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# taz.de -- Neue OECD-Studie zur Bildung: Erst geizen, dann prassen
> Eine neue OECD-Studie kommt zu dem Schluss: Beim Anstieg des
> Einkommensvorteils von Uni-Absolventen ist Deutschland Spitze.
Bild: Hier werden Gehaltsunterschiede studiert: Hörsaal.
BERLIN taz | Deutschland scheint ein Land der Doktoren und Facharbeiter zu
sein – mit einer großen Lücke dazwischen. Deutlich weniger junge Menschen
als in anderen Industrienationen nehmen hierzulande ein Studium auf. Dafür
schließen aber paradoxerweise so viele wie fast nirgendwo sonst mit dem
Doktortitel ab.
Das ist ein Ergebnis der [1][Studie „Bildung auf einem Blick“,] in der die
Industrieländer-Organisation OECD jährlich die Bildungsbemühungen ihrer
Mitgliedsstaaten vergleicht.
In Zahlen: Einer von 20 Studenten in Deutschland entschließt sich nach
seinem Studium zu einer Promotion. Das entspricht 5,2 Prozent eines
Altersjahrgangs. Im OECD-Schnitt sind es nur 2,7 Prozent. Dafür lassen
andere Länder insgesamt deutlich mehr junge Menschen an die Hochschulen: 39
Prozent der 25- bis 34-Jährigen haben im OECD-Durchschnitt einen
Hochschulabschluss. Hier sind es im Jahr 2011 nur 28 Prozent.
Deutschland geizt mit mit akademischen Abschlüssen – vergibt aber dafür an
die einmal Immatrikulierten die besonders exquisiten Zertifikate.
## 64 Prozent mehr Gehalt
Andreas Schleicher, OECD-Bildungsdirektor, mahnt denn auch, dass
Deutschland dringend mehr junge Menschen in die Hochschulen lassen müsse –
auch aus Gerechtigkeitsgründen. „Es gibt kaum ein Land, in dem der
Einkommensvorteil der Hochschulabsolventen so stark gestiegen ist wie in
Deutschland“, sagt er. Im Jahr 2000 verdienten Akademiker im Schnitt noch
40 Prozent mehr als Absolventen mit einfachem Schul- oder Berufsabschluss.
Im Jahr 2011 war ihr Gehaltsvorsprung schon auf zwei Drittel angewachsen.
Im OECD-Schnitt verdienten Akademiker zuletzt 64 Prozent mehr als
Absolventen anderer Bildungsgänge.
Der Ruf nach mehr Akademikern ist ein altes Ritual, wenn der OECD-Bericht
vorgestellt wird: Die Organisation verlangt von Deutschland, mehr junge
Menschen zum Studium zu führen, um nicht den Anschluss zu den anderen
Industrienationen zu verlieren – und Bildungspolitiker entschuldigen sich
mit Verweis auf das Berufsbildungssystem, das viele Qualifikationen
vermittle, für die andernorts ein Studium erforderlich ist.
Das Abwehrargument: Viele Unternehmen finden schon jetzt kaum Lehrlinge für
Facharbeiterberufe – warum soll man da noch mehr junge Menschen an die Unis
lassen?
## Promotion zahlt sich aus
Andreas Schleicher überzeugt diese Begründung nicht. In allen Ländern, auch
in den südeuropäischen Krisenländern, sind Hochschulabsolventen deutlich
seltener arbeitslos. Vor allem aber spricht das riesige Plus auf dem
Gehaltszettel der Akademiker aus seiner Sicht dafür, dass die Wirtschaft
nach hochqualifiziertem Personal giert. „Bei den Spitzenqualifikationen hat
Deutschland Nachholbedarf“, so Schleicher.
Nun müssen hohe Löhne zwar nicht allein davon abhängen, wie knapp
Arbeitskräfte mit der jeweiligen Ausbildung sind. Auch der Zugang zu guten
Seilschaften oder arbeitsrechtliche Regelungen beeinflussen, wie stark sich
bestimmte Qualifikationen auszahlen. Allerdings, so Schleicher: An all
diesen Faktoren habe sich in Deutschland in den vergangenen Jahren kaum
etwas geändert. Und trotzdem eilen die Akademikerverdienste dem Rest davon.
Auch eine Promotion zahlt sich aus – wer einen Doktor hat, verdient sogar
noch mehr als andere Akademiker. Von einer Schwemme kann keine Rede sein,
findet Schleicher: „Unsere Zahlen bieten dafür keinen Anhaltspunkt.“
25 Jun 2013
## LINKS
[1] http://www.oecd.org/berlin/publikationen/bildung-auf-einen-blick.htm
## AUTOREN
Bernd Kramer
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