchen. Wofür halten die | |
| Leute mich? Für eine Studentin mit sieben Monaten Semesterferien, dem IQ | |
| eines Makrelenbabys und einem Portemonnaie von der Größe Peter Altmaiers? | |
| Erst bei faz.de durfte ich durchatmen, dort wurden mir in der Werbesektion | |
| sexy Büstenheben, Zahnimplantate und Kleinwasserkraftwerke angeboten. Nein, | |
| ich weiß auch nicht, was das ist. Andere Dänemarkurlauber kauften auch | |
| Kleinwasserkraftwerke. | |
| Das hätte aber bestimmt nicht mehr in unser Auto gepasst. Wenn ich mich | |
| daran erinnere, dass wir in meiner Kindheit zu fünft in einem VW-Käfer | |
| alles Wichtige für dreiwöchige Ferien unterbringen konnten, frage ich mich, | |
| was in meinem Leben eigentlich schief läuft, wenn wir jetzt zu dritt einen | |
| Van bis zum Rand füllen müssen, nur um für unsere dringendsten | |
| Urlaubsbedürfnisse für eine Woche gerüstet zu sein. Ein junger | |
| Mitreisender, der in dieser Kolumne nie wieder erwähnt werden möchte, fragt | |
| mich jedes Mal, wenn ich das erzähle, ob das mit dem VW vor oder nach dem | |
| ersten Weltkrieg war. Heutzutage passt ja der gymnasiale | |
| Geschichtsunterricht in einen Smart von der Größe Peter Altmaiers. Und wenn | |
| der Liebste unbedingt seine Klappgitarre mitnehmen muss, darf meine | |
| Bibliothek ja wohl auch auf Reisen gehen. | |
| Bevor es losgehen kann, müssen noch wichtige Punkte geklärt werden. | |
| Versorgt die Nachbarin die Katze? Ja, ich füttere ja auch gerade ihre. Das | |
| heißt, ich stelle ihr Futter vor die Tür, denn sie ist immer draußen. Die | |
| Schale wird auch hübsch leer gefressen; nur wundere ich mich dann, dass | |
| Madame Tiger mir kläglich maunzend aus der Küche zusieht, wie ich draußen | |
| ihren Napf fülle. Das Makrelenbaby, das ich anstelle eines Hirns im Kopf | |
| habe, signalisiert, dass irgendwas in dem Szenario nicht stimmen kann. Und | |
| es erinnert mich sanft daran, dass man früher Nachbarn einen Schlüssel gab, | |
| damit sie sich um alles kümmern, und ich keinen habe. Andere | |
| Dänemarkurlauber kauften auch Schlüsseldienst. | |
| Soweit kommt es dann aber doch nicht. Die Katze verfügt über einen | |
| heimlichen Ein- und Ausgang und außerdem über weitere Versorger. Ich habe | |
| alles falsch verstanden, urlaubsreif wie ich bin. Andere Dänemarkurlauber | |
| kauften auch Hirn. Glaube ich jedenfalls, ich habe sie nicht gefragt | |
| während unserer gemeinsamen Zeit im Stau Richtung Norden. | |
| 13 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Fischer | |
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