# taz.de -- Besuch von Schäuble in Athen: Versuch einer Charme-Offensive | |
> Deutschlands Finanzminister wagt sich nach Griechenland und bringt | |
> offenbar Geschenke mit. Ein Vorvertrag für eine Förderbank soll | |
> unterzeichnet werden. | |
Bild: Will die Griechen unterstützen: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. | |
ATHEN taz | „Herr Schäuble, bringen Sie das Gestohlene zurück“, titelte | |
neulich auf Deutsch die Athener Wochenzeitung Real News. Gemeint war die | |
aus griechischer Sicht offene Frage von Reparationszahlungen aus dem | |
Zweiten Weltkrieg. Außerdem eine nicht genau bezifferte, aber im | |
Milliardenbereich anzusiedelnde Summe, die Deutschland an der griechischen | |
Finanzkrise verdient haben soll. | |
Doch „Herr Schäuble kommt, um zu nehmen, nicht um zu geben“, glaubt die | |
linksliberale Eleftherotypia. Der linke Oppositionschef Alexis Tsipras | |
setzt noch einen drauf: „Der Besuch von Herrn Schäuble ist Teil seines | |
Wahlkampfs in Deutschland – und unser Ministerpräsident verhält sich | |
derzeit wie ein CDU-Parteimann“ sagte Tsipras im griechischen Parlament. | |
In einer idealen Welt sollte Schäuble aus griechischer Sicht während seines | |
Besuchs in Athen am heutigen Donnerstag weitere Finanzhilfen für das | |
krisengeplagte Land ankündigen und sich zudem auf eine Diskussion zur Frage | |
der Reparationen einlassen. Doch damit rechnet kaum jemand – und aus diesem | |
Grund werden die Ansprüche der Gastgeber an die Realität angepasst: Es wäre | |
schon einiges gewonnen, wenn Schäuble ein Zeichen der Unterstützung setzte, | |
hieß es zuletzt in regierungsnahen Medien. | |
Genau das hat er offenbar auch vor: In Athen soll der Finanzminister einen | |
Vorvertrag zur Gründung einer griechischen Förderbank nach dem Vorbild der | |
deutschen KfW unterschreiben. Im Gespräch sind Kreditsummen von 500 | |
Millionen Euro für kleine und mittlere Unternehmen in Griechenland. Davon | |
soll Deutschland bis zu 100 Millionen beisteuern, der Rest wird aus | |
EU-Geldern finanziert. Details sind allerdings immer noch umstritten. | |
## Mehrwertsteuer soll auf 13 Prozent gesenkt werden | |
Ein weiteres Geschenk für die Griechen durfte Ministerpräsident Antonis | |
Samaras selbst ankündigen: In einer TV-Ansprache erklärte der Premier am | |
Mittwoch, dass die Mehrwertsteuer in der Gastronomie von 23 Prozent auf 13 | |
Prozent gesenkt wird. Damit soll der Tourismus angekurbelt werden. Ohne die | |
Zustimmung aus Brüssel und Berlin, also irgendwie auch von Schäuble, wäre | |
diese Entscheidung nicht möglich, berichten griechische Medien. | |
Wichtig für Samaras: Erstmals seit Ausbruch der Schuldenkrise tritt ein | |
Politiker vor die Kameras, um eine Steuerminderung anzukündigen. „Das | |
zeigt, dass unsere Politik Früchte trägt“, freut sich der konservative | |
Premier. Oppositionschef Tsipras sieht das anders: Dass die Steuersenkung | |
vor dem Schäuble-Besuch angekündigt wird, zeige deutlich, dass Griechenland | |
zu einer Schuldenkolonie degradiert worden sei. Und dass Samaras weniger | |
Macht habe als der Ministerpräsident von Niedersachsen. Der dürfe immerhin | |
selbst über die Höhe der Mehrwertsteuer entscheiden, empörte sich Tsipras | |
unabhängig von jedem Wahrheitsgehalt. | |
Offen bleibt eine wichtige Frage: Wäre Deutschland willens und in der Lage, | |
Griechenland bei Bedarf erneut unter die Arme zu greifen? Athener | |
Regierungspolitiker wollen dies nicht kommentieren, weil aus ihrer Sicht | |
alle Sparziele erreicht sind und sich somit die Frage gar nicht stellt. | |
Presseberichte aus Deutschland über eine griechische Finanzlücke in Höhe | |
von 10 Milliarden Euro bezeichnet die EU-Kommission am Mittwoch als | |
„übertrieben“. Griechische Medien berichten über einen mögliche Finanzl�… | |
von 3 bis 4 Milliarden Euro in 2014. Sie gingen davon aus, dass Schäuble | |
diese Frage bei seinem Besuch in Athen zumindest ansprechen wird. | |
17 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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